Strafbarkeit von „Swatting“
Trollen eines Streamers oder eines Prominenten strafbar?
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Ist Swatting strafbar? Strafbar, andere Personen bei der Polizei anzuschwärzen? Strafe wegen unberechtigtem Absetzen eines Notrufs? Tod durch Swatting – Mord?
Montanablack, EliasN97, Drachenlord, Tanzverbot, Rihanna, Justin Bieber, Anni The Duck, ishowspeed, Adin Ross und xQc.
Was haben all diese Persönlichkeiten gemeinsam?
Sie sind alle sehr bekannte und einflussreiche Prominenten oder Streaming-Persönlichkeiten in Deutschland bzw. international. Aber auch etwas anderes verbindet diese Persönlichkeiten. Sie wurden nämlich allesamt mindestens einmal Opfer des sog. „Swattings“.
Welche rechtlichen Auswirkungen hat ein Swatting? Kann derjenige, der das Swatting verursacht hat, bestraft werden?
Was ist Swatting?
Das Wort „Swatting“ besteht aus der US-amerikanischen Spezialeinheit „SWAT“ (In Deutschland vergleichbar mit der SEK).
Es beinhaltet das vortäuschen von Gefahrsituationen und alarmieren von Notrufen, meistens während einer Live-Übertragung einer bekannten Persönlichkeit.
Beispielsweise wird ein Polizeinotruf getätigt mit Informationen über einen angeblich geplanten Bombenanschlag von den Prominenten (z.B. bei EliasN97), oder es wird die Feuerwehr wegen angeblichen Brand alarmiert (z.B. bei Drachenlord, Montanablack, Tanzverbot). In vielen Fällen treffen die Einsatzkräfte während des Streams in die Wohnungen der Betroffenen ein und durchsuchen die gesamte Wohnung. Teilweise werden auch die Anwohner verhaftet und in einem Fall kam es sogar zu einem Todesfall (2017 Wichita Swatting).
Vorwurf Swatting – was jetzt?
Sollten Sie eine Vorladung erhalten haben wegen Swatting, so empfiehlt es sich in erster Linie Ruhe zu bewahren, zunächst zum Tatvorwurf zu schweigen und sich so schnell wie möglich an einen Anwalt für Strafrecht zu wenden. Dieser wird Einsicht in die Ermittlungsakten beantragen, eine Verteidigungsstrategie erarbeiten und Sie über die nächsten Schritte informieren und beraten.
Insbesondere in den folgenden Situationen sind wir als Fachanwälte für Strafrecht für Sie da:
- Vorladung von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft mit dem Vorwurf Swatting
- Hausdurchsuchung durch die Ermittlungsbehörden
- Anklage der Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs Swatting
- Strafbefehl wegen Swatting
■ IM VIDEO ERKLÄRT:
Vorladung durch Polizei als Beschuldigter – Tipps vom Fachanwalt für Strafrecht
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Swatting strafbar wegen Missbrauchs von Notrufen § 145 StGB?
Die beim Swatting wohl meistens am ehesten verwirklichte Straftat ist die des § 145 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches (Kurz: StGB) – Missbrauch von Notrufen. Hierfür droht bis zu einem Jahr Gefängnisstrafe oder eine Geldstrafe, wenn man absichtlich oder wissentlich Notrufe oder Notzeichen missbraucht.
Eine Strafe droht also, wenn durch das Swatting ein „Notruf oder Notzeichen missbraucht“ wurde.
„Notruf und Notzeichen“ sind akustisch oder optisch Wahrnehmbare Beurkundungen, also Gesten, Verbale Äußerungen, Laute, welche darauf hindeuten, dass eine Hilfslage oder Notlage vorliegt. Also sind auch Notrufe an Polizei oder Feuerwehr hiervon erfasst.
Wichtig ist jedoch, dass eine durchaus bedrohliche Notsituation geschildert wird. Das melden von kleinen Streitigkeiten im Haus des Streamers wird also wohl nicht als Notlage eingestuft.
