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Geschäftsführer ausländischer Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland haften auch gemäß § 64 GmbHG für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit

2.09.2016 | Medien- und Wirtschaftsrecht

Der Bundesgerichtshof hatte sich am 15.03.2016 (Az. II ZR 119/14) mit der Frage zu beschäftigen, ob die Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit (§ 64 GmbHG) auch für ausländische Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland anwendbar ist. (Stand 2016)

Sachverhalt: Zahlungen an Gesellschaftsgläubiger nach bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft

Die Schuldnerin dieses Verfahrens ist als „private company limited by shares“ (im Folgenden: Limited) in dem für England und Wales zuständigen Handelsregister eingetragen. Die Limited war überwiegend in Deutschland tätig und besaß auch eine Zweigniederlassung, welche ebenfalls im deutschen Handelsregister eingetragen war.

Der Beklagte dieses Verfahrens ist der Director dieser Limited. Ihm wird vorgeworfen nach bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit Zahlungen aus dem Vermögen der Limited an Gesellschaftsgläubiger in Höhe von 110.151,66€ veranlasst zu haben.

Nun wird nach Maßgabe des § 64 GmbHG der Ersatz dieses Betrages von der Beklagten verlangt.

Entscheidung: Vergleichbare Interessenslage bei einer deutschen GmbH und einer englischen Limited?

Die Problematik dieses Falles ist, ob eine deutsche Haftungsnorm auch auf eine ausländische Gesellschaft Anwendung finden kann. § 64 GmbHG ist nach dem Wortlaut nämlich auf den Geschäftsführer einer GmbH zugeschnitten und trifft keine Aussagen zu einer englischen Limited oder anderen ausländischen Gesellschaftsformen.

Der BGH stellte sich daher die Frage, ob der Gesetzeszweck des § 64 GmbHG auch auf eine Limited und deren Director übertragbar ist. Dafür müssten vergleichbare Interessenslagen bestehen.

Der Zweck von § 64 GmbHG ist es, Massenverkürzungen im Vorfeld des Insolvenzverfahrens zu verhindern oder anderenfalls sicherzustellen, dass das Gesellschaftsvermögen wieder vollständig aufgefüllt wird. Damit soll im Insolvenzverfahren die ranggerechte und gleichmäßige Befriedung aller Gesellschaftsgläubiger erreicht werden.

Zur Erreichung dieses Zieles verpflichtet § 64 GmbHG den Geschäftsführer einer Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der betroffenen Gesellschaft verbotswidrig geleistet worden sind.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass sowohl bei einer deutschen GmbH als auch bei einer englischen Limited die Geschäfte von einer dafür verantwortlichen, nicht notwendig auch als Gesellschafter beteiligten Person geführt werden. In beiden Gesellschaftsformen wird nicht mit dem persönlichen Vermögen dieser Person für die Gesellschaftsschulden gehaftet.

Diese Umstände rechtfertigen es nach Meinung des BGH, den Geschäftsführer deutschen Rechts und den Director englischen Rechts in Bezug auf die Haftung bei derartigen Zahlungen gleich zu behandeln.

Darüber hinaus liegt hier ein grenzüberschreitender Bezug vor, wonach diese Rechtsanwendung nicht gegen das Unionsrecht verstoßen darf.

Der Europäische Gerichtshof hat diesbezüglich festgestellt, dass eine solche Rechtsanwendung mit dem Unionsrecht vereinbar ist und dass dies auch nicht der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit entgegensteht.

Damit liegt im Ergebnis die Anwendbarkeit des § 64 GmbHG auf ausländische Gesellschaften mit deutschem Verwaltungssitz vor.

Als Rechtsfolge muss der Beklagte dieses Falles der Limited den objektiven Wert der von ihm nach Insolvenzreife veranlassten Leistungen erstatten. Dabei bleibt ihm allerdings vorbehalten, nach der Erstattung an Stelle der befriedigten Gesellschaftsgläubiger Gegenansprüche zur Insolvenztabelle anzumelden.

Fazit: Abschließende Feststellung der Anwendbarkeit auch auf ausländische Gesellschaften

Mit dieser Entscheidung des BGH wurde letztendlich jeglicher Zweifel beseitigt und abschließend festgestellt, dass die Vorschrift des § 64 GmbHG insolvenzrechtlich qualifiziert wird und dementsprechend auch für Gesellschaften ausländischer Rechtsformen mit Verwaltungssitz in Deutschland anwendbar ist.

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