Erfolg für die Meinungsfreiheit – unsere Kanzlei setzt sich vor dem OLG Brandenburg durch
Bearbeiter: Benjamin Grunst
Rechtsgebiet: Volksverhetzung
Ergebnis: Einstellung des Verfahrens nach Erfolg in der Sprungrevision
Ausgangsinstanz: Amtsgericht Bernau
Das Strafrecht im Bereich der Meinungsdelikte verlangt äußerste Sorgfalt. Wo Kritik, Satire oder politische Zuspitzung beginnen und wo strafrechtliche Grenzen überschritten sind, entscheidet sich oft erst im Gerichtssaal.
Im von unserer Kanzlei geführten Sprungrevisionsverfahren hat das OLG Brandenburg nun ein deutliches Zeichen gesetzt und einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Meinungsfreiheit geleistet. Das zunächst ergangene Urteil des Amtsgerichts Bernau hielt der rechtlichen Prüfung nicht stand. Nach erfolgreicher Revision wurde das Verfahren eingestellt. Unser Mandant ist vollständig rehabilitiert.
Ausgangspunkt des Verfahrens
Dem Mandanten wurde Volksverhetzung vorgeworfen. Anlass waren satirisch gestaltete Umschläge und kritische Bemerkungen zur religiösen Beschneidung. Das Amtsgericht Bernau verurteilte ihn, ohne den gesamten Inhalt der Äußerungen darzustellen und ohne den objektiven Sinn der satirischen Gestaltung auszuwerten. Die Entscheidung folgte damit nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben, die in diesem sensiblen Bereich gelten.
Unsere Kanzlei legte daraufhin Sprungrevision ein, um die Fehler der Entscheidung überprüfen zu lassen.
Entscheidung des OLG Brandenburg
Das Oberlandesgericht hob das Urteil vollständig auf. Es rügte mehrere grundlegende Punkte, die für jedes Äußerungsstrafverfahren von zentraler Bedeutung sind.
Das Gericht stellte klar, dass der objektive Sinngehalt der Äußerung vollständig ermittelt werden muss. Einzelne Formulierungen dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Nur der gesamte Zusammenhang ermöglicht eine rechtliche Einordnung. Die Vorinstanz hatte entscheidende Passagen nicht wiedergegeben. Dadurch konnte weder geprüft werden, wie die Äußerung tatsächlich gemeint war, noch wie sie ein verständiges Publikum verstehen würde.
Weiter erinnerte das Gericht daran, dass Volksverhetzung nur bei besonders schweren Herabsetzungen in Betracht kommt. Polemische Kritik oder geschmacklose Formulierungen reichen nicht aus. Eine schwerwiegende Verächtlichmachung, die die betroffene Gruppe aus der staatlichen Gemeinschaft herausdrängt, konnte hier nicht festgestellt werden.
Das OLG betonte zudem, dass mehrdeutige Äußerungen nicht automatisch in die belastendste Richtung ausgelegt werden dürfen. Wenn verschiedene Deutungen möglich sind, muss das Gericht sich mit ihnen auseinandersetzen und erklären, weshalb andere Interpretationen ausscheiden sollen. Auch das war hier unterlassen worden.
Schließlich unterstrich das OLG den hohen Stellenwert der Meinungsfreiheit. Gerade im Bereich politischer, gesellschaftlicher oder religiöser Debatten ist die Schwelle zur Strafbarkeit hoch. Strafgerichte dürfen Kritik, Satire und Provokation nicht vorschnell kriminalisieren.
Bedeutung der Entscheidung
Die Entscheidung des OLG Brandenburg setzt klare Maßstäbe. Sie macht deutlich, dass strafrechtliche Eingriffe in die Meinungsfreiheit nur möglich sind, wenn die Fachgerichte die verfassungsrechtlichen Anforderungen umfassend beachten. Dazu gehören eine vollständige Darstellung der Äußerung, eine sorgfältige Auslegung, die Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs und die deutliche Abgrenzung zwischen strafbarer Hetze und zulässiger Kritik.
Diese Leitlinien dienen nicht nur dem Schutz des Einzelnen, sondern der gesamten demokratischen Kultur. Eine freie Gesellschaft lebt von offener Diskussion. Strafrechtliche Schranken dürfen deshalb nur in eng begrenzten Ausnahmefällen greifen.
Einstellung des Verfahrens
Nach der Aufhebung des Urteils war ersichtlich, dass bei einer erneuten Verhandlung keine Verurteilung zu erwarten war. Die Staatsanwaltschaft nahm daraufhin Abstand von der weiteren Strafverfolgung. Das Verfahren wurde eingestellt. Unser Mandant ist vollständig entlastet.
Für unsere Kanzlei bedeutet dieses Ergebnis einen bedeutenden Erfolg. Vor allem zeigt es jedoch, dass es sich lohnt, in Äußerungsverfahren entschlossen für die Grundrechte einzutreten.
Fazit
Der Beschluss des OLG Brandenburg vom 22. Mai 2025 ist ein wichtiger Beitrag zur Rechtsstaatlichkeit und zur Verteidigung der Meinungsfreiheit. Er schafft Klarheit für zukünftige Verfahren und erinnert die Gerichte daran, dass Kritik, Satire und Überzeichnung zulässige Bestandteile des gesellschaftlichen Diskurses sind. Unsere erfolgreiche Sprungrevision und die anschließende Einstellung des Verfahrens belegen, wie wichtig eine klare und konsequente Verteidigungsstrategie in diesem Rechtsgebiet ist.
Unsere zuständigen Anwälte im
Strafrecht
Benjamin Grunst
Fachanwalt für Strafrecht
Zertifizierter Verteidiger für Wirtschaftsstrafrecht (DSV e. V.)
Email: [email protected]
Michael Voltz
angestellter Rechtsanwalt der Kanzlei und Standortleiter München
Email: [email protected]
Prof. Dr. Thomas Bode
Of Counsel
Professor für Strafrecht- und Ordnungswidrigkeitenrecht
Email: [email protected]









