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Klimaaktivisten protestieren in Lützerath – Welche Strafen drohen?
Die Klimaaktivisten ketteten sich beispielsweise – so die Medien – zum Teil an einbetonierte Rohre oder betonierten z.B. ihre Füße ein.
Die Proteste der letzten Tage gingen nicht immer friedlich zu, sodass Medienberichten zufolge nun zahlreiche Strafverfahren laufen. Die Medien berichten darüber, dass es zu einigen – teils gewaltsam verlaufenden – Auseinandersetzungen mit den Polizeibeamten kam. Die vor Ort tätigen Beamten wurden zum Teil mit Steinen, Pyrotechnik, Farbbeuteln sowie einem Molotow-Cocktail beworfen, so die Medien.
Damit stellt sich nun die Frage nach der Strafbarkeit der Klimaaktivisten bei solchen Protestaktionen. Macht man sich auch dann strafbar, wenn man den Anweisungen eines Polizeibeamten einfach nicht Folge leistet? Ist das eigene Verhalten strafrechtlich gerechtfertigt, wenn man sich für einen höheren und guten Zweck einsetzt?
Die folgenden Ausführungen legen die Tatsachen, die den berichtenden Medien zu entnehmen sind, zugrunde. Was tatsächlich vorgefallen ist, wer sich welchen Verhaltens schuldig gemacht hat, das haben die Ermittlungsbehörden und die Gerichte zu klären. Die folgenden Ausführungen erheben für sich zudem keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern dienen lediglich einer beispielhaften Darstellung.
Für eine genaue strafrechtliche Würdigung Ihres konkreten Falls, wenden Sie sich am Besten an einen Anwalt für Strafrecht.
Welche Strafen drohen den Klimaaktivisten in Lützerath?
Welche Strafen drohen, kann jedenfalls nicht pauschal beantwortet werden. Diese Frage hängt stets maßgeblich von den genauen Umständen des Einzelfalles ab.
Es kommen zudem verschiedene Delikte in Betracht, die bei den Vorfällen in Lützerath verwirklicht worden sein könnten.
Wie zum Beispiel …
Für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte droht zum Beispiel grundsätzlich eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (§ 113 Abs.1 StGB). In sogenannten besonders schweren Fällen – beispielsweise ggf. wenn der Täter eine Waffe bei sich führt – ist die Strafandrohung höher (§ 113 Abs.2 StGB). Ein tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte wird mit einer Freiheitsstrafe zwischen 3 Monaten und 5 Jahren sanktioniert (§ 114 StGB). Eine einfache Körperverletzung ist im Grundsatz mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht (§ 223 Abs.1 StGB). Eine gefährliche Körperverletzung (wenn die Art und Weise der Herbeiführung der Körperverletzung wegen den im Gesetz benannten Fällen besonders gefährlich ist), ist mit einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und 10 Jahren bedroht (§ 224 Abs.1 StGB).
Strafbarkeit der Klimaaktivisten wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte
Zunächst einmal steht bei den Vorfällen in Lützerath der Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte im Raum.
Macht man sich schon strafbar, wenn man Anweisungen der Polizei nicht Folge leistet?
Zu beachten ist, dass im Rahmen des Straftatbestandes des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eine Grenze zu beachten ist. Der Betroffene ist nämlich zum Beispiel nicht dazu verpflichtet, dabei mitzuwirken und zu helfen, wenn er festgenommen und abgeführt werden soll. Der Widerstand muss mittels Anwendung von Gewalt oder durch die Drohung mit Gewalt erfolgen (§ 113 Abs.1 StGB). Ein strafbarer Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist es also in der Regel nicht, wenn der Betroffene auf die Aufforderung eines Beamten hin einfach nicht mitwirkt, sondern still sitzen bleibt und weggetragen werden muss. Hierin liegt noch keine Ausübung von Gewalt.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth verneinte zum Beispiel Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte für den Fall, dass Polizeibeamte den Betroffenen fesseln wollten, dieser aber seine Arme unter seinem Körper verborgen hielt (LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 16.06.2020 – 15 Ns 201 Js 13894/19 in openJur 2021, 32274).
Wann droht eine Strafe wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte?
Die Strafbarkeiten wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) und wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte (§ 114 StGB) hängen eng miteinander zusammen, unterscheiden sich aber in ein paar wesentlichen Punkten. Zur Begründung einer Strafbarkeit wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte ist insbesondere – im Gegensatz zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – kein Bezug zu einer konkreten Diensthandlung der Beamten erforderlich (vgl. BT Drucksache, 18/11161 v. 14.02.2017 S.9).
