Flüge billiger buchen mit einem VPN-Tunnel –
ist das strafbar?
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Mittlerweile sind für diese gängige Buchungsmethode auf diversen Websites ausführliche Anleitungen zu finden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dieses Verhalten als strafbar einzuordnen ist – immerhin verkauft die Fluggesellschaft die Tickets wegen des geänderten Standorts günstiger als vorgesehen und macht somit finanzielle Verluste.
Ist die Errichtung eines VPN-Tunnels im Allgemeinen strafbar?
Einfache Antwort: nein. Grundsätzlich ist die Errichtung eines VPN-Tunnels (Virtual Private Network) in Deutschland legal. Das bedeutet, dass ein VPN-Tunnel bedenkenlos im Bereich des Erlaubten genutzt werden kann.
Anders sieht es aus, wenn mithilfe eines VPN-Tunnels das Geoblocking eines Streaming-Anbieters wie z.B. Netflix oder Amazon Prime umgangen wird. Diese bieten aufgrund jeweils unterschiedlich erteilter Lizenzen in den Ländern zum Teil jeweils andere Inhalte an. Der Zugriff auf diese Inhalte ist durch das Geoblocking auf das jeweilige Land zugeschnitten beschränkt. Die Nutzung eines VPN-Tunnels gestaltet sich dabei wie folgt: beim Streaming aus dem Ausland wird die eigene Internetverbindung verschlüsselt und eine fremde IP-Adresse verwendet. Infolge dessen ist eine Zurückverfolgung des Nutzers nach dem Standort nicht möglich. Das Geoblocking des Streaming Anbieters wird also umgangen. Dabei verstößt der Nutzer gegen die Lizenzbestimmungen des Streaming Anbieters. Dies ist zwar nicht strafrechtlich relevant, allerdings kann das Konto des Nutzers bei Vorliegen von AGB, die dieses Verhalten verbieten, gesperrt werden.
Bisher blieb die Fragestellung, ob man sich bei Buchung eines Flugtickets o.ä. mithilfe eines VPN-Tunnels strafbar macht, gerichtlich (noch) ungeklärt. Das bedeutet, dass diese Frage rechtlich noch zu beantworten ist.
Strafbarkeit der Buchung von Flugtickets mithilfe eines VPN-Tunnels?
Es ist daher zu beleuchten, nach welcher Strafvorschrift man sich bei diesem Vorgehen strafbar machen könnte. In Betracht kommt hier der Computerbetrug nach § 263a Abs. 1 Var. 2 StGB, welcher mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird. Stark vereinfacht ausgedrückt wird hier bestraft, dass jemand durch „Täuschung“ eines Computers, insbesondere durch Vorgabe falscher Tatsachen bei der Nutzung von Computern und der damit verbundenen Beeinflussung eines Datenverarbeitungsvorgangs, einen Vermögensschaden bei einer Person verursacht, um sich selbst oder eine andere Person zu bereichern, ohne auf diesen Vermögenszuwachs einen Anspruch zu haben.
Grundsätzlich wird bei Nutzung des VPN-Tunnels dem Buchungsportal der Fluggesellschaft o.ä. ein anderer („billigerer“) Standort sowie eine andere IP-Adresse vorgespiegelt wird, welches in der Folge dafür sorgt, dass dadurch günstigere Tickets als in Deutschland angeboten werden. Damit verwendet der Buchende unrichtige Daten, welche das Ergebnis eines Datenverarbeitungsprogramms beeinflussen.
Verursacht man einen Vermögensschaden bei der Fluggesellschaft, wenn man über VPN ein billigeres Ticket bucht?
Die Krux der strafrechtlichen Prüfung ist die Frage, ob tatsächlich ein Vermögensschaden im Sinne der Vorschrift vorliegt.
Vermögensschaden bedeutet, dass durch die in Frage stehende Handlung das Vermögen des Geschädigten verringert wird. Etwaige unmittelbar damit zusammenhängenden Vermögensvorteile werden bei der Bestimmung eines Vermögensschadens aber berücksichtigt. Es kommt also auf den negativen Saldo an.
Demzufolge liegt die Annahme nahe, dass der Differenzbetrag zwischen dem jeweils günstigeren und teureren Ticket einen solchen Vermögensschaden darstellt.
