Gotteslästerung beeinträchtigt den öffentlichen Frieden und ist strafbar
25. August 2016
Das Amtsgericht Lüdinghausen hatte am 25.02.2016 (Az. Ds-81 Js 3303/15-174/15) den Sachverhalt eines pensionierten Lehrers und seiner Autoheckscheibe vorliegend. Es sollte festgestellt werden, ob der öffentliche Frieden im Sinne des § 166 Abs.2 StGB beeinträchtigt wurde.
Sachverhalt: Blasphemie auf der Heckscheibe
Der betroffene pensionierte Lehrer wuchs in einer christlichen Glaubensfamilie auf. Doch im fortgeschrittenen Lebensalter stellte dieser für sich selber fest, die kirchlichen Aussagen und Auffassungen beinhalten äußerst fragwürdige Elemente. Die Kirche würde seiner Meinung nach eine Verdrängungspolitik führen und ihre Anhänger bewusst im Unklaren lassen.
Darüber hinaus vertritt er die Meinung, die Bevölkerung selber würde unter einer mangelnden Aufklärung leiden. Er beschloss im Herbst 2014 durch verschiedene Sprüche auf der Heckscheibe seines Autos einen Ansatz für solch eine notwendige Aufklärung zu setzen.
Die von ihm aufgeklebten Beschriftungen beinhalteten Aussagen wie „Jesus – 2000 Jahre rumhängen und immer noch kein Krampf!“ oder „Die Papstsau Franz umbringen“. Zu seiner Aufklärungsbewegung gehörten auch die bewusste Verwendung des PKWs im öffentlichen Verkehrsraum, sowie eine „knusprige“ Formulierung der aufgeklebten Sprüche, da dies mehr Aufmerksamkeit erregen würde und möglicherweise zu Diskussionen anstoße.
Entscheidung: Auch heute noch ist Gotteslästerung strafbar
Die aufgeklebten Sprüche des pensionierten Lehrers auf dessen Auto könnten den Tatbestand des § 166 Abs.2 StGB erfüllen. Hiernach ist es strafbar eine im Inland bestehende Kirche, eine andere Religionsgesellschaft oder Weltanschaaungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise zu beschimpfen, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
Sowohl das Papsttum als auch der Leidenstod Christis sind Tatbestandsgegenstände des § 166 Abs.2 StGB. Das Papsttum ist ein Amt der Kirche. Als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche ist er der Nachfolger Petrus und übernimmt damit die kirchliche Leitung.
Das Kreuz gehört zu den spezifischen Glaubenssymbolen des Christentums. Gerade im Opfertod Christi vollzog sich für die Glaubenden die Erlösung des Menschen.
Des Weiteren liegt eine Beschimpfung vor, wenn aus Sicht eines auf religiöse Toleranz bedachten Beurteilers nach Inhalt und Form der fraglichen Aussage eine besonders verletzende Missachtungskundgebung erreicht wurde. Sie kann zum einen durch Rohheit der verwendeten Ausdrücke erfolgen, zum anderen aber auch durch den Inhalt der getroffenen Aussagen selbst (OLG Nürnberg, NStZ-RR 99, 238).
In der Hauptverhandlung erfolgte eine Einlassung des Angeklagten. Zusätzlich führte er dabei auf, seine aufgeklebten Sätze seien lediglich eine abgewandelte Form von Zitaten von Martin Luther und dem Moderator Friedrich Küppersbusch. Es fehlte allerdings an einer Kenntlichmachung der Zitateigenschaft. Hinzukommt, dass der Angeklagte diese vermeintlichen Zitate völlig aus dem Zusammenhang gerissen hat. Dadurch hat er sich diese zu Eigen gemacht. Die Beschimpfungen sind folglich ihm zuzuordnen.
Weiter berief er sich auf die Meinungs- und Kunstfreiheit nach Art. 5 GG. Doch die Meinungsfreiheit findet ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen und somit auch in der strafbaren Verhaltensweise des § 166 StGB.
Für eine mögliche Rechtfertigung durch Art. 5 Abs.3 GG bedarf es der einer künstlerischen Eigenschaft. Doch eben dies vermag das Gericht bei der Beschriftung von Heckscheiben ohne jeglichen Kontext nicht festzustellen.
Zu guter Letzt führte der Angeklagte an, sich der Strafbarkeit seines Verhaltens nicht bewusst gewesen zu sein. Eine Schuld kann nach § 17 Satz 1 StGB jedoch nur dann entfallen, wenn der Verbotsirrtum unvermeidbar gewesen ist. Dies ist hier vorliegend nicht der Fall. Ein Rechtsrat wäre für den Angeklagten ohne nennenswerte Schwierigkeiten möglich gewesen. Zumal dieser aussagte, über eine mögliche Strafbarkeit tatsächlich nachgedacht zu haben, jedoch aus eigener Logik diese für nicht gegeben gehalten hat. Da jedoch keine juristische Ausbildung beim Angeklagten vorliegt, hätte er nicht auf eigene Rechtsschlüsse vertrauen dürfen, sondern sich von einem Spezialisten einen Rechtsrat einholen müssen.
Zumindest ermöglichte die Einlassung die subjektiven Motive des Angeklagten zweifelsfrei festzustellen. Die Beschriftungen dienten nach eigener Aussage dem Zweck der Provokation. Dabei war ihm bewusst und er nahm es auch billigend in Kauf betroffene Glaubende zum einen in ihrer religiösen Überzeugung sowie in ihrem Vertrauen in ihre Rechtssicherheit zu verunsichern.
Demnach nach letztendlich nur fraglich ob der öffentliche Frieden in einer nennenswerten Art und Weise beeinträchtigt wurde. Dieses Tatbestandsmerkmal liegt vor, wenn das Vertrauen des Betroffenen in die Respektierung der religiösen Überzeugung erschüttert oder beeinträchtigt wird oder aber dass bei Dritten die Intoleranz gegenüber den Anhängern des beschimpften Bekenntnisses gefördert wird.
Dadurch, dass die Äußerungen des Angeklagten nicht lediglich eine Denkanregung darstellt, sondern beleidigend ist, ist davon auszugehen, dass bei den betroffenen Glaubensanhänger eine Verunsicherung entstehen würde, ob man noch frei von Ängsten in der Gemeinschaft mit seinem Glauben leben könne. Darüber hinaus würde ich eine fehlende Strafbarkeit das Vertrauen von Glaubensanhänger bezüglich der rechtlich gewährleisteten Sicherheit zur Religionsausübung in Frage stellen. Zusätzlich würde damit die Intoleranz von Dritten gefördert werden, da diese in solch einem Fall davon ausgehen würden, ähnliche Beschimpfungen ohne staatliche Sanktionen ausüben zu können.
Diese Aspekte lassen eine vorliegende Beeinträchtigung des öffentlichen Frieden bejahen. Der Angeklagte wird zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt.
Fazit: Gotteslästerung oder Hetze ist keine Meinung
Dieses Urteil zeigt deutlich, dass trotz unserer ausgeprägten Meinungsfreiheit gewisse Grenzen zu beachten sind. Insbesondere zur heutigen Zeit reagieren die Gerichte und die Staatsanwaltschaft besonders empfindlich gegenüber intoleranten Äußerungen überanderen Religionen, Ausländern oder ähnlichen Thematiken.
Es ist daher sorgsam darauf zu achten, Äußerungen als Meinung und nicht als Hetze oder Beleidigung zu verpacken.
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