„Missbraucht“ wird dann ein Notruf oder Notzeichen, wenn keine Notsituation vorliegt und trotzdem ein Notruf oder ein Notzeichen gesetzt wird.
Man muss das Missbrauchen vom Notruf oder Notzeichen „absichtlich oder wissentlich“ gemacht haben. Absicht ist die stärkste Vorsatzform. Dabei muss der Täter zielgerichtet den Missbrauch des Notrufs gewollt haben. Dass dabei die Verärgerung des Streamers als Endziel bestimmt ist und der Notrufmissbrauch nur ein Zwischenziel darstellt ist für die Annahme, dass man absichtlich gehandelt hat egal.
Es reicht aber auch aus, dass der Täter die Möglichkeit sah, dass jemand den Notruf wahrnimmt oder ernst nimmt.
Strafbar wegen Tötung durch Swatting?
Kann man in Todesfällen durch Swatting wegen Mord nach § 211 StGB, wegen Totschlags nach § 212 StGB oder wegen fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB bestraft werden?
Was sich sehr realitätsfern anhört ist tatsächlich einer Person in der US-Stadt Wichita in Kansas im Jahr 2017 widerfahren.
Dort stritten sich zwei Personen: Viner und Gaskill im Spiel „Call of Duty: WWII“. Viner drohte dabei Gaskill ihn zu „swatten“. Gaskill gab daraufhin Viner eine falsche Adresse. Viner setzte dann seine Drohung in die Tat um, indem er eine andere Person, namens Barriss bat einen Notruf in der angeblichen Adresse von Gaskill abzusetzen. Die Polizei in Wichita wurde dann alarmiert. Dabei behauptete Barriss, seine Familie werde als Geiseln in der falschen Adresse von Gaskill festgehalten, einer wäre bereits schon erschossen worden. In dieser falschen Adresse wohnte jedoch ein völlig Unbeteiligter namens Finch. Dieser wurde von einen der Polizeikräfte beim Verlassen seiner Wohnung erschossen.
Bei Todesfällen kommt es hinsichtlich der drohenden Strafe vor allem drauf an, ob man den Tod des Streamers oder Prominenten gewollt hat und eventuell sogar besondere Mordmerkmale verwirklicht (z.B. Mordlust).
Kann Swatting Mord sein?
Sollte beides der Fall sein, also Vorsatz + Mordmerkmal dann kann eine Bestrafung wegen Mordes § 211 StGB im Raum stehen. Der Swatter muss mindestens eines der in § 211 StGB aufgelisteten Merkmale verwirklicht haben. Diese sind u.a. Mordlust, Heimtücke oder niedere Beweggründe. Meistens wird der Anrufende den Notruf aus Langeweile, Unterhaltung oder sogar aus Rache an den Streamer/Prominenten gehabt haben. Diese können gegebenenfalls unter niederen Beweggründen einzustufen sein, mit der Folge, dass dann der Vorwurf Mord und eine lebenslange Freiheitsstrafe im Raum steht.
Eine Strafe wegen Totschlags oder Mord setzt zudem voraus, dass der Swatter auch mit Vorsatz hinsichtlich der Tötung eines anderen Menschen gehandelt hat. Es reicht dabei sogar aus, dass er den Tod „nur“ billigend in Kauf nahm. Also wenn er gedacht hat „und wenn schon“ (stark vereinfacht ausgedrückt).
Strafe wegen Totschlags durch Swatting?
Sollte Vorsatz vorliegen aber kein Mordmerkmal, steht dennoch eine Strafbarkeit im Raum. Hier droht eine Bestrafung wegen Totschlags. Die Strafe für Totschlag ist eine Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren (§ 212 Abs.1 StGB).
Swatting als strafbare fahrlässige Tötung?
