Justitia Statue in der Großstadt (Foto: © Alexander Limbach – stock.adobe.com)

3.000 € Geldentschädigung wegen der Verbreitung von Intimfotos über WhatsApp

16.05.2021 | Medien- und Wirtschaftsrecht

Gericht spricht unserer Mandantin einen immateriellen Schadensersatz wegen eines schwerwiegenden Eingriffs in die Intimsphäre zu.

In einem für unsere Mandantin geführten medienrechtlichen Klageverfahren hat das Amtsgericht Neukölln unserer Mandantin neben außergerichtlichen Anwaltskosten eine Geldentschädigung in Höhe von 3.000 € zugesprochen. Das Urteil vom 25.03.2021 zum Aktenzeichen 8 C 212/20 ist rechtskräftig.

Worum ging es in diesem Verfahren zum Medienrecht?

Die Klägerin bzw. unsere Mandantin verlangte von dem Beklagten Geldentschädigung und Kostenerstattung wegen der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Versendung von Intimaufnahmen/ Nachfotos über den Nachrichtendienst WhatsApp.

Die Parteien führten in der Vergangenheit eine Liebesbeziehung. Im Rahmen der Beziehung fertigte der Beklagte von der Klägerin einvernehmlich intime Fotos und Videos an. Im März 2020 sendete der Beklagte einer Familienangehörigen der Klägerin ein knapp 40-sekündiges Video, welches fokussiert das Gesäß und den Intimbereich einer Frau während des Geschlechtsverkehrs mit einem Mann abbildete.

Zudem sendete der Beklagte der Familienangehörigen der Klägerin ein Foto, das das Geschlechtsteil einer Frau bei der Penetration mit einem Sexspielzeug zeigt. Der Beklagte sendete die Aufnahmen mit der Bemerkung “Deine xxx” und machte ihr Angebote für ein gemeinsames Treffen zur Vornahme sexueller Handlungen. Dies teilte die Familienangehörige der Klägerin mit. Das streitgegenständliche Video befindet sich auch im Besitz der Klägerin.

Im April 2020 ließ die Klägerin den Beklagten für sein Verhalten anwaltlich abmahnen und ihn u.a. zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung einer Geldentschädigung von 5.000 € auffordern.

Anschließend ließ der Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung durch seinen Rechtsanwalt übersenden. Zudem ließ er mitteilen, dass alle intimen Aufnahmen der Klägerin gelöscht worden seien.

Zwischen den Parteien war strittig, ob die Klägerin tatsächlich die Person auf den per WhatsApp verschickten Intimfotos war.

Wie hat das Gericht wegen der Geldentschädigung entschieden?

Das Amtsgericht Neukölln sprach der Klägerin eine Geldentschädigung in Höhe von 3.000 € zu.

Nach Auffassung des Gerichts steht der Klägerin ein Geldentschädigungsanspruch gemäß den § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG wegen einer unautorisierten Verbreitung des streitgegenständlichen Fotos und Videos zu, jedoch nicht in Höhe des beantragten Betrages von 5.000 €, sondern lediglich in Höhe von 3.000 €.

Verbreitung von Bildnissen aus der Intimsphäre verletzt das Persönlichkeitsrecht schwer

Der Beklagte hat in schwerwiegender Form in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen. Zum rechtlich geschützten Bereich des Persönlichkeitsrechts gehört auch, dass der Einzelne allein zur Verfügung über die Verwendung seines Bildnisses berechtigt ist.

Nach Überzeugung des Gerichts handelt es sich bei der weiblichen Person auf den streitgegenständlichen Bildnissen um die Klägerin. Diese Überzeugung stützt sich zum einen darauf, dass die Klägerin zwei voneinander unabhängige Gegenstände besitzt, die auf den Bildnissen zu sehen sind. Unbestritten besitzt die Klägerin das gleiche Nachthemd und das gleiche Sexspielzeug, wie sie auch auf den Bildnissen zu sehen sind.