Ein tätlicher Angriff kann zum Beispiel das Anspucken eines Polizisten sein (vgl. z.B. LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 16.06.2020 – 15 Ns 201 Js 13894/19 in openJur 2021, 32274).
Zu beachten ist, dass eine Strafbarkeit wegen tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte nicht voraussetzt, dass ein Beamter tatsächlich verletzt wird (vgl. z.B. LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 16.06.2020 – 15 Ns 201 Js 13894/19 in openJur 2021, 32274).
Kann ein solcher gemeinsamer Protest eine Strafbarkeit wegen Landfriedensbruch begründen?
Bei Protesten steht regelmäßig, wenn diese Ursprung von Gewalttaten sind, der Vorwurf des Landfriedensbruchs im Raum.
Strafbarer Landfriedensbruch meint, dass sich mehrere Menschen zur Begehung von Gewalttätigkeiten oder zur Bedrohungen mit Gewalttätigkeiten zusammenfinden. Diese werden gerade aus der Menschenmenge heraus begangen und müssen zudem in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise und mit vereinten Kräften begangen werden (§ 125 Abs.1 StGB).
Strafbar ist dann die Beteiligung hieran sowie das Einwirken auf diese Menschenmenge mit dem Ziel, deren Bereitschaft zur Begehung solcher Taten, zu fördern § 125 Abs.1 StGB.
Solche Gewalttaten können zum Beispiel in dem Bewerfen anderer Leute mit Steinen gesehen werden.
Das Bewerfen von Polizeibeamten mit Steinen und Pyrotechnik als gefährliche Körperverletzung
Medienberichten zufolge wurden Polizeibeamte unter anderem mit Steinen und Pyrotechnik beworfen. Hier steht eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung im Raum. Selbst wenn der Beamte tatsächlich nicht getroffen wird, kann dies strafbar sein, nämlich als versuchte gefährliche Körperverletzung. Voraussetzung ist dann, dass der Täter zur Begehung dieser Straftat entschlossen war (dass der Werfende es aber zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass jemand am Körper verletzt wird, genügt) und zur Begehung der Tat bereits unmittelbar angesetzt hat. Wurde ein Stein beispielsweise bereits geworfen ist dieses unmittelbare Ansetzen in der Regel zu bejahen.
Eine Körperverletzung kann entweder in einer körperlichen Misshandlung (ein Indiz hierfür können Schmerzen sein; das Empfinden von Schmerzen ist aber nicht zwingend erforderlich, vgl. z.B. OLG Hamm, Beschluss v. 21.04.2022 – 4 RVs 42/22 in openJur 2022, 10518) oder in einer Schädigung der Gesundheit (Hervorrufen eines solchen körperlichen Zustandes, der von der Norm negativ abweicht (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 26.02.2015 – 4 StR 548/14 in openJur 2015, 7854), also zum Beispiel das Zufügen einer Wunde) liegen.
Eine Körperverletzung (nach § 223 StGB) wird dann zu einer gefährlichen Körperverletzung, wenn die Körperverletzung mittels einer im Gesetz benannten als besonders gefährlich eingeschätzten Art und Weise begangen wird.
Hierzu zählt zum Beispiel die Körperverletzung „mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs“ (§ 224 Abs.1 Nr.2 StGB), „mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich“ (§ 224 Abs.1 Nr.4 StGB) oder „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ (§ 224 Abs.1 Nr.5 StGB).
Gefährliche Werkzeuge sind in diesem Sinne solche Werkzeuge, die aufgrund ihrer Beschaffenheit und der konkreten Art der Benutzung beachtliche Verletzungen hervorrufen können (deshalb sind sie so gefährlich) (stRspr. Vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 10.02.2021 – 1 StR 478/20).
Ein gefährliches Werkzeug in diesem Sinne kann also zum Beispiel grundsätzlich eine lange Eisenstange sein. Aber auch Steine und Pyrotechnik, insbesondere wenn (aber nicht zwingend nur dann) sie in Kopfrichtung des Geschädigten geworfen wird, kann durchaus den Vorwurf einer gefährlichen Körperverletzung mittels Einsatzes eines anderen gefährlichen Werkzeuges begründen.
Die Lebensgefährdung, die zu einer höheren Strafe wegen der Körperverletzung führt, muss außerdem nicht konkret sein. Es ist also nicht erforderlich, dass der Verletzte gerade so, zufällig, überlebt hat. Vielmehr genügt es bereits, wenn die Art und Weise wie die Körperverletzung durchgeführt wurde, dazu geeignet ist, das Leben des Geschädigten zu verletzen (stRspr, vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 10.02.2021 – 1 StR 478/20).
