Vorwurf der Vergewaltigung / schweren sexuellen Missbrauchs: Fachanwalt Grunst erreicht Freispruch für seinen Mandanten
16. Oktober 2019
Sachverhalt des Sexualstrafverfahrens: Vorwurf der Vergewaltigung
Auf dem Heimweg nach einem Abend in einer Bar geht die Nebenklägerin mit in die nahegelegene Wohnung des Angeklagten, um ihre Notdurft zu verrichten. Der bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getretene Angeklagte teilt sich die Wohnung mit seinem Bruder. Beiden aus Syrien stammenden Männern wird seit einigen Jahren Asyl gewährt, und sie hatten Gelegenheit, sich zu integrieren. So geht der vermeintlichen Tat auch eine monatelange Freundschaft zwischen der Nebenklägerin und dem vermeintlichen Täter voraus, bei der es zum gelegentlichen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr kam. Dieser soll zu Unklarheiten hinsichtlich des Beziehungsstatus geführt haben, wobei die Aussagen, von wem der Beziehungswunsch ausging, konträr ausfallen.
Der vermeintliche Täter soll in das Badezimmer gedrungen sein, obwohl sich die Nebenklägerin noch halb bekleidet darin befand. Im weiteren Verlauf soll er sie in eine wehrunfähige Position gedrückt und den Geschlechtsakt mit ihr vollzogen haben. Nach Beendigung hat die Nebenklägerin bei dem Angeklagten übernachtet, wobei sie sich eine Matratze geteilt haben. In den frühen Morgenstunden hat die Nebenklägerin die Wohnung verlassen und ist nach Hause gefahren.
Der Angeklagte führt entgegen der Aussagen der Nebenklägerin aus, dass sie bei ihm unter dem Vorwand habe schlafen wollen, ihren Schlüssel vergessen zu haben. Weiter soll es tatsächlich zum Geschlechtsverkehr gekommen sein, dieser wurde jedoch auf ihre Initiative hin eingeleitet und entsprach sinngemäß der Routine der vorangegangenen Beziehung. Es war auch nicht er, der in das Badezimmer kam, sondern die Nebenklägerin, die trotz seines Protestes anfing, ihn oral zu befriedigen. Nach dem Geschlechtsverkehr sollen beide geduscht haben und nebeneinander eingeschlafen sein.
Außerdem haben sein Bruder und dessen Frau ebenfalls in der Einzimmerwohnung geschlafen, weshalb es ihm eigentlich unangenehm war, dass sie darauf gedrängt hat, bei ihm zu übernachten.
Damit sie allerdings nicht auf der Straße schlafen muss, habe er dennoch eingewilligt.
Mandatsannahme und Pflichtverteidigung durch den Anwalt für Sexualstrafrecht
Nachdem der Beschuldigte die polizeiliche Vorladung erhalten hat, wandte er sich an Herrn Rechtsanwalt Grunst, da dieser als bundesweit tätiger Fachanwalt für Strafrecht auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann.
Nach einem ersten persönlichen Gespräch wurde durch Herrn Grunst sofort Antrag auf Beiordnung zum Pflichtverteidiger gem. § 140 StPO sowie auf Akteneinsicht gestellt. Er machte außerdem deutlich, dass sein Mandant sich nicht zur Sache äußern werde, da dieser auf anwaltlichen Rat hin von seinem Schweigerecht Gebrauch mache.
Nach erster Durchsicht der Ermittlungsakte erkannte Herr Grunst schnell Unstimmigkeiten in den Aussagen der Anzeigenden und erarbeitete unter anderem anhand dessen eine Verteidigungsstrategie.
Umfassende Stellungnahme und Ausführungen zum mangelnden Tatverdacht der Vergewaltigung
Die Strategie nahm ihren Anfang in der ausführlichen Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft, in welcher er eine Einstellung des Verfahrens gem. § 170 Abs. 2 StPO anregte, da es am hinreichenden Tatverdacht mangele. Die Stellungnahme lässt eine Einlassung des Mandanten außen vor, da dieser sich nicht zum Tatvorwurf einlassen muss. Herr Grunst widerlegte anhand der Ermittlungsergebnisse den Vorwurf der Vergewaltigung, weshalb es eigentlich zu keiner Zulassung zur Hauptverhandlung hätte kommen dürfen. Der Grund liegt darin, dass ein hinreichender Tatverdacht nur in solchen Fällen zu bejahen ist, in denen eine Verurteilung durch ein Gericht wahrscheinlich anmutet. Die Hauptverhandlung soll in solchen Konstellationen lediglich dazu dienen, letzte Zweifel auszuräumen.
Herr Grunst weist auf die Aussage-gegen-Aussage-Konstellation hin, nach welcher die Beurteilung des Sachverhalts allein auf den unklaren und sich teilweise widersprechenden Aussagen der Anzeigenden beruht. Es folgen Ausführungen zu den hohen Anforderungen an die Beweiswürdigung, die sich daraus ergeben. Bereits die Erkennbarkeit des entgegenstehenden Willens sei nicht gegeben gewesen, da jener weder ausdrücklich noch konkludent mitgeteilt wurde. Erschwerend komme der mehrfache einvernehmliche Geschlechtsverkehr im Voraus hinzu, der die Annahme einer routinemäßigen Weiterführung dieses Verhältnisses begründet und somit einen Tatvorsatz ausschließt. Zusammengefasst entbehre der Tatvorwurf folglich einer tatsächlichen Grundlage.
Anklageerhebung durch Staatsanwaltschaft
Trotz der oben genannten Darlegungen erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Vergewaltigung, strafbar nach § 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 Nr. 1 StGB. Es wird in der Anklageschrift auf das introvertierte Verhalten der Nebenklägerin nach der vermeintlichen Tat und auf die Schilderung des Kerngeschehens abgestellt, obwohl die Abweichungen auch von der Staatsanwaltschaft erkannt wurden. Daraufhin beantragte Rechtsanwalt Grunst ergänzende Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft. Um die weitere Verteidigungsstrategie zu besprechen, veranlasste Herr Grunst einen weiteren persönlichen Termin mit seinem Mandanten. Kurz vor dem Hauptverhandlungstermin nahm er nochmals ergänzende Akteneinsicht und besprach gemeinsam mit seinem Mandanten die Strategie für den Gerichtstermin.
Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht
In der Hauptverhandlung erfolgte zunächst die Einlassung des Mandanten, in welcher er seine Sicht des Sachverhalts schlüssig wiedergab und die schweren Folgen der Vorwürfe für sein Sozialleben erläuterte. Nach dem Angeklagten wurde die Nebenklägerin in den Zeugenstand gerufen. Sie konnte auf Nachfragen wenig nachvollziehbar antworten und hat sich in Ihren Aussagen
widersprochen.
Nach den Aussagen plädierte Rechtsanwalt Grunst auf Freispruch.
Der Angeklagte wurde daraufhin in allen Punkten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, da in dieser Aussage-gegen-Aussage-Konstellation die Schilderungen der Nebenklägerin den hohen Anforderungen an die Beweislast nicht standhalten.