Wettbewerbsverstoß durch nachgeahmte LONGCHAMP-Tasche
Sachverhalt: Konkurrentin wird von Handtaschenherstellerin wegen beworbener ähnlicher Handtasche in Anspruch genommen
Die Klägerin stellt seit Mitte der Neunzigerjahre die Handtasche „B“ in verschiedenen Farben, Größen und Henkellängen her. Das Taschenmodell weist unter anderem folgende Merkmale auf: einen Taschenkorpus aus nylonartigem Stoff im Trapez-Querformat; Tragegriffe aus Leder an der Oberseite, dazwischen ein Überschlag aus Leder mit einem Druckknopf, wobei das Leder im farblichen Kontrast zum Korpus steht; Faltbarkeit der Tasche, wobei die Faltform per Druckknopf mit dem Lederüberwurf fixiert werden kann. Die Taschen werden dabei im Einzelhandel für ca. 50 € verkauft.
Die Beklagte vertreibt bundesweit Waren über mehrere hundert eigene Einzelhandelsfilialen, einen Onlineshop und besondere Verkaufsregale in Supermärkten. Sie bewarb im Jahr 2012 für einige Wochen in einem Prospekt und auf Ihrer Internetseite eine Handtasche für 14,95 € bzw. 16,95 €. Die Klägerin sieht in diesen Taschen unlautere Nachahmungen ihrer Tasche „B“.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der angeblichen Nachahmung einer Handtasche auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch.
Im Ausgangsverfahren hatte das Landgericht Frankfurt am Main die Beklagte per einstweiliger Verfügung verurteilt, die Bewerbung und das Anbieten der Taschen zu unterlassen.
Mit der eingelegten Berufung verfolgte die Beklagte ihr Rechtsschutzziel nunmehr weiter.
Entscheidung: OLG stellt Wettbewerbsverletzung fest, da die Handtasche wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutz genießt
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Berufung zwar als zulässig erachtet, sie jedoch als unbegründet abgewiesen und sich damit der Meinung des Landgerichts angeschlossen.
Das OLG führt dazu zunächst aus, dass dem Taschenmodell „B“ wettbewerbliche Eigenart zukomme. Eine solche wettbewerbliche Eigenart besitze ein Erzeugnis, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet seien, interessierte Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen.
Zunächst weise die Tasche der Klägerin, die seit den 1990er-Jahren vertrieben wird, durch ihre einzelnen, in einer Gesamtschau originell und besonders wirkenden Merkmale eine Kombination von Gestaltungsmerkmalen auf. Zwar seien die Merkmale für sich alleine geläufig und vorbekannt, jedoch sei auf die Kombination aller Merkmale abzustellen. Davon eingeschlossen sei auch das Merkmal der Faltbarkeit, welches das LG zutreffend erkannt habe. Dabei sei gerade nicht auf die rein technische Eigenschaft der Faltbarkeit abzustellen, sondern auf die konkrete Ausgestaltung, die bei dem gegenständlichen Modell im Ergebnis zu einer verkleinerten Version der Tasche führe.
Unbedeutend sei schließlich, dass die Tasche als dreidimensionale Marke nicht eingetragen werden könne. Ob nämlich eine Warengestaltung geeignet sei, als Herkunftshinweis für ein bestimmtes Produkt nach Art einer Marke zu dienen, gelte von der Frage der wettbewerblichen Eigenart unterschieden zu werden.
Eine wettbewerbliche Eigenart sei jedenfalls auch nicht dahingehend entfallen, dass das Marktumfeld inzwischen eine Vielzahl ähnlicher Produkte aufweise. Die Klägerin konnte dahingehend nachweisen, bis in die jüngste Zeit gegen Nachahmungen vorzugehen. Unter Verweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung sei von einem Verlust der wettbewerblichen Eigenart auch beim Vorhandensein zahlreicher Kopien auf dem Markt nicht auszugehen, solange der Verkehr noch zwischen Original und Nachahmungen unterscheide. Schließlich sei die Tasche nicht bereits Allgemeingut geworden.
Die wettbewerbliche Eigenart der Tasche sei schließlich in ihrer klassischen Form zumindest durchschnittlich und sei bei den maßgeblichen Verkehrskreisen – insbesondere bei modebewussten Frauen – in ihrer Bekanntheit erheblich gesteigert.
Schließlich hält das OLG fest, dass das Taschenmodell der Beklagten als Nachahmung einzustufen ist. Dies folgt das Gericht daraus, dass eine hinreichende Ähnlichkeit durch die Gesamtwirkung beider Taschen im Vergleich zueinander besteht.
Fazit: Wettbewerbsrechtlicher Schutzbereich setzt wettbewerbsrechtliche Eigenart durch Gesamtbild der Gestaltungsmerkmale voraus
Das OLG hat in seiner Entscheidung einen weiten wettbewerbsrechtlichen Schutzbereich gegen Nachahmungen zuerkannt. Im konkreten Fall stand der Handtasche ein wettbewerbsrechtlicher Nachahmungsschutz zu, da sie eine wettbewerbliche Eigenart durch das Gesamtbild der Gestaltungsmerkmale aufwies. Da das Verfahren in Bezug auf den Vertrieb der Taschen noch anhängig ist, bleibt abzuwarten, wie das Gesamtergebnis des Rechtsstreits ausfällt.
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