Justitia Statue in der Großstadt (Foto: © Alexander Limbach – stock.adobe.com)

Kein Wettbewerbsverstoß: „Italian Rosé“ und „Product of Italy“ sind zulässige Herkunftsangaben trotz Verarbeitung in Spanien

10.12.2020 | Medien- und Wirtschaftsrecht

So entschied das OLG Frankfurt a. M. mit Beschluss vom 11.09.2020 zum Az. 6 W 95/20 in einem einstweiligen Verfügungsverfahren.

Was war Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Verfahrens?

Der durchschnittliche Pro-Kopf-Konsum von Schaumwein lag in Deutschland laut Angaben der Plattform „Statista“ im Jahr 2019 bei rund 3,4 Litern. Damit bleibt der Verbrauch zwar deutlich hinter demjenigen von Wein (20, 1 Liter) zurück, dennoch wird auch hier genauestens auf die Konkurrenz zum eigenen Unternehmen geschaut. Verwunderlich ist es daher nicht, dass sich hin und wieder auch die deutschen Gerichte mit solchen Problematiken im Rahmen des Wettbewerbsrechts auseinandersetzen müssen.

In der hiesigen Angelegenheit nahm eine große deutsche Weinkellerei Anstoß an dem Online-Webshop eines Konkurrenzunternehmens, welches einen Schaumwein als „Freixenet Italian Rosé“ angeboten und zusätzlich mit der Produktbezeichnung „Produkt of Italy“ versehen hatte. Da die Trauben des streitgegenständlichen Schaumweines zwar in Italien geerntet und zu Wein verarbeitet wurden, die sogenannte „zweite Gärung“ aber nicht in Italien, sondern in Spanien erfolgte, begründe dies nach Ansicht der deutschen Weinkellerei einen Verstoß gegen einschlägige Vorgaben des europäischen Lebensmittelrechts und damit zugleich einen Wettbewerbsverstoß.

Wettbewerbsrechtliche Abmahnung und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

Es folgte der Ausspruch einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung seitens der deutschen Weinkellerei und da das Konkurrenzunternehmen dem Unterlassungsbegehren nicht nachkam, schließlich die Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Wiesbaden.

Wie in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten üblich, hatte das abgemahnte Unternehmen durch seine Rechtsanwaltskanzlei jedoch vorsorglich im zentralen Schutzschriftenregister am OLG Frankfurt am Main eine Schutzschrift hinterlegt. Unter Beachtung dieser kam das LG Wiesbaden (Beschluss v. 03.08.2020, Az. 12 O 1514/20) zu der Ausfassung, dass weder eine Irreführung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG vorliege, noch ein Verstoß gegen Art. 45 (1) Untersatz 1 a) VO (EU) 2019/33 oder Art. 7 VO (EG) 1169/2011 und wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung daher zurück.

Hiermit wollte sich die Antragstellerin nicht zufrieden geben und legte sofortige Beschwerde ein. Da das Landgericht der Beschwerde nicht abhelfen wollte, musste in 2. Instanz das OLG Frankfurt am Main entscheiden.

OLG Frankfurt am Main bestätigt Entscheidung der Ausgangsinstanz: Keine Irreführung gegeben

Aber auch mit ihrer sofortigen Beschwerde hatte die Antragstellerin keinen Erfolg. Das OLG Frankfurt am Main bestätigte die Entscheidung des LG Wiesbaden mit Beschluss vom 11.09.2020, Az. 6 W 95/20, in vollem Umfang. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergebe sich weder aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1; 3a UWG i.V.m. Art. 45 (1) VO (EU) 2019/33 noch aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG oder §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. Art. 7 (1) a) LMIV.

Kein Verstoß gegen Art. 45 I VO (EU) 2019/33

Das OLG Frankfurt am Main wies in seiner Begründung in diesem Zusammenhang insbesondere darauf hin, dass mit der Wendung „zu Wein verarbeitet“ nicht das Endprodukt (Schaumwein) gemeint sein könne. Dies ergebe sich aus der Betrachtung von Art. 45 I UAbs. 2, der bestimmt, dass abweichend von UAbs. 1 a alternativ auch eine Herkunftsangabe gewählt werden kann, die auf den Mitgliedsstaat verweist, in dem die zweite Gärung stattgefunden hat. Hätte der Verordnungsgeber gewollt, dass nur der Staat als Herkunftsort angegeben wird, in dem die zweite Gärung sattgefunden hat, weil er nur unter diesem Verarbeitungsschritt die „Verarbeitung zu Wein“ verstanden wissen will, hätte es der Alternativregelung in UAbs. 2 nicht bedurft. Es hätte dann überhaupt keine Alternativregelung geben müssen, die es dem Hersteller freistellt, welche Herkunftsangabe er wählt, wenn das Produkt – wie der streitgegenständliche Schaumwein – in mehreren Schritten hergestellt wird, die an unterschiedlichen Orten stattfinden. Vielmehr hätte der Verordnungsgeber dann regeln müssen, welcher Herkunftsort anzugeben ist, wenn der Herstellungsprozess an mehreren unterschiedlichen Orten stattfindet (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 11.9.2020 – 6 W 95/20, NJW-RR 2020, 1368 Rn. 14).

Die Antragsgegnerin hatte daher entsprechend der europäischen Vorordnung gehandelt und ihr Produkt korrekt gekennzeichnet. Ein Wettbewerbsverstoß lag nicht vor, so dass der einstweilige Verfügungsantrag auch in 2. Instanz zurückzuweisen war. Eine Irreführung schied aus, da der Vorrang des Kennzeichnungsrechts beachtet werden muss.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main ist unanfechtbar, so dass die Antragstellerin Hauptsacheklage erheben müsste, wenn sie der Auffassung ist, dass sie die Gerichte doch noch überzeugen kann.

Die Begründung des OLG Frankfurt am Main ist nachvollziehbar und überzeugend. Hier zeigt sich ein weiteres Mal, wie wichtig es ist, die Feinheiten eines jeden Sachverhalts herauszuarbeiten und nicht vorschnell zu urteilen.

Die unionsrechtlich geprägten lebensmittelrechtlichen Vorgaben sind für Mandanten in ihrer Gesamtheit oft nur schwer zu erfassen. Mit § 8 UWG und seiner Durchsetzung im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens steht den Wettbewerbern ein empfindliches Mittel zur Verfügung, um der unliebsamen Konkurrenz erhebliche Probleme beim Absatz ihrer Produkte zu bereiten. Es ist daher wie immer in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten empfehlenswert, Hilfe von einem Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

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