Der Beklagte bestreitet, dass es sich um dieselben Gegenstände handelt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Beklagte intime Aufnahmen einer anderen Frau besitzt, die ebenfalls ein gleichartiges Nachthemd und Sexspielzeug besitzt und verwendet, ist verschwindend gering und kann – insb. mit Hinblick auf den unsubstantiierten Vortrag des Beklagten in diesem Zusammenhang – vernachlässigt werden.

Zum anderen befindet sich unbestritten das streitgegenständliche Video auch im Besitz der Klägerin. Hieraus ergibt sich, dass es sich bei dem Video um ein solches handelt, das während der Beziehung zwischen der Klägerin und dem Beklagten aufgenommen wurde.

Weiterhin schrieb der Beklagte der Familienangehörigen der Klägerin, nachdem er das streitgegenständliche Video geschickt hatte, “Deine xxx”. Der Beklagte verwendete die Kurzform des Englischen Begriffs “xxx” und machte damit deutlich, dass es sich bei der Frau im Video um die Klägerin handelt. Bevor er das streitgegenständliche Foto sendete, schrieb er “xxx sagte mir das du das auch geil findest”. Xxx lautet der Spitzname der Klägerin.

Diese Einleitung hinsichtlich des streitgegenständlichen Fotos macht deutlich, dass es sich bei der Frau auf dem Foto um die Klägerin handelt.

Der Einwand des Beklagten, eine Persönlichkeitsverletzung liege zumindest nicht vor, weil die Klägerin auf den Aufnahmen nicht erkennbar sei, ist unbeachtlich.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann auch derjenige, der Abbildungen eines anderen ohne Erlaubnis veröffentlicht, damit das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, auch der Abgebildete nicht erkennbar ist, weil er dessen Selbstbestimmungsrecht mißachtet. Zu dem der Selbstbestimmung vorbehaltenen Persönlichkeitsbereich gehört auch die Entscheidung über die Veröffentlichung des eigenen Nacktbildes.

Es ist in einem so starken Maße dem Intimbereich verbunden, dass seine Veröffentlichung ihrer freien Selbstbestimmung unterliegt. Die unbefugte Veröffentlichung des Bildes eines anderen stellt sich deshalb als Anmaßung einer Herrschaft über ein fremdes Persönlichkeitsgut dar (Vgl. BGH, Urt. v. 02.07.1974 – VI ZR 121/73).

Der Beklagte hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin i.S.v. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG auch rechtswidrig verletzt.

Der Beklagte war nicht dazu berechtigt, die Bildnisse an die Familienangehörige der Klägerin zu senden. Der insofern beweisbelastete Beklagte hat eine nach §§ 23 Abs. 1, 22 Satz 1 KunstUrhG für die Verbreitung von Bildnissen erforderliche Einwilligung der Klägerin nicht nachgewiesen.

Die Persönlichkeitsverletzung rechtfertigt aufgrund ihrer Schwere die Zahlung einer Geldentschädigung. Die Beeinträchtigung der Klägerin kann nicht in anderer Weise befriedigt werden.

Die Beurteilung der Schwere der Persönlichkeitsverletzung richtet sich nach der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner nach Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie nach dem Grad seines Verschuldens (Vgl. BGH, Urt. v. 24. 11. 2009 – VI ZR 219/08).

Vorliegend handelt es sich um einen Eingriff in die Intimsphäre des Persönlichkeitsrechts der Klägerin, denn auf den Bildnissen wird die Klägerin während sexueller Aktivitäten dargestellt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Intimsphäre als Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung. Hierunter fällt insbesondere auch der Bereich der Sexualität (Vgl. BVerfG, 13.06.2007 – 1 BvR 1783/05). Die streitgegenständlichen Aufnahmen zeigen die Klägerin beim Geschlechtsverkehr und bei der Penetration mit einem Sexspielzeug.

Übersendung der Intimfotos an nur eine Person ist ausreichend für eine Geldentschädigung

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es keine Voraussetzung für eine Geldentschädigung i.R.d. Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, dass die Aufnahmen an eine breitere Veröffentlichung verschickt werden.

