Aus Gewinnspielen generierte Bewertungen wettbewerbswidrig

Aus Gewinnspielen generierte Bewertungen wettbewerbswidrig. Justitia Statue in der Großstadt (Foto: © Alexander Limbach – stock.adobe.com)

Aus Gewinnspielen generierte Bewertungen sind wettbewerbswidrig

25.06.2021 | Medien- und Wirtschaftsrecht

Das OLG Frankfurt entschied über die Wettbewerbswidrigkeit in Fällen von Werbung mit positiven Bewertungen, welche über ein Gewinnspiel generiert wurden. Zusammenfassend: Aus Gewinnspielen generierte Bewertungen wettbewerbswidrig. Jetzt Anwalt kontaktieren.

Das Werben mit einem Gesamtranking, welches zum Teil aus aufgrund von Gewinnspiel-Teilnahmebedingungen abgegebenen Einzelbewertungen besteht, stellt eine irreführende geschäftliche Handlung i.S.d. § 5 UWG dar und ist somit unlauter.

Worum ging es in dem wettbewerbsrechtlichen Verfahren?

Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte vertreiben gewerbsmäßig Whirlpools. Die Beklagte hatte über Facebook ein Gewinnspiel veranstaltet, bei dem die Möglichkeit bestand, einen Luxus-Whirlpool zu gewinnen. Die Teilnahmebedingungen waren dabei klar formuliert: „Wie du gewinnen kannst? Ganz einfach: Diesen Post liken, kommentieren, teilen; unsere Seite liken oder bewerten. Jede Aktion erhält ein Los und erhöht deine Gewinnchance“. Damit wurde von den Gewinnspielteilnehmern Handeln auf vier Ebenen gefordert. Diese Art der Interaktion ist an sich keine Neuheit auf den Social-Media-Plattformen und ist besonders bei Influencern beliebt.

Die Klägerin sah jedoch in dem Werben mit jenen Bewertungen, die im Zuge des Gewinnspiels hinzugekommen sind, einen Wettbewerbsverstoß und klagte als Mitbewerberin entsprechend auf Unterlassung gem. § 8 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).

Das Landgericht Frankfurt am Main hatte festgestellt, dass die Bewertungen aufgrund des Gewinnspiels nicht objektiv abgegeben worden waren und das Werben mit ebenjenen irreführend gem. § 5 Abs. 1 UWG und in der Folge unlauter gem. § 3 Abs. 1 UWG ist.

OLG Frankfurt: Irreführende Werbung mit „belohnten“ Bewertungen

Die Beklagte hatte daraufhin Berufung eingelegt und stützte ihre Argumentation vor allem darauf, dass die Klägerpartei den Wettbewerbsverstoß lediglich stichprobenartig belegt hatte. Die Beklagte war nämlich der Ansicht, dass aus zwei Facebook-Kommentaren, die sich offensichtlich auf das Gewinnspiel bezogen, nicht auf die Gesamtheit aller Bewertungen geschlossen werden könne.

Das OLG hielt dagegen, dass es nicht auf die konkrete Anzahl an nachweislich durch das Gewinnspiel generierten Bewertungen ankomme, da es nahe liege bzw. sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergebe, dass eine erhöhte Anzahl an Bewertungen überhaupt erst durch das Gewinnspiel verfasst worden sind.

Der Senat ging sogar davon aus, dass die Beklagte eine sekundäre Beweislast treffe und sie beweisen müsse, dass die übrigen Bewertungen nicht aufgrund des Gewinnspiels verfasst worden sind. Der Klägerin könne nämlich nicht zugemutet werden, alle Bewertungen auf die dahinterliegende Motivation zu überprüfen, da sich diese selten aus dem Wortlaut ergeben dürfte. Es müsse die volle Darlegungs- und Beweislast von Seiten der Klägerpartei eingeschränkt werden, da diese „außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann (…)“ (vgl. BGH, 19.02.2014, I ZR 230/12).

Der Senat geht obendrein jedenfalls von einem Anscheinsbeweis aus, welcher einen sich aus der Lebenserfahrung ergebenden Ursachenzusammenhang zwischen Gewinnspiel und einer Mehrzahl der Bewertungen indiziert.

Warum der Ursachenzusammenhang ausschlaggebend ist, ergibt sich aus der daraus resultierenden unternehmerischen Außenwirkung der Beklagten. Denn die hohe Anzahl an Bewertungen vermittelt zum einen den Anschein, es handele sich um ein besonders bekanntes und etabliertes Unternehmen mit großem Kundenstamm. Zum anderen wird durch die durchweg positiv formulierten Bewertungen der Anschein eines besonders herausragenden Service oder zumindest einer qualitativ hohen Produktpalette vermittelt.

Da die Mehrzahl oder zumindest eine erhebliche Anzahl von Bewertungen über das Gewinnspiel generiert wurden, entsprechen diese unter Umständen nicht den Tatsachen. Da die Äußerungen Dritter jedoch nach Ansicht des Senats grundsätzlich objektiv wirken und vor allem unabhängig erfolgen, liegt folglich eine irreführende geschäftliche Handlung vor, wenn die Beklagte ihre Werbung auf „bezahlte“ Bewertungen stützt.

Interessant an dieser Entscheidung ist, dass keine direkte Bezahlung in Form von Ausschüttungen oder Gutscheinvergaben notwendig ist, um eine Abhängigkeit anzunehmen. Im vorliegenden Fall genügt schon allein die Teilnahme am Gewinnspiel als Gegenleistung bzw. Belohnung für die Abgabe von Bewertungen.

Fazit: Dürfen Gewinnspielteilnahmebedingungen keine Likes, Follows und Co. mehr beinhalten?

Das OLG Frankfurt hat mit dieser Entscheidung für reichlich Verunsicherung gesorgt. Es scheint auf den ersten Blick nicht ganz „selbstlose“ Gewinnspiele und Verlosungen unmöglich zu machen. Allerdings darf man hier nicht den Kerngehalt aus den Augen verlieren: Es geht nicht um einen Wettbewerbsverstoß, der sich aus dem Gewinnspiel an sich ergibt. Vielmehr ist die sich an das Gewinnspiel anschließende Außendarstellung unlauter, da die Bewertungen künstlich generiert wurden und damit Mitbewerber im Vergleich ohne tatsächlichen Grund benachteiligen.

Demnach dürfen Unternehmen, Influencer und Co. grundsätzlich weiterhin Gewinnspiele veranstalten und es zur Teilnahmebedingung machen, Bilder zu liken, Seiten zu folgen und Beiträge zu kommentieren. Bei Bewertungen sieht es, zumindest nach der hier vorliegenden Rechtsprechung, anders aus. Allerdings kommt es, wie so oft, stets auf den Einzelfall an. Denn ist nicht die Anzahl der Follower und Likes sowie die Qualität der Kommentare im Social-Media-Bereich mindestens genauso aussagekräftig wie eine Bewertung auf Google und Co. und damit zu Werbezwecken dienlich?

Fest steht jedenfalls eines: Das Werben mit Bewertungen, welche frei und unabhängig erfolgen, ist wesentlicher Bestandteil des Wettbewerbs und somit stets zulässig.

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