Rasches Handeln bei Erkrankung vor der Prüfung – Prüfungsrecht
VG Mainz , Urteil vom 05.12.2017 – 3 K 27/17.MZ
Das Verwaltungsgericht Mainz hat mit Urteil vom 05.12.2017 im Fall einer Medizinstudentin entschieden, dass auch der Prüfling, der wegen einer schweren Erkrankung (hier Lungenembolie) von einer Prüfung zurücktreten will, den Rücktritt unverzüglich gegenüber dem Prüfungsamt geltend machen muss.
Die Klägerin nahm als Studierende im Studiengang Medizin am 15. und 16.03.2016 in dem für sie letzten Prüfungsversuch an dem schriftlichen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung (Physikum) teil. Am 01.04.2016 wurde sie wegen Luftnot in ein Krankenhaus aufgenommen. Dort wurden eine Lungenembolie und eine Beinvenenthrombose diagnostiziert. Die Klägerin erhielt am 19.04.2016 die Mitteilung, dass sie den Prüfungsversuch nicht bestanden habe und damit die Prüfung endgültig nicht mehr ablegen könne. Am 21.04.2016 erklärte sie beim Prüfungsamt ihren nachträglichen Rücktritt von der schriftlichen Physikumsprüfung und führte aus, sie habe bereits zwei Wochen vor der Prüfung körperliche Einschränkungen wie Kurzatmigkeit, Herzrasen und plötzliche Erschöpfungszustände gehabt, die der später festgestellten Lungenembolie zuzurechnen seien. Im Zeitpunkt der Prüfung sei sie nicht in der Lage gewesen, auf eine derart schwere Erkrankung zu schließen und von der Prüfung zurückzutreten. Um an der Prüfung teilnehmen zu können, habe sie Schmerzmittel eingenommen.
Das Prüfungsamt lehnte die Gewährung eines nachträglichen Prüfungsrücktritts ab. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, im Zeitpunkt der Prüfung prüfungsunfähig erkrankt gewesen zu sein. Außerdem sei die Geltendmachung des Rücktritts nicht mehr rechtzeitig erfolgt.
Das VG Mainz wies die Klage auf Genehmigung des Prüfungsrücktritts ab. Die Klägerin habe keinen wichtigen Grund für einen Rücktritt von der Physikumsprüfung geltend gemacht. Aus den Krankenhausberichten und einem amtsärztlichen Gutachten ergebe sich (auch unter Berücksichtigung der am 01.04.2016 festgestellten Lungenembolie) nicht, dass die Klägerin bereits am 15./16.03.2016 prüfungsunfähig erkrankt gewesen sei.
Das VG Mainz geht davon aus, dass die Klägerin den Rücktritt zu spät erklärte. Der krankheitsbezogene Rücktrittsgrund muss aus Gründen der Chancengleichheit unverzüglich erklärt werden. Eine Mitteilung am 21.04.2016 gegenüber dem Prüfungsamt sei verspätet.
Zum einen hätte die Klägerin sich bereits vor der Prüfung aufgrund der Dauer und Intensität der körperlichen Einschränkungen um eine ärztliche Aufklärung ihrer Prüfungsfähigkeit bemühen müssen. Zum anderen hätt die Klägerin nach Erkennen ihrer Prüfungsunfähigkeit diese unverzüglich gegenüber dem Prüfungsamt anzeigen müssen. Auch insoweit sei die Klägerin ihrer Pflicht nicht nachgekommen.
Hinsichtlich ihrem langen Zuwarten kann sich die Klägerin auch nicht auf ihren schlechten Gesundheitszustand berufen. Auch wenn der Gesundheitszustand der Klägerin unmittelbar nach dem Krankenhausaufenthalt noch beeinträchtigt gewesen sein sollte, hätte sie mit einer Mitteilung an das Prüfungsamt jedenfalls nicht bis zum 21.04.2016 zuwarten dürfen. Die Klägerin habe nicht darlegen und nachweisen können, dass sie nach dem Krankenhausaufenthalt weitere zwei Wochen in ihrer Erkenntnis- und Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei.
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