Eine Übersendung an eine Person über einen Nachrichtendienst wie WhatsApp ist ausreichend (Vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 06.04.2018 – 13 U 70/17; LG Frankfurt a.M., Urt.v. 20.05.2014 – 2-03 O 189/13). Die Übersendung eines solchen Videos und solcher Fotos gerade an Personen aus dem Familienkreis kann nach der Überzeugung des Gerichts mit besonders schwerer Verletzung des Schamgefühls und der Ehrverletzung einhergehen und vermindert nicht das Gewicht der des verletzenden Tuns.

Hinsichtlich der Höhe der Geldentschädigung ist zu berücksichtigen, dass es sich, wie dargestellt, um einen schweren Eingriff in die Intimsphäre der Klägerin handelt. Die Aufnahmen zeigen die Klägerin während besonders intimen, sexuellen Aktivitäten. Das Geschlechtsteil der Klägerin ist erkennbar. Für eine höhere Geldentschädigung spricht zudem, dass der Beklagte zwei Aufnahmen versendete und eine davon ein mehrsekündiges Video war. Dieses stellt nach Auffassung des Gerichts einen besonders gravierenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar.

Erschwerend kommt auch hinzu, dass der Beklagte aus dem Beweggrund heraus handelte, die Familienangehörige der Klägerin für sexuelle Aktivitäten zu gewinnen. Dass der Beklagte die Bildnisse gerade der Familienangehörigen der Klägerin schickte, wirkt in diesen Zusammenhang in besonderem Maße ehrverletzend. Festzustellen ist weiterhin, dass der Beklagte keine nennenswerten Umstände vorträgt, die den Grad seines Verschuldens absenken könnten.

Gegen eine höhere Geldentschädigung spricht der Umstand, dass das Gesicht der Klägerin nicht zu erkennen ist und dass die Aufnahmen im Einvernehmen der Parteien erstellt wurden. Zudem hat der Beklagte die Bildnisse nicht im Internet veröffentlicht hat, sondern nur einer Person zugesendet hat. Auf der anderen Seite wurde durch das Zusenden eine digitale Kopie der Bildnisse angefertigt, über die die Empfängerin frei verfügen konnte und theoretisch vielfach weiter verbreiten könnte. Der Eingriff wiegt also schwerer als das bloße Zeigen derartiger Bildnisse. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Familienangehörige der Klägerin derartige Aufnahmen weiter verbreitet, gering einzuschätzen ist.

Unter Berücksichtigung aller Umstände erscheint hier die Zuerkennung einer Geldentschädigung i.H.v. 3000 € erforderlich, jedoch auch ausreichend, um die erlittene ideelle Beeinträchtigung auszugleichen.

Wie ist das Urteil des AG Neukölln zum Medienrecht zu bewerten?

Das Gericht hat unter konsequenter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu Intimfotos einen Anspruch auf Geldentschädigung bejaht. Auch die Höhe des Schadensersatzanspruchs ist aus den genannten Gründen nachvollziehbar und angemessen.

Es wird deutlich, dass bei der Verbreitung von Intimfotos regelmäßig hohe Geldbeträge zugesprochen werden. Dies gilt selbst dann, wenn diese Bildnisse nicht im Internet verbreitet werden, sondern „nur“ an eine Person über einen Messenger wie WhatsApp verschickt werden. Dies lässt sich auch auf andere Direktnachrichten auf Facebook, Instagram oder Snapchat übertragen.

Wurden auch von Ihnen intime Fotos oder Videos verbreitet?

Dann wenden Sie sich gern an unsere Anwältinnen und Fachanwälte für Medienrecht. Uns ist bewusst, wie ehrverletzend eine solche Angelegenheit für Sie ist, so dass wir Ihnen mit all unserer Erfahrung vertraulich und emphatisch zur Seite stehen.

➡️ Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch hier: Intimfoto oder Nacktvideo im Internet veröffentlicht, was kann ich tun?

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