Sollte weder eine vorsätzliche Tötung noch mindestens ein Mordmerkmal bejaht werden können, droht gegebenenfalls trotzdem eine Bestrafung wegen fahrlässiger Tötung. Wichtig: der Swatter muss fahrlässig gehandelt haben. Also muss man zwar nicht den Tod gewollt, aber trotzdem fahrlässig gehandelt haben (es muss vorhersehbar und vermeidbar gewesen sein, dass eine Person durch das Swatting im konkreten Fall zu Tode kommen kann). Fahrlässige Tötung wird gem. § 222 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe bestraft.
Beim Wichita-Fall oben hätte Barriss realisieren können, dass bei einem Notruf über Geiselnahme, worauf er explizit auf die Tötung von einer Geisel hinwies, auch zum Schusswechsel kommen kann. Im Fall von Barriss wurde dieser wegen fahrlässiger Tötung bestraft.
Kann man für die Tötung durch die Einsatzkräfte als Swatter zur Verantwortung gezogen werden?
Jetzt schwirrt bei dem einen oder anderen wohl eine berechtigte Frage: Moment! Der Swatter selbst tötet doch nicht den Streamer. Es sind doch wahrscheinlich eher die Einsatzkräfte vor Ort, welche die Tötungshandlung begehen werden. Kann der Swatter auch wegen Tötung dann bestraft werden?
Ja tatsächlich gibt es den Fall der sogenannten mittelbaren Täterschaft nach § 25 Abs. 1, Alternative 2 StGB. Nach dieser Figur kann auch jemand die Straftat „durch einen anderen“ begehen. Bildlich gesprochen, kann man sich den Swatter in dieser Konstellation als eine Art Puppenspieler hinter Bühne vorstellen, der die ahnungslosen Einsatzkräfte vor Ort als Werkzeug bzw. Puppen benutzt.
Damit die Einsatzkräfte lediglich Werkzeug des Swatters sind, muss der Swatter eine überlegene Stellung innehaben. Das wird meistens der Fall sein. Zwar sind die Einsatzkräfte geschult um zu analysieren ob überhaupt eine Notlage vorliegt, jedoch wird der Anrufer meistens eine Extremsituation schildern zB. Geiselnahme, Bombenanschlag etc., welches ein sehr schnelles und effizientes Vorgehen bedarf daher können selbst erfahrene Einsatzkräfte aufgrund der hoch bedrohlichen Lage getäuscht werden.
Strafe bei Swatting wegen Verursachen eines psychischen Traumas beim Streamer?
Einige Streamer beklagen nach dem Swatting, dass sie nach einer solchen Stresssituation psychisch traumatisiert sind.
Kann die Zufügung eines psychischen Schadens eine Körperverletzung nach § 223 StGB darstellen?
Im Gesetz steht dazu: „Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ (§ 223 Abs.1 StGB).
Doch kann eine Verletzung der Psyche eine Körperverletzung sein? Das ist ein Knackpunkt, den es in dieser Hinsicht beim Vorwurf Körperverletzung durch Swatting besonders zu betrachten gilt.
Ausschließlich psychische Eindrücke sind noch keine Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB. Eine Strafe wegen Körperverletzung ist – so der BGH – in solchen Konstellationen erst möglich, „wenn die psychischen Einwirkungen den Geschädigten in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand versetzt hätten“ (BGH, Urteil v. 09.10.2002 – 5 StR 41/02 in JuS 2003, 503 m.w.N.). Ob bei Herbeiführen einer posttraumatischen Belastungsstörung unter diesen Voraussetzungen eine Körperverletzung bejaht werden kann, lässt der BGH in dieser Entscheidung aber offen.
Jahre später entscheidet der BGH zudem, dass beispielsweise nicht nach außen in Erscheinung tretende Angstzustände („latente Angstzustände“) keine Körperverletzung in Gestalt einer Körperverletzung darstellen (BGH, Beschluss v. 18.07.2013 – 4 StR 168/13 in NJW 2013, 3383 m.w.N. auf Senat, NStZ 1997, 123).
