Welche Faktoren spielen für die
Höhe der Strafe für eine Straftat eine Rolle?
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Die Strafzumessung ist ein entscheidender Schritt im Strafrecht, der oft Fragen aufwirft und kontrovers diskutiert wird. Nachdem ein Täter für schuldig befunden wurde, stellt sich die Frage, welche Strafe angemessen ist. Dieser Prozess der Strafzumessung basiert auf einer Vielzahl von Faktoren und kann für juristische Laien oft undurchsichtig erscheinen. In diesem Beitrag werden wir uns näher mit dem Konzept der Strafzumessung befassen, um ein besseres Verständnis für diesen wichtigen Aspekt des Strafrechts zu gewinnen.
Was versteht man unter Strafzumessung?
Wenn das Gericht während einer Hauptverhandlung überzeugt ist, dass der Angeklagte schuldig ist, stellt sich die Frage, wie sein Verhalten sanktioniert werden soll. Die Strafzumessung bezeichnet die gerichtliche Entscheidung über die strafrechtlichen Konsequenzen einer begangenen Straftat. Dabei unterscheidet man zwischen der Festlegung der eigentlichen Strafe sowie etwaigen Maßregeln und Nebenfolgen wie beispielsweise einer Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt oder einem Fahrverbot. Zudem erfolgt eine Differenzierung nach der Art der Strafe und ihrer Höhe. Die im StGB enthaltenen Strafrahmen geben dem Richter einen relativ weiten Spielraum. Zusätzlich bestehen verschiedene Strafmilderungsmöglichkeiten.
Bei der Strafzumessung geht es darum, wie schwer die Strafe für eine begangene Straftat sein soll. Dafür betrachtet das Gericht verschiedene Punkte.
Die Strafzumessung soll grundsätzlich anhand der Schwere der Schuld erfolgen, wie sie in § 46 des Strafgesetzbuches (StGB) festgelegt ist. Unter „Schuld“ versteht man die persönliche Vorwerfbarkeit, weshalb es keine festgelegte Strafe für ein bestimmtes Vergehen geben kann. Die Gesetze geben lediglich einen Rahmen vor, innerhalb dessen die Strafe verhängt werden kann, mit einer Mindest- und Höchststrafe. In einigen Fällen gibt es auch Sonderstrafrahmen für besonders schwere oder minder schwere Delikte.
Die Schuld bildet zwar die Grundlage für die Strafe, allerdings wirken sich auf die Strafhöhe auch die Auswirkungen der Strafe auf das Leben des Verurteilten in der Gesellschaft aus.
Wie kommt der gesetzliche Strafrahmen für ein Delikt zustande?
Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst die Entscheidung über die Höhe einer Strafe. Einer der bekanntesten ist der Gedanke der Vergeltung, bei dem die Opfer oder ihre Familien Genugtuung erfahren sollen. Wenn allein danach gegangen würde, würden die Gerichte wahrscheinlich deutlich härtere Strafen verhängen.
Ein weiterer Grund für die Strafzumessung ist der Präventionsgedanke. Die Strafe soll eine erzieherische Funktion haben, indem der Täter erkennt, dass sein Verhalten inakzeptabel war und die Gesellschaft das nicht toleriert. Die Aussicht auf erneute Strafen soll ihn von weiteren Straftaten abhalten.
Der Schutz der Gesellschaft und die Resozialisierung des Täters spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Einerseits soll die Gesellschaft durch Inhaftierung vor Straftätern geschützt werden, andererseits sollte die Freiheitsstrafe so bemessen sein, dass eine Wiedereingliederung des Täters möglich ist. Es ist kontraproduktiv, wenn ehemalige Straftäter nicht in die Gesellschaft zurückkehren können und dadurch ein höheres Risiko für weitere Straftaten besteht.
Finanzielle Überlegungen sind ebenfalls relevant. Jeder inhaftierte Straftäter kostet den Steuerzahler täglich eine beträchtliche Summe.
Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte hat der Gesetzgeber für jede Straftat einen Strafrahmen festgelegt, der die obere und untere Grenze des möglichen Strafmaßes definiert. Die beiden gesetzlichen Strafarten sind die Geldstrafe sowie die Freiheitsstrafe.
Zum Beispiel kann für Diebstahl grundsätzlich eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden. Je nachdem, wie schwer die Tat war, kann die Strafe aber höher oder niedriger ausfallen.
Innerhalb des vorgegebenen Strafrahmens haben Gerichte die Aufgabe, die angemessene Strafe zu bestimmen. Hierbei lässt sich das Bild einer Waage gut heranziehen: Zu Beginn wird die Waage in die Mitte des Strafrahmens gesetzt. Zunächst werden alle Umstände berücksichtigt, die zugunsten des Angeklagten sprechen, wodurch sich die Waage in diese Richtung neigt und die Strafe verringert wird. Zu diesen Umständen gehören beispielsweise ein geringer verursachter Schaden, freiwillige Wiedergutmachung seitens des Täters, ein Geständnis oder das Fehlen von Vorstrafen.
Anschließend werden die Umstände betrachtet, die gegen den Angeklagten sprechen. Hierzu gehören z.B. schwere Taten oder Tatfolgen, Wiederholungstaten oder Vorstrafen, die die Strafe erhöhen können und die Waage in die andere Richtung neigen lassen.
Wie berechnet sich die Strafe, wenn man mehrere Taten begeht oder mehrere Straftaten verwirklicht?
Begeht man durch eine Tat mehrere Delikte, spricht man von Tateinheit. In diesem Fall wird der Strafrahmen des schwersten Delikts als Grundlage genommen und gegebenenfalls um die Strafen für die anderen Delikte erhöht.