Auch dieser Vorwurf kann – abhängig von den konkreten Umständen – beim gezielten Werfen von Böllern, Steinen oder eines Molotow-Cocktails im Raum stehen.
Machen sich Klimaaktivisten, die sich einbetonieren wegen Nötigung strafbar?
Medienberichten zufolge betonierten sich Einige der protestierenden Klimaaktivisten zum Teil in den Boden ein oder ketteten sich an einbetonierte Rohre.
Auch allgemein das grundsätzliche Verharren auf dem Gelände, dient dem Zweck, die zur Durchführungen des Kohleabbaus nötigen Arbeiten zu behindern bzw. zu verhindern.
Hier kann der Vorwurf einer nach § 240 StGB strafbaren Nötigung im Raum stehen.
Stark vereinfacht wird als Nötigung bestraft, wenn man jemanden in verwerflicher Weise durch die Anwendung von Gewalt oder durch die Drohung mit Gewalt zu etwas zwingt.
Diese Straftat der Nötigung wird auch bei den Klimaklebern in besonderem Maße diskutiert.
Die Vorgänge in Lützerath weisen hierzu eine gewisse Parallelität auf. Andererseits gibt es den ein oder anderen Unterschied, der einem gänzlichen Verweis wohl entgegensteht.
Aber zum besseren Verständnis, stellt sich zunächst die Frage:
Können Sitzblockaden eine strafbare Nötigung darstellen?
Diese Frage beschäftigte die Rechtsprechung eine ganze Weile lang. Diese Diskussion – bei der es im Wesentlichen um Straßenblockaden ging – ist aber in ihrem Kern ausdiskutiert. Die Frage war hier nämlich, ob das bloße Sitzen auf der Fahrbahn (was dazu führte, dass die Fahrzeuge nicht passieren konnten) Gewalt ist. Inzwischen wird Gewalt als körperlich vermittelnder und körperlich wirkender Zwang definiert. Das Problem bei den Sitzblockaden ist nun, dass es keine körperliche Wirkung gibt. Der Grund, wieso jemand bei einer Sitzblockade stehen bleibt ist – so hart das nun auch klingen mag – nicht, dass er es nicht kann, sondern dass er niemanden schwer verletzen oder gar töten will, indem er den oder die Protestierenden überfährt. Faktisch möglich wäre das aber in der Regel. Es handelt sich hier zunächst um rein psychischen Zwang.
Eine Sitzblockade ist also gegenüber dem ersten ankommenden Fahrer keine Nötigung im Sinne des § 240 StGB.
Allerdings bleibt es selten bei einem ankommenden Kfz. Das hinter dem ersten ankommende Auto bleibt stehen, weil es tatsächlich, faktisch, nicht weiter fahren kann. Vor ihm steht ja das erste Auto. Hier haben wir also den Faktor der Körperlichkeit. Und dies machen sich Protestierende im Rahmen einer Straßenblockade ja gerade zu Nutze. Dadurch, dass sie den ersten Fahrer zu ihren Zwecken ausnutzen, machen sie sich dann doch wegen Nötigung strafbar (das ist die sogenannte Zweite-Reihe-Rechtsprechung, vgl. zusammenfassende Darstellung der Entwicklung in der Rechtsprechung in BVerfG, Beschluss v. 07.11.2011 – 1 BvR 388/05).
Nun stellt sich die Frage, ob das bei den Protestierenden in Lützerath ebenso ist. Der Unterschied besteht nämlich darin, dass hier weniger eine Blockade im Sinne einer Durchgangsblockade durchgeführt wird, sondern die generelle Anwesenheit der Personen auf dem Gelände, den Abbaumaßnahmen entgegensteht, damit keine Menschen verletzt werden.
Hier erschöpft sich der Zwang also im Grunde weitestgehend in einem psychischen Zwang.
Sollte es aber auch hier dazu kommen, dass zum Beispiel Bagger nicht passieren können, weil ein körperliches Hindernis (z.B. in Gestalt eines davor stehenden Fahrzeugs) besteht, so steht auch hier tatbestandlich der Vorwurf einer Nötigung im Raum.
Bleibt es bei einer rein psychischen Wirkung, dass allein aus Sicherheitsgründen die Arbeiten nicht durchgeführt werden, so scheidet eine Strafbarkeit wegen Nötigung bereits tatbestandlich aus.
