Änderungen im Strafrecht –
Das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität tritt in Kraft

03. April 2021

Wer eine andere Person damit bedrohte, sie zu vergewaltigen, machte sich bislang nicht wegen Bedrohung gem. § 241 I StGB strafbar.

Das änderte sich aber mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität am 3. April 2021.

Nun muss im Falle einer Bedrohung mit einer Vergewaltigung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe, bei öffentlicher Bedrohung mit einer solchen Tat, also beispielsweise im Internet, sogar mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe, gerechnet werden.

Was waren die Anlässe für die Änderung der Rechtslage?

Die sozialen Medien gewinnen zunehmend an Popularität und sind inzwischen kaum noch wegzudenken.

Mit der Möglichkeit einer schnellen und einfachen Kommunikation mit einer großen Zahl von Menschen im „Schutz der Anonymität“, geht jedoch auch die Gefahr einher, Hassnachrichten ausgesetzt zu sein.

Das vor dem 3.April 2021 geltende Strafrecht erfasste die Fälle der Hasskriminalität jedoch stellenweise nur unzureichend. Manche Personengruppen, die besonders von Anfeindungen betroffen sind oder manche anfeindenden Aussagen, die insbesondere im Internet auf sozialen Medien zunehmend getätigt werden, wurden zum Teil nicht von einem Straftatbestand erfasst.

Die (vermeintliche) Anonymität im Internet kann außerdem eine effektive Strafverfolgung erschweren, sodass die Gefahr besteht, dass das Internet teilweise fast schon als eine Art „rechtsfreier Raum“ aufgefasst wird.

Solche Hassnachrichten und Anfeindungen können jedoch durchaus schwerwiegende, belastende Auswirkungen auf Geschädigte haben. Eine große Reichweite ist oftmals direkt mit dem Gefühl der Angst verbunden, nun vermehrt Anfeindungen ausgesetzt zu sein.

Das verfassungsrechtlich geschützte Grundrecht der Meinungsfreiheit ist ein hohes Schutzgut der Rechtsordnung und verdient auch im Internet besonderen Schutz. Das Wissen darüber, nach einer öffentlichen Äußerung Hassnachrichten zu erhalten, kann allerdings dazu führen, dass manche Betroffenen sich dafür entscheiden, ihre Meinung nicht mehr frei öffentlich auszudrücken und sind damit in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt.

Insbesondere im Bereich der Beleidigungsdelikte oder der Bedrohung kann im Einzelfall die Situation vorliegen, dass der Beschuldige sich im Recht fühlt und sich auf seine Meinungsfreiheit beruft.

Die genaue Abgrenzung, wann ein Verhalten strafrechtlich relevant ist, worauf zu achten ist, welche Folgen ein Tatvorwurf mit sich bringt und wie darauf am Besten zu reagieren ist, kennt regelmäßig nur ein entsprechender Fachanwalt für Strafrecht, der über die notwendigen besonderen Kenntnisse auch bezüglich aktueller Gesetzesänderungen verfügt.

Welche Änderungen sind seit April 2021 in Kraft?

Diesen beispielhaften Problematiken sollen die Änderungen durch das neue Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität Rechnung tragen.

Strafbarkeit nach den Beleidigungsdelikten ausgedehnt und Strafen erhöht

Durch die Gesetzesänderung vom 3.April 2021 wurde der Strafrahmen für Beleidigung teilweise angehoben. Das betrifft unter anderem den Fall der öffentlich begangenen Beleidigung, also beispielsweise einer Beleidigung im Internet. Das Gesetz sieht nun nicht mehr eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe, sondern eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor.

Das Gesetz sieht in § 188 unter bestimmten Voraussetzungen eine höhere Strafe vor, wenn eine üble Nachrede oder Verleumdung zum Nachteil und im Zusammenhang der Tätigkeit einer im politischen Leben stehenden Person begangen wird. Mit der Gesetzesänderung vom 3.April 2021 wird nun zusätzlich auch die Beleidigung zum Nachteil einer im politischen Leben stehenden Person von diesem Tatbestand erfasst.

Außerdem erweitert das Gesetz den Anwendungsbereich des § 188 StGB nun explizit auch auf Kommunalpolitiker und Kommunalpolitikerinnen.

Vereinfachte Eintragung einer Auskunftssperre ins Melderegister

Nicht nur Normen des Strafgesetzbuches sind durch die Gesetzesänderung betroffen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann nun bei Bestehen der Gefahr von Beleidigung, Nachstellung oder Bedrohung im Melderegister eine Auskunftssperre eintragen lassen werden.

Dies soll insbesondere eine Erleichterung für Personengruppen darstellen, die solchen Gefahren besonders ausgesetzt sind

Die Billigung einer zukünftigen Tat kann strafbar sein

Der Tatbestand der Billigung und Belohnung von Straftaten (§ 140 StGB) wurde insofern verändert, dass nun unter bestimmten Umständen, insbesondere wenn die Straftat zur Störung des öffentlichen Friedens geeignet ist, nun auch die öffentliche Billigung einer Straftat, die noch nicht begangen oder versucht wurde, nach § 140 StGB strafbar sein kann. Nach alter Rechtslage musste die Straftat bereits zumindest versucht worden sein.
Dazu kann zum Beispiel die öffentliche Billigung, dass eine andere Person getötet werden wird, gehören.

Strafschärfungen auch im Rahmen der Bedrohung und der Androhung von Straftaten

Umfassende Strafschärfungen hat auch der Straftatbestand der Bedrohung nach § 241 StGB erfahren.

