Die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden endet mit Befassen des Eilrichters
01. September 2015
Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Beschluss vom 16.06.2015 – 2 BvR 2718/10 zu entscheiden, ob die Ermittlungsbehörden ihre Eilkompetenz bei einer Durchsuchungsmaßnahme trotz vorhergehendem Antrag beim Eilrichter behalten.
Sachverhalt des Beschlusses zum Merkmal der Gefahr im Verzug bei der Durchsuchungsanordnung
Die Ermittlungsbehörden bekamen einen Tipp, dass sich in der Wohnung des Verdächtigen eine Schusswaffe befindet. Der vorgeworfene Besitz einer Schusswaffe ohne waffenrechtliche Erlaubnis ist nach dem Waffengesetz strafbar. Der zuständige Staatsanwalt rief daraufhin beim zuständigen Richter an und beantragte einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des Verdächtigen zu erlassen. Der Ermittlungsrichter lehnte eine sofortige Entscheidung ab und verlangte die Vorlage der Ermittlungsakte zur endgültigen Entscheidung. Die Staatsanwaltschaft ordnete daraufhin die Durchsuchung im Rahmen ihrer Eilkompetenz an.
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und die Hintergründe
Eine Durchsuchung beim verdächtigen stellten einen Grundrechtseingriff in Artikel 13 GG dar. Bei derartigen Eingriffen ist daher gem. § 105 I StPO eine gerichtliche Anordnung zu erwirken. Das Ermittlungsgericht prüft dabei die Voraussetzungen des Anfangsverdachts und die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs. Eine Ausnahme ist bei „Gefahr im Verzug“ angeordnet, wonach auch die Ermittlungsbeamten und die Staatsanwaltschaft Durchsuchungen anordnen dürfen. Gefahr im Verzug liegt vor, wenn die richterliche Anordnung nicht mehr eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wird.
Problematisch in der vorliegenden Konstellation ist die Fragen, ob für eine Annahme von Gefahr im Verzug noch Raum besteht, wenn der zuständige Richter mit der Angelegenheit schon beschäftigt ist. Das Regel – Ausnahmeverhältnis verbietet ein Nebeneinander der beiden Handlungsoptionen. Die Staatsanwaltschaft kann entweder Gefahr im Verzug annehmen oder Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Das Zögern eines Richters nicht ohne schriftliche Akte entscheiden zu wollen, stellt keine Fallgruppe der Gefahr im Verzug da.
Eine Ausnahme stellt das Hinzukommen weiterer Tatsachen da. Wenn neue Erkenntnisse erlangt werden, welche die Gefahr im Verzug neu begründen, lebt die Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft wieder auf.
Fazit aus der Kompetenzabgrenzung bei Durchsuchungen
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts stärkt die Rechte des Verdächtigen. Die Staatsanwaltschaft kann nun nicht mehr frei entscheiden, ob ihnen die Entscheidungsfindung des betrauten Gerichts zu lang dauert. Beim Verstoß steht ein Beweisverwertungsverbot im Raum.