Allein die Verwirklichung eines Straftatbestandes genügt aber in der Regel noch nicht, um sich hiernach auch tatsächlich strafbar zu machen. Hinzukommen muss unter anderem noch, dass die konkret in Frage stehende Verwirklichung des Straftatbestandes auch rechtswidrig ist. Hier wird insbesondere danach gefragt, ob Rechtfertigungsgründe, die die Tat rechtfertigen, bestehen (z.B. Notwehr oder Notstand). Bei bestimmten Straftatbeständen – wie auch bei der Nötigung – muss die Rechtswidrigkeit unter einem bestimmten Aspekt positiv festgestellt werden.
Bei der Nötigung spricht man hier von der sogenannten Verwerflichkeit. Nur eine verwerfliche Nötigung ist strafbar.
Im Rahmen solcher Protestaktionen ist zu beachten, dass die Versammlungsfreiheit in Deutschland sogar in Gestalt eines Grundrechts geschützt ist (Art. 8 GG). Die Versammlungsfreiheit ist ein wesentlicher Pfeiler der Demokratie.
„Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind […] örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, au die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung“ (BVerfG, Beschluss v. 24.10.2001 – 1 BvR 1190/90). Die Protestaktionen der Klimaaktivisten fallen also grundsätzlich unter den verfassungsrechtlichen Versammlungsbegriff. Grundsätzlich. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich auch entschieden, dass eine Versammlung dann ihren Versammlungscharakter im Sinne des Art. 8 GG grundsätzlich verliert, wenn sie unfriedlich wird, also insbesondere wenn es zu Ausschreitungen mit Aggressionen und oder Gewalttätigkeiten kommt (vgl. BVerfG, Beschluss v. 07.11.2011 – 1 BvR 388/05).
Werfen also – wie es die Medien berichten – Protestierende mit Steinen oder Pyrotechnik und werden Menschen verletzt, so wird die Versammlung unfriedlich, was dazu führen kann, dass sie nicht mehr als Versammlung nach Art. 8 GG geschützt wird.
In diesen Fällen kann dann wohl regelmäßig auch von der Verwerflichkeit der Nötigung ausgegangen werden.
Liegt aber eine Versammlung im grundrechtlichen Sinne vor, muss dies bei der Frage nach der Verwerflichkeit hinreichend berücksichtigt werden. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit gilt aber nicht absolut, sondern ist durchaus einschränkbar (Art.8 Abs.2 StGB).
Im Rahmen der Verwerflichkeit der Nötigung nach § 240 Abs.2 StGB findet insbesondere eine Art Interessenabwägung statt. Auf der einen Seite steht das Interesse, die notwendigen Maßnahmen, wie beispielsweise Abrissarbeiten, durchzuführen. Auf der anderen Seite steht insbesondere der Klimaschutz, die Geltendmachung und Bekämpfung der bestehenden Klimakrise.
Maßgebliche Faktoren sind im Rahmen dieser Abwägung vor allem die Dauer der Versammlung, die Intensität der Beeinträchtigungen sowie Dringlichkeitsaspekte, die Möglichkeiten, auszuweichen, und der Bezug zwischen dem Anlass für den Protest und der Behinderung des Transports (BVerfG, Beschluss v. 07.03.2011 – 1 BvR 388/05).
Sie sehen: Hier handelt es sich um eine Abwägung, die gerade im Einzelfall vorgenommen werden muss. Eine einheitliche und insbesondere zwingende, allgemeingültige Antwort gibt es hier wohl nicht.
Proteste auf dem Gelände von RWE – strafbarer Hausfriedensbruch?
Das Gelände, auf dem die Klimaaktivisten verharren, steht bereits im Eigentum von RWE. Spätestens durch das Verharren nach der Aufforderung, sich zu entfernen, steht hier auch der Vorwurf eines Hausfriedensbruchs im Raum.
Ein strafbarer Hausfriedensbruch steht nämlich auch bei unbefugtem Betreten oder Verweilen von sogenanntem befriedetem Besitztum im Raum. Gerade wenn das Gelände umzäunt ist, kann dieses gegebenenfalls zu befriedetem Besitztum im Sinne des § 123 StGB gezählt werden.
Wann macht man sich wegen Sachbeschädigung strafbar?
Werden fremde Sachen im Rahmen einer solchen Protestaktion vorsätzlich zerstört oder beschädigt (zum Beispiel ein Bagger), so droht eine Strafe wegen Sachbeschädigung (§ 303 Abs.1 StGB).
Sachbeschädigung ist gem. § 303 Abs.1 StGB mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht.
Ist es strafbar, Gasflaschen in Fahrbahnen einzubetonieren?