Nach alter Rechtslage, machte sich wegen Bedrohung nach dieser Vorschrift grundsätzlich nur strafbar, wer jemanden mit einem Verbrechen bedrohte oder wider besseren Wissens vortäuschte, dass die Begehung eines Verbrechens bevorstehe.

Ein Verbrechen ist eine Tat, die mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft wird. Demnach war beispielsweise die Bedrohung mit der Begehung eines Mordes strafbar, nicht aber die Bedrohung mit der Begehung einer gefährlichen Körperverletzung oder einer Vergewaltigung.

Durch die Gesetzesänderung vom 3.April 2021 ist nunmehr nicht nur die Bedrohung mit einem Verbrechen, sondern auch die Bedrohung mit einer Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung (z.B. einer Vergewaltigung), die körperliche Unversehrtheit (z.B. gefährliche Körperverletzung), die persönliche Freiheit oder einer Sache von bedeutendem Wert vom Tatbestand des § 241 StGB erfasst.

Für eine Bedrohung mit einer solchen Tat, die kein Verbrechen ist, sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor.

Der Strafrahmen der bereits strafbaren Bedrohung mit einem Verbrechen wurde auf eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe angehoben.

Auch der öffentlichen Begehung der Bedrohung, beispielsweise im Internet, wird nun gesondert Rechnung getragen: In diesem Fall sieht das Gesetz einen erhöhten Strafrahmen von unter Umständen bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vor.

Wer demnach zum Beispiel im Internet nun öffentlich eine andere Person mit der Begehung einer Vergewaltigung bedroht, muss künftig mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe rechnen. Ist Inhalt der Bedrohung beispielsweise die Begehung eines Mordes, kann eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe verhängt werden.

Bei Interesse, finden Sie hier weitere Informationen zum Tatbestand der Bedrohung.

Der Straftatbestand der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (§ 126 StGB) wurde insofern verändert, dass nun zusätzlich die Androhung bestimmter Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (z.B. eine Vergewaltigung) und die Androhung einer gefährlichen Körperverletzung nach dieser Vorschrift strafbar sein können.

Der Strafrahmen ändert sich aber nicht: Eine solche Androhung wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Was müssen Anbieter sozialer Netzwerke künftig beachten?

Auch an Anbieter sozialer Netzwerke werden nun stärker ausgeweitete Pflichten gestellt.
So müssen die Anbieter nun nicht mehr nur strafrechtlich relevante Beiträge löschen, sondern sind ab Februar 2022 dazu verpflichtet, solche Beiträge dem Bundeskriminalamt zu melden.

Kommt ein Anbieter dieser Meldepflicht nicht nach, so kann gegen ihn ein Bußgeld verhängt werden.

Diese Meldepflicht soll hinsichtlich dieser Straftaten bestehen:

  • Das Verbreiten von Propagandamitteln und und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86 StGB und § 86a StGB
  • Die Vorbereitung und die Anleitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a StGB und § 91 StGB
  • Die Bildung und krimineller und terroristischer Vereinigungen (auch im Ausland) nach § 129, § 129a und § 129b StGB
  • Die Störung des öffentlichen Friedens durch Androhungen von Straftaten nach § 126 StGB
  • Die Volksverhetzung und Gewaltdarstellung nach § 130 StGB und § 131 StGB
  • Die Belohnung und Billigung von Straftaten nach § 140 StGB
  • Die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz kinderpornographischer Inhalte nach § 184b StGB
  • Die Bedrohung nach § 241 StGB

Ziel dieser Meldepflicht soll die Sicherung einer einfacheren, schnelleren und damit effektiveren Strafverfolgung sein.

Außerdem sollen Anbieter sozialer Netzwerke die Nutzer über die Möglichkeiten der Erstattung von Strafanzeigen, soweit dies notwendig ist, informieren.

Gewalt gegen Helfende ärztlicher Notdienste und Notaufnahmen

Die Behinderung von Helfenden der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes bei einem Einsatz durch Anwendung von Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt war bereits strafbar.

Nun werden aber zusätzlich Helfende ärztlicher Notdienste und Notaufnahmen von § 115 StGB besonders geschützt. Auch wer solche Personen tätlich angreift, kann sich gegebenenfalls nach dieser Vorschrift strafbar machen.

Wer also bei einem Unglücksfall einen helfenden Mitarbeiter eines ärztlichen Notdienstes angreift, kann sich grundsätzlich nach § 115 StGB strafbar machen.

Antisemitische Motive sind nun strafschärfende Beweggründe der Tat

Die Änderungen durch das Gesetz vom 3. April 2021 betreffen nicht nur Hasskriminalität im Allgemeinen, sondern auch rechtsextremistische Motive einer Tat.

Antisemitische Beweggründe zu einer Tat sind nun explizit im Strafgesetzbuch als strafschärfend wirkende Beweggründe zu einer Tat aufgezählt.

Das bedeutet, dass solche Beweggründe bei der Festlegung der Strafe von dem urteilenden Gericht, strafschärfend zu berücksichtigen sind.

Aufgrund zahlreicher Änderungen von Vorschriften, besteht schnell die Gefahr, den Überblick darüber zu verlieren, wann konkret ein Verhalten in einen strafrechtlich relevanten Bereich fällt, welche Folgen ein strafbares Verhalten haben kann und wie man am Besten damit umgeht, wenn ein Tatvorwurf im Raum steht.

Hier sind daher besondere Fachkenntnisse, wie die eines Fachanwalts für Strafrecht, besonders wichtig. Nur wer den Überblick über die zahlreichen Vorschriften des Strafrechts behält und immer auf dem aktuellsten Kenntnisstand ist, kann eine betroffene Person, ob Beschuldigter oder Geschädigter, bestmöglich beraten und vertreten.

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