Allerdings ist ein Vermögensschaden dann abzulehnen, wenn es sich um das bloße Ausbleiben einer Vermögensmehrung handelt.
Ist der anderweitige Verkauf des Tickets gerichtlich feststellbar?
Aus diesen vergleichbaren Fällen lässt sich schließen, dass die Buchung eines Ticketpreises an einem „günstigeren“ Standort wohl regelmäßig keinen Vermögensschaden im Sinne der Vorschrift darstellt, jedenfalls soweit es sich bei den teureren in Deutschland verkauften Ticketpreisen um eine Vermögensmehrung handelt, deren Gewinnaussichten bei einem anderweitigen Verkauf nicht belegt werden können.
Stellt man auf die hypothetische Ausgangssituation ab, dass eine solche Buchungsmethode nicht erfolgt ist, so ist in der Konsequenz jedoch nicht feststellbar, dass das in Rede stehende teurere Ticket dennoch von einem anderen Deutschen gekauft worden wäre. Vielmehr ist es möglich, dass das Ticket von einer Person an einem anderen „günstigen“ Standort gekauft worden wäre oder unter Umständen gar nicht erstanden worden wäre. Die bloße Vermutung, dass der VPN-Nutzer ansonsten den deutschen Ticketpreis bezahlt hätte, ist letztlich einfach nicht belegbar durch die Fluggesellschaft. Wegen dieser fehlenden tatsächlichen Feststellungsmöglichkeiten liegt auch kein Vermögensschaden vor.
Allerdings ist zu beachten, dass es sich in diesen Konstellationen wohl nicht zwingend immer um eine bloße Verhinderung einer Vermögensmehrung handelt. Es sind durchaus Fallkonstellationen denkbar, in denen der Fluggesellschaft durch das Vorspiegeln, man befände sich in einem anderen Land und könne daher ohne Einschaltung von Hilfsmitteln (wie einem VPN-Tunnel) das Ticket zu dem entsprechend niedrigeren Preis als in Deutschland kaufen, ein Vermögensschaden entsteht. Nämlich dann, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Fluggesellschaft gerade für diesen Flug so kalkuliert hat, dass wahrscheinlich bzw. erfahrungsgemäß so und so viele Tickets in Deutschland zu dem dort vorgesehenen (ggf. höheren) Preis kaufen und so und so viele Tickets aus anderen Ländern zu unter Umständen günstigeren Preisen. Schließlich wird es einen Grund haben, weshalb Tickets in unterschiedlichen Ländern zu unterschiedlichen Preisen angeboten werden.
Das sind natürlich aber nur Mutmaßungen. Ob tatsächlich ein Vermögensschaden verursacht wurde, hängt vom konkreten Einzelfall ab und muss im Rahmen eines etwaigen Strafverfahrens geprüft werden.
Damit ist festzuhalten, dass Einiges gegen eine Strafbarkeit wegen Computerbetrugs durch die Nutzung eines VPN-Tunnels zur Buchung billigerer Flugtickets spricht.
Auch wenn wie hier dargelegt nach Ansicht Zweifel an der tatsächlichen Strafbarkeit bestehen können, so muss die Buchung von Flugtickets über VPN dennoch nicht folgenlos bleiben. Insbesondere kann es gut sein, dass zivilrechtlich diese Art der Buchung einen Vertragsbruch gegenüber der Fluggesellschaft darstellt. Dies kann insbesondere eine Verletzung der AGB des Vertragspartners sein, sodass unter Umständen z.B. Schadensersatzansprüche drohen können. Hier hilft regelmäßig eine genaue Lektüre der AGB und des Vertrages bei bzw. vor der Buchung.
Vorladung wegen Computerbetrug erhalten – was soll ich tun?
Sollten Sie doch einmal eine Vorladung von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft wegen der Buchung eines Flugtickets über einen VPN-Tunnel erhalten haben, so empfiehlt es sich, sich an einen spezialisierten und erfahrenen Rechtsanwalt für Wirtschaftsstrafrecht zu wenden. Dieser weiß, auf welche Feinheiten es in Ihrem konkreten Fall ankommen kann und wird eine gerade für Ihren Fall passende Verteidigungsstrategie erarbeiten können.
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Vorladung erhalten – Was jetzt zu tun ist:
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