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Domain-Registrare haften nicht wie Host-Provider

1.12.2015 | Medien- und Wirtschaftsrecht

Sachverhalt: Domain-Registrar wird wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung auf einer von ihm registrierten Domain auf Unterlassung in Anspruch genommen

Auf einer Webseite, deren Domain-Registrar die Antragsgegnerin ist, erschien ein Beitrag, der Äußerungen über die Antragstellerin enthält.

Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin daraufhin ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Da die Antragsgegnerin eine solche nicht abgab, beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragstellerin dahingehend, dieser zu untersagen, auf der von ihr gehosteten Internet-Seite den die Antragstellerin betreffenden Beitrag zum Abruf bereitzuhalten oder auf ihn zu verlinken oder die dort enthaltenen Behauptungen und Schmähkritiken zu verbreiten oder zugänglich zu machen.

Das Landgericht Frankfurt a. M. wies den Antrag auf Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung zurück, da die Antragsgegnerin nicht als Host Provider auf Unterlassung hafte.

Entscheidung: Keine Haftung des Domain-Registrars für Persönlichkeitsrechtsverletzungen in einer von ihr registrierten und verwalteten Domain

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde zwar als zulässig erachtet, sie jedoch als unbegründet erachtet und sich damit der Meinung des Landgerichts angeschlossen.

Das OLG führt dazu zunächst aus, das Landgericht habe zu Recht eine Haftung der Antragsgegnerin auf Unterlassung des Bereithaltens, Verlinkens, Verbreitens oder Zugänglichmachung der angegriffenen Äußerungen in der von ihr registrierten und verwalteten Domain verneint.

Darüber hinaus seien die vom BGH aufgestellten Regelungen zur Störerhaftung des Host-providers auf den Domain-Registrar nicht uneingeschränkt übertragbar. Dies folge insbesondere daraus, dass eine Gleichsetzung beider nicht dem vom BGH aufgestellten Kriterium der „Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung“ genüge.

Die Domain-Registrare seien zwar technische Registrierungsstellen, die durch eine Registrierung und Zuweisung der Domain zwar in adäquat kausaler Weise dazu beitragen können, dass der Registrant und die Besucher der jeweiligen Domain mithilfe dieser Domain Persönlichkeitsrechtsverletzungen begehen können, an der Speicherung der Information und dem eigentlichen Übermittlungsvorgang der Daten sei der Domain-Registrar jedoch nicht beteiligt.

Darüber hinaus sei es den Domain-Registraren im Gegensatz zu einem Host-Provider auch nicht möglich, einzelne (persönlichkeitsrechtsverletzende) Inhalte einer Internetseite selektiv zu sperren oder zu löschen. Vielmehr kann der Domain-Registrar eine Rechtsverletzung nur durch vollständige Dekonnektierung der Domain unterbinden. Diese Dekonnektierung führe allerdings dazu, dass dann sämtliche Dienste nicht mehr verfügbar seien.

Schließlich seien die Registrare als rein technische Registrierungsstelle nicht ohne Weiteres in der Lage, zu beurteilen, ob Rechtsverstöße vorlägen. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn schwierige rechtliche Wertungen vorzunehmen und komplexe Abwägungen vorzunehmen sind, was bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen regelmäßig der Fall sei.

Folglich könnten nach Ansicht des OLG den Domain-Registrar nur eingeschränkte Prüfpflichten treffen. Eine Handlungspflicht sei schließlich nur dann ausgelöst, wenn die Verletzung von Persönlichkeitsrechten Dritter offenkundig und unschwer feststellbar sei. Vorliegend seien diese Voraussetzungen indes nicht erfüllt.

Im Übrigen sei der Domain-Registrar nach Funktion und Aufgabenstellung eher mit dem Zugangsprovider (Access-Provider) vergleichbar als mit dem Host-Provider.

Fazit: Störerhaftung des Host-Providers nach den Grundsätzen des BGH nicht auf Domain-Registrare übertragbar

Das OLG hat in seiner Entscheidung eine Differenzierung der Grundsätze der Störerhaftung des BGH vorgenommen. Insbesondere hat es eine klare Abgrenzung zwischen Domain-Registraren und Host-Providern getroffen und entscheidend auf die technischen und administrativen Eigenschaften abgestellt. Insoweit führt die Entscheidung zu mehr Rechtssicherheit im IT-Recht und führt zu einer Präzisierung der Rechtsprechung in diesem Bereich.


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