Liegen hingegen mehrere Delikte vor, die durch separate Handlungen begangen wurden, spricht man von Tatmehrheit. Gemäß § 53 des Strafgesetzbuches (StGB) wird in diesem Fall eine Gesamtstrafe gebildet. Hierbei wird die höchste Strafe als Ausgangspunkt genommen und um die Strafen für die weiteren begangenen Straftaten erhöht. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Gesamtstrafe nicht die Summe der Einzelstrafen überschreiten darf.
Wie wird die Strafe für eine begangene Straftaten konkret ermittelt?
Die Strafzumessung basiert auf mehreren Ausgangspunkten:
- Die Strafe muss sich innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens für die festgestellte Tat bewegen
- Die Schuld des Verurteilten ist der Maßstab innerhalb dieses Strafrahmens
- Die Strafe muss verhältnismäßig sein und die für und gegen den Verurteilten sprechenden Umstände berücksichtigen. Dabei sind folgende Punkte besonders wichtig:
- die Motive: Selbstsüchtige Motive können zu einer höheren Strafe führen, während Handlungen aus einer Notlage heraus strafmildernd wirken können
- die Gesinnung und der Wille zur Tatbegehung: Das Gericht berücksichtigt, ob die Tat böswillig oder impulsiv begangen wurde und ob es eine sorgfältige Planung gab
- die Pflichtwidrigkeit: besonders bei Fahrlässigkeitsdelikten wird bewertet, ob der Verurteilte gegen spezifische Pflichten verstoßen hat
- die Art und Weise der Tat und deren Folgen: der Tatort, die Tatzeit und die Dauer der Tat spielen eine Rolle; auch die Auswirkungen der Tat auf das Opfer können strafverschärfend sein
- das Vorleben des Verurteilten: Vorstrafen und persönliche sowie wirtschaftliche Verhältnisse werden berücksichtigt
- das Verhalten nach der Tat: Ein Geständnis kann strafmildernd wirken, ebenso wie die Wiedergutmachung des angerichteten Schadens
Es ist wichtig zu wissen, dass das Gericht die Strafe nicht einfach so festlegt, sondern bestimmte Regeln beachtet. Zum Beispiel darf es die Tat nicht doppelt bestrafen, indem es Faktoren berücksichtigt, die schon im Strafrahmen enthalten sind.
Am Ende entscheidet das Gericht, welche Strafe angemessen ist, indem es die Tat in den gesetzlichen Strafrahmen einordnet und dabei verschiedene Faktoren berücksichtigt.
Bei der Festlegung der Strafe hat das Gericht einen beträchtlichen Beurteilungsspielraum.
Ich bin mit der Strafe unzufrieden, was kann ich tun?
Das Gericht hat bei der konkreten Strafzumessung einen großen Spielraum, insbesondere wenn der Strafrahmen für die vorgeworfene Tat beispielsweise von 6 Monaten bis zu 10 Jahren reicht.
Wenn man eine geringere Strafe anstrebt und die Strafzumessung anfechten möchte, müssen gravierende Fehler aufgezeigt werden. Ähnlich wie bei der Bewertung von Beweisen ist das Gericht in der ersten Instanz bei der Strafzumessung frei. Die Überprüfung der Strafzumessung erfolgt hauptsächlich auf logische Fehler oder das Auslassen wichtiger Aspekte.
Dies verleiht dem Gericht erhebliche Macht, da es für denselben Sachverhalt sowohl eine Freiheitsstrafe von beispielsweise 2 Jahren als auch eine von 3 Jahren verhängen kann, beide rechtmäßig. Die mögliche Strafspanne von 6 Monaten bis zu 10 Jahren bedeutet, dass Strafen am unteren oder oberen Ende der Skala tendenziell eher aufgehoben werden könnten als solche in der Mitte. Die Frage, ob beispielsweise eine Strafe von 5 Jahren für einen Diebstahl im Wert von 10.000 € angemessen ist, kann sehr unterschiedlich beurteilt werden.
Es gibt auch regionale Unterschiede, so dass in Bayern tendenziell regelmäßig höhere Strafen zu erwarten sind als in Norddeutschland. Obwohl die Chancen auf vorzeitige Entlassung im Süden höher sein mögen, haben sie möglicherweise keinen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis. Die Strafe soll jedoch auch eine resozialisierende Wirkung haben, was nur möglich ist, wenn der Verurteilte nach der Entlassung tatsächlich eine Perspektive für ein Leben hat.
Ein erfahrener und spezialisierter Anwalt für Strafrecht kennt die Faktoren, die das Gericht bei der Strafzumessung heranziehen darf und kann auf dieser Grundlage das Urteil unter Umständen für Sie rechtlich angreifen durch Einlegung und ordnungsgemäße Begründung eines Rechtsmittels gegen das Urteil.
Auch besteht die Strafverteidigung nicht selten ausschließlich auf dem Ziel eines Freispruchs oder einer Einstellung des Verfahrens. Es gibt durchaus Konstellationen, in denen die Verteidigungsstrategie aufgrund der gegebenen Umstände von Anfang an (oder ab einem bestimmten Punkt) auf eine Strafmaßverteidigung ausgerichtet ist, also darauf gerichtet ist, dass eine möglichst niedrige Strafe am Ende des Verfahrens verhängt wird.
Welche Verteidigungsstrategie sinnvoll ist, ist von zahlreichen speziellen Umständen abhängig. Ein erfahrener und fachlich spezialisierter Strafverteidiger kann Ihre Situation gut einschätzen und Sie umfassend über die nun bestehenden Möglichkeiten aufklären und beraten sowie eine sinnvolle Verteidigungsstrategie für Sie erarbeiten.
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