Das bedeutet alles in allem nicht, dass im Falle von Verursachen psychischen Belastungen nie eine strafbare Körperverletzung vorliegen kann, die Hürden sind aber recht hoch. Gerade hier muss der konkrete Einzelfall genau betrachtet und rechtlich geprüft werden. Gerade hier – in derartigen Konstellationen, bei derartigen Vorwürfen – empfiehlt sich entsprechend, sich anwaltliche Unterstützung von einem spezialisierten und erfahrenen Anwalt für Strafrecht zu suchen, der die einschlägige Rechtsprechung kennt und auf dieser Grundlage eine Verteidigungsstrategie erarbeiten kann.
Strafbar wegen falscher Verdächtigung durch Swatting?
Wenn jemand eine andere Person die rein gar nichts gemacht hat bei Polizei und anderen Behörden meldet, dass diese eine Straftat erfüllt haben soll, dann kann dies als falsche Verdächtigung nach § 164 StGB strafbar sein.
Der Betroffene muss dann aber durch den Swatter einer Straftat bezichtigt werden. Der Swatter muss dann z.B. die Polizei angerufen haben und gemeldet haben, dass der Streamer Geiseln hat, Bombenanschläge plant oder mit Waffen um sich schießt etc.
Für falsche Verdächtigung durch Swatting kann dann eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe verhängt werden.
Durch das Swatting wurde Personen nicht geholfen, die zu der Zeit auch Hilfe brauchten aber durch einen größeren Einsatz keine Hilfe erhielten. Strafbar?
Man könnte auch auf andere hilfsbedürftige Personen abstellen und fragen: Was ist mit denen die wirkliche Hilfe benötigten? Einigen wurde vielleicht nicht schnell genug geholfen, weil Einsatzkräfte nun ihre Zeit „verschwendet“ haben mit einem Fehlalarm. Reicht dies auch für eine Strafe aus?
Es könnte in derartigen Konstellationen tatsächlich eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB und nach fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 229 StGB in Betracht kommen.
Entscheidend ist, ob eine nachweisliche Verbindung besteht zwischen den abgelenkten Einsatzkräften aufgrund des Fehlalarms und einer Verletzung oder gar Tod einer anderen Person aufgrund fehlender Einsatzkräfte. Ob diese Verbindung besteht und auch nachgewiesen werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls.
Bei einer fahrlässigen Körperverletzung kann es Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre oder Geldstrafe verhängt werden.
Kann Swatting auch strafbar sein, wenn die Einsatzkräfte den Anruf nicht ernst nehmen?
Swatting kann grundsätzlich auch dann strafbar sein, wenn die Einsatzkräfte den Anruf nicht ernst nehmen (inwiefern diese Konstellation realistisch ist, sei an dieser Stelle einmal dahingestellt). Bei einigen Delikten ist nämlich auch der bloße Versuch der Begehung der Straftat strafbar.
Ein versuchter Missbrauch von Notrufen, eine versuchte falsche Verdächtigung, eine versuchte fahrlässige Tötung oder fahrlässige Körperverletzung sind aber straflos.
Jedoch könnte in einigen Fällen ein versuchter Mord, ein versuchter Totschlag oder eine versuchte Körperverletzung alle in mittelbarer Täterschaft in Betracht kommen. Maßgeblich, ob diese Vorwürfe tatsächlich in Betracht kommen und erhoben werden können, ist wie immer eine Frage des konkreten Einzelfalls.
Ihr erfahrener und spezialisierter Anwalt für Strafrecht wird in Ihrem Fall alle in Betracht kommenden Vorwürfe rechtlich prüfen und auf dieser Grundlage eine Verteidigungsstrategie erarbeiten.
Fazit: Ist Swatting strafbar – Ihr Anwalt für Strafrecht beim Vorwurf Swatting
Um die eingängliche Frage zu beantworten: Ja, ein als Spaß gemeinter „Prank-Call“ in Form eines Swattings kann ernsthafte strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Es kann auch sein, dass neue Gesetze konkret für den Fall des Swattings in der Zukunft verabschiedet werden, welche dann zu den oben relevanten Strafen dazu kommen.
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