Sexualstrafrecht: Freispruch bei der großen Strafkammer nach Anklage wegen schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern

27. Dezember 2019

Im fünften Verhandlungstag vor der großen Strafkammer des Landgerichts wurde mein Mandant in allen Anklagepunkten freigesprochen.

Wie kam es zu dem Sexualstrafverfahren?

Nach einer schwierigen Trennung wurden Missbrauchsvorwürfe gegen meinen Mandanten erhoben. Nach der Anklage soll es in einem mehrjährigen Zeitraum soll zu schweren sexuellen Übergriffen hinsichtlich der eigenen Stieftochter gekommen sein. Die Staatsanwaltschaft verließ sich auf die protokollierte Aussagen bei der Polizei und klagte zur großen Strafkammer am
Landgericht an.

Nach dem Gerichtsverfassungsgesetz bestimmt sich die Zuständigkeit der Gerichte nach der zu erwartenden Strafe. Zur großen Strafkammer am Landgericht wird angeklagt ab einer Straferwartung von mehr als vier Jahren Freiheitsstrafe.

Der schwere sexuelle Missbrauch von Kindern gem. § 176a StGB wird mit einer Mindeststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert.

Mit Beginn des Verfahrens war das Ziel der Verteidigungsstrategie das Gericht zur Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens zu bewegen.

Das aussagepsychologische Gutachten in Strafverfahren bei sexuellem Missbrauch von Kindern

Aussagepsychologische Gutachten werden von forensischen Psychiatern erstellt. Diese explorieren die Belastungszeugen an mehreren Tagen. Es wird dabei getestet, ob diese kognitiv in der Lage sind eine Aussage zu treffen. Das bedeutet, sie müssen ausreichend Erinnerungsfähigkeit besitzen, um
ein vergangenes Ereignis wiedergeben zu können. Diese Frage stellt sich zu meist bei sehr jungen Zeugen im Kleinkindalter. Weiter wird untersucht, ob die Angaben zu den Tatvorwürfen erlebnisbasiert und als aussagepsychologisch erlässlich gelten. Hier wird die Konstanz der Aussagen, das Vorhandensein von Realkennzeichen und die Plausibilität der Aussagen geprüft. Die Gutachter wenden dabei die Technik der Nullhypothese an. Das bedeutet man geht davon aus, dass die Geschädigten nicht die Wahrheit sagen. Wenn man alle Hypothesen bezüglich einer Falschbelastung ausgeschlossen hat, bleibt nur die These der Wahrheit über. Möglich Motive einer Falschbelastung können in einer bewusst unwahren Aussage liegen, aber auch in einer suggestiven Beeinflussung der Zeugen. Diese denken, dann tatsächlich etwas erlebt zu haben, was tatsächlich niemals stattgefunden hat. Das ist ein häufiges Phänomen bei Kinderaussagen, die durch suggestive Fragetechniken zu einer bestimmten Aussage gedrängt werden.

Das Landgericht ist dem Antrag vom Anwalt für Sexualstrafrecht Grunst gefolgt und hat ein aussagepsychologisches Gutachten in Auftrag gegeben.

Dieses Gutachten brachte im hiesigen Verfahren eklatante Widersprüche zum Vorschein, die schließlich zum Freispruch geführt haben.

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