Entziehung Minderjähriger

Interview zum Fall des „Kinderfängers“ in Berlin im Sat. 1 Frühstücksfernsehen

07. Juli 2020

Strafverteidiger Benjamin Grunst war am 30.06.2020 im Interview zum Fall des Berliner „Kinderfängers“ für das Sat. 1 Frühstücksfernsehen.

Folgend die Zusammenfassung des Vorfalls, der für große mediale Aufmerksamkeit gesorgt hat.

Die Polizei Berlin ermittelt wegen einer mutmaßlichen Entziehung Minderjähriger von einem Spielplatz in Berlin-Friedrichshain. Ende Juni dieses Jahres ist ein Mann demnach an ein fremdes, zweijähriges Mädchen herangetreten und mit ihm davongegangen. Die kurzzeitig abgelenkte Mutter des Kindes hatte davon nichts bemerkt. Durch den beherzten Eingriff einer Zeugin, welche die Situation beobachtet hatte, sowie eines von ihr angesprochenen Kiosk-Besitzers konnte der Mann aufgehalten werden. Nach Ansprache durch den Kiosk-Besitzer zur Klärung der Situation übergab der Mann das Mädchen den beiden Zeugen. Er wurde festgenommen, ist aber laut Mitteilung der Polizei wieder auf freiem Fuß. Das Mädchen wurde zu seiner am Spielplatz wartenden Mutter zurückgebracht.

Bei der geschilderten Tat handelt es sich um eine Entziehung Minderjähriger, die in § 235 StGB normiert ist. Danach macht sich strafbar, wer unter anderem nach § 235 Abs. 1 Nr. 1 StGB eine Person unter achtzehn Jahren mit Gewalt, Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List oder nach § 235 Abs. 1 Nr. 2 StGB ein Kind, ohne dessen Angehöriger zu sein, den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder Pfleger entzieht oder vorenthält. Die Strafandrohung ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe festgesetzt. Ebenso macht sich strafbar, wer ein Kind den Eltern oder den anderen, bereits genannten Personen, entzieht, um es in das Ausland zu verbringen, oder im Ausland vorenthält, nachdem es dorthin verbracht worden ist oder es sich dorthin begeben hat.

Die Entziehung muss gegen den Willen der Sorgeberechtigten erfolgen. Die Einwilligung des Minderjährigen ist unbeachtlich. Tauglicher Täter nach § 235 Abs. 1 Nr. 1 StGB kann jedermann sein, insbesondere derjenige, dem das Sorge- bzw. Umgangsrecht über den entzogenen Minderjährigen nicht zusteht. Missachtet ein Elternteil das Sorge- bzw. Umgangsrecht des anderen Elternteils, kann auch dieses sich nach Nr. 1 strafbar machen, selbst wenn den Eltern ein gemeinsames Sorgerecht zusteht. § 235 Abs. 1 Nr. 2 StGB beschränkt den Täterkreis auf Nicht-Angehörige eines Kindes, d.h. einer Person unter 14 Jahren. Unter Entziehen versteht man eine derartige Beeinträchtigung des Personensorgerechts (Recht zur Erziehung, Beaufsichtigung und Aufenthaltsbestimmung), dass es nicht mehr ausgeübt werden kann. Dafür bedarf es einer räumlichen Trennung des Minderjährigen von dem Berechtigten für eine gewisse, nicht nur vorübergehende Dauer. Es ist nicht erforderlich, dass das Kind zur Tatzeit von dem Sorgeberechtigten beaufsichtigt wird. Vorenthalten ist das Aufrechterhalten der räumlichen Trennung des Minderjährigen von dem Berechtigten und eine damit verbundene Beeinträchtigung des Personensorgerecht. Dies kann etwa durch Verweigerung der Herausgabe des Minderjährigen oder durch Verschweigen seines Aufenthaltsortes geschehen. Die bloße Gewährung von Unterkunft oder Verpflegung ist bei ansonsten rein passivem Verhalten nicht ausreichend. Die Tatmittel der Gewalt, Drohung mit einem empfindlichen Übel oder List können gegen den Sorgeberechtigten, den Minderjährigen oder auch gegen Dritte eingesetzt werden. Bei Dritten müssen diese allerdings nach Vorstellung des Täters oder auch tatsächlich das Obhutsverhältnis schützen.

Eine erhöhte Straferwartung von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren trifft nach § 235 Abs. 4 StGB im Übrigen denjenigen, der das Opfer durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung bringt oder die Tat gegen Entgelt oder in der Absicht begeht, sich oder einen Dritten zu bereichern. Wird durch die Tat der Tod des Opfers verursacht, ist gemäß § 235 Abs. 5 StGB auf Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr zu erkennen. § 235 Abs. 6 StGB regelt minder schwere Fälle.

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