Medienberichten zufolge kam es wohl auch dazu, dass Gasflaschen in die Fahrbahn einbetoniert wurden, damit diese nicht mehr befahren werden können. Selbst wenn niemand hierdurch verletzt wird, so könnte dies strafbar sein. In Betracht kommt hierbei zum Beispiel eine Strafbarkeit wegen Gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr durch das Bereiten von Hindernissen (§ 315b Abs.1 Nr.2 StGB).
Straßenverkehr meint in diesem Fall den öffentlichen Straßenverkehr. Maßgeblich ist also zunächst, ob auf die Gasflaschen auf dem (Privat-)Gelände einbetoniert wurden. Wenn ja, dann scheidet eine Strafbarkeit jedenfalls wegen Gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr aus.
Eine Strafbarkeit wegen Gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr setzt außerdem voraus, dass sich aus der abstrakten Gefahr, die durch das Bereiten eines Hindernisses im Straßenverkehr entsteht, eine konkrete Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit eines anderen Menschen oder eine konkrete Gefahr für eine fremde Sache von bedeutendem Wert entwickelt (§ 315b Abs.1 StGB). Konkret ist eine Gefahr, wenn es im Grunde nur noch vom Zufall abhängt, dass kein Schaden eingetreten ist (also ein sogenannter „Beinahe-Unfall“, vgl. BGH, Beschluss v. 05.11.2013 – 4 StR 454/13).
Rechtfertigung der Taten der Klimaaktivisten durch das harte Vorgehen der Polizei?
Medienberichten zufolge ging die Polizei zum Teil recht hart gegen die Demonstrierenden vor. Aber selbst wenn die Demonstrierenden mit Polizeigewalt konfrontiert sein sollten, ist dann ihr Verhalten gerechtfertigt?
Dies ist insofern zunächst zweifelhaft, als eine Rechtfertigung in Notwehr (die dann im Raum stehen könnte) voraussetzt, dass das Verhalten eine Verteidigungsreaktion auf einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff ist. Ist das Vorgehen der Polizei aber eine Reaktion auf die Taten der Demonstrierenden und sind deren Taten rechtswidrig, so scheidet eine Rechtfertigung aus Notwehr nach § 32 StGB regelmäßig schon deshalb aus.
Zudem muss im Einzelfall festgestellt werden, ob das Vorgehen der Polizei rechtswidrig war oder rechtmäßig. Im letzteren Fall scheidet eine Rechtfertigung in Notwehr grundsätzlich aus.
Sie sehen hier, dass es auch hier wieder in besonderem Maße auf die Betrachtung des konkreten Einzelfalles ankommt. Eine Rechtfertigung aus Notwehr ist durchaus denkbar, sie muss aber im konkreten Fall begründet liegen. Ein Anwalt für Strafrecht hat die nötige Fachexpertise und berufliche Erfahrungen, um auch Details wie Feinheiten zu erkennen, die im Einzelfall von großer Bedeutung sein können.
Wie sollte ich mich bei Erhalt eines Strafbefehls verhalten?
Sollten Sie einen Strafbefehl mit dem Vorwurf der Begehung bestimmter Straftaten erhalten haben, sollten Sie vor allem schnell handeln. Gegen einen Strafbefehl können Sie vorgehen, allerdings nur binnen einer recht kurz bemessenen Frist von zwei Wochen (§ 410 Abs.1 S.1 StPO). Verstreicht diese Frist, so steht dieser Strafbefehl einem rechtskräftigen Urteil gleich (§ 410 Abs.3 StPO). Man wurde dann also im Grunde wegen der im Strafbefehl enthaltenen Delikte verurteilt. Und das ganz ohne Hauptverhandlung. Das Strafbefehlsverfahren führt also zu einer erheblichen Verkürzung des Rechtsschutzes des Beschuldigten. Umso wichtiger ist es, sich an einen erfahrenen und spezialisierten Anwalt für Strafrecht zu wenden, der dafür sorgen kann, dass Ihre Rechte im Strafverfahren Geltung finden. Bei Erhalt eines Strafbefehls sollten Sie wegen der kurz bemessenen Einspruchsfrist, sich möglichst schnell an einen Anwalt wenden.
Der Anwalt für Strafrecht wird Einsicht in die Ermittlungsakten beantragen und auf dieser Grundlage eine gerade für Ihren Fall geeignete Verteidigungsstrategie entwickeln.
Im Rahmen des Einspruchs gegen einen Strafbefehl ist zu beachten, dass dieser Einspruch auch beschränkt werden kann (§ 410 Abs.2 StPO), zum Beispiel auf die Höhe der Strafe, wie die Höhe der Tagessätze bei einer verhängten Geldstrafe.
Wird wirksam Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, findet eine Hauptverhandlung statt (§ 411 Abs.1 S.2 StPO).
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