Abwerben von Mitarbeitern –
wann ist dies wettbewerbswidrig bzw. unzulässig?

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Ein Beitrag zur Frage, was im Rahmen der Mitarbeiterrekrutierung verboten ist.

In der freien Marktwirtschaft zwingt der Kampf um besonders qualifizierte Mitarbeiter/innen viele Unternehmen dazu, immer aggressivere Personalrekrutierungen bzw. Abwerbungsversuche zu starten: Von Start-Ups, über mittelständische Unternehmen und bis hin zu etablierten Großunternehmen engagieren sie dann häufig Headhunter oder Personalberater, die potentielle Mitarbeiter mittels „Active Sourcing“ akquirieren sollen. In einigen Fällen werden sie auch selbst tätig und versuchen, den Mitarbeiter für sich zu gewinnen.

Was auf den ersten Blick wettbewerbsrechtlich gesehen zwar bedenklich erscheint, ist jedoch grundsätzlich erlaubt, da es kaum andere Methoden gibt, besonders qualifizierte Mitarbeiter/innen zu gewinnen.

Doch welche Grenzen gilt es zu beachten, um nicht doch wettbewerbswidrig zu handeln? Welche Rolle spielt das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG)? Und wie kann ich mich als Arbeitgeber gegen rechtswidriges Abwerben schützen? All das wollen wir in diesem Beitrag klären.

Recruiting bei Konkurrenzunternehmen ist grundsätzlich erlaubt

Recruiting kann auf verschiedene Arten praktiziert werden: Entweder bemüht sich ein Unternehmen selbst um neue Mitarbeiter oder engagiert Headhunter bzw. Personalberater. Entscheidet man sich für einen Personalberater, werden suchende Arbeitnehmer mit suchenden Arbeitgebern zusammengeführt. Wenn man allerdings eine bestimmte Person in seinem Unternehmen anstellen will, wird oft auf Headhunter zurückgegriffen. Sie sind im Direct Search, auch „Kaltakquise“ genannt, aktiv und sprechen potentielle Mitarbeiter/innen an, die selbst nicht auf der Suche nach einer neuen Anstellung sind.

Egal, für welche Methode sich das abwerbende Unternehmen entscheidet: Ein Arbeitgeber hat kein Recht auf den Bestand seiner Mitarbeiter. Denn dieses Interesse würde u.U. dem Recht eines Arbeitnehmers auf freie Berufswahl und somit auch dem Recht auf freie Wahl des Arbeitgebers aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG zuwiderlaufen.

Worauf ein Arbeitgeber aber sehr wohl Anspruch hat, ist ein fairer und vor allem den lauterkeitsrechtlichen Vorschriften entsprechender Abwerbungsprozess.  Andernfalls drohen dem abwerbenden Unternehmen die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen, Schadensersatzansprüchen oder gar von Herausgabeansprüchen hinsichtlich des unlauter gewonnenen Profits.

§ 4 Nr. 4 UWG: Unlauterkeit des Abwerbens wegen gezielter Behinderung von Mitbewerbern durch Betriebsstörung

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) schützt neben Verbrauchern im Vertikalverhältnis vor allem Mitbewerber vor unlauteren Geschäftspraktiken ihrer Konkurrenten, mithin geht es um das Sicherstellen der Marktstellung von Mitbewerbern und um ihre Handlungsfreiheit auf dem Markt.

Das gezielte Abwerben an sich ist nach ständiger Rechtsprechung zwar zulässig (vgl. Spritzgussmaschine, BGH, Urteil vom 17.03.1961, Az.: I ZR 26/60; Bau-Chemie, BGH, Urteil vom 19.11.1965, Az.: Ib ZR 122/63; Ausspannen von Beschäftigten, OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.01.2001, Az.: 6 U 167/00); aber unzulässig bzw. sittenwidrig wird der Akt dann, wenn er den Tatbestand einer gezielten Behinderung gem. § 4 Nr. 4 UWG erfüllt.

§ 4 Nr. 4 UWG: „Unlauter handelt, wer Mitbewerber gezielt behindert.“

Allgemein fallen unter den Tatbestand einer gezielten Behinderung die verschiedensten Fallkonstellationen wie typischerweise das Abfangen und Abwerben von Kunden, das Aufkaufen von Konkurrenzware, das Löschen oder Überkleben von Werbung des Konkurrenzunternehmens und der Vertrieb von Produktnachahmungen.

Darüber hinaus fällt eben auch unter besonderen Umständen das Abwerben von Mitarbeitern in diese Kategorie.

Um nämlich als betroffenes Unternehmen Ansprüche aus dem Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG durchsetzen zu können, muss das abwerbende Konkurrenzunternehmen entweder verwerfliche Zwecke verfolgt haben oder/und verwerfliche Methoden angewendet haben (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2006, Az.: I ZR 73/02).

Doch welche Zwecke und welche zu deren Durchsetzung angewendeten Methoden sind als „verwerflich“ zu qualifizieren?

1. Abwerben zur Verfolgung unlauterer Ziele und Zwecke

Es gibt zwei Kategorien von verwerflichen Zwecken: Die Schädigung des Konkurrenzunternehmens als „Kampfmaßnahme“ auf der einen Seite und die Ausbeutung zu eigenen Zwecken auf der anderen.

a) Schädigung des Konkurrenzunternehmens

Das Feststellen eines verwerflichen Motivs, also eines subjektiven Aspekts, gestaltet sich weitaus schwieriger als es bei objektiv erkennbaren Methoden der Fall ist. Hinweise können die Anzahl der abgeworbenen Mitarbeiter sowie ihre Position beim ursprünglichen Arbeitgeber, folglich auch ihr Know-How über das Unternehmen, geben.

Jedoch kann keine pauschale Aussage, ab welcher Anzahl an abgeworbenen Mitarbeitern eine ernsthafte Geschäftsschädigung i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG vorliegt, getroffen werden (vgl. Ohly in Ohly/Sosnitza, Kommentar zum UWG, 7. Auflage 2016, § 4 Nr. 4 UWG, Rn. 4.24).

Es müsste stets eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden, in welche Faktoren wie etwa die Größe des Unternehmens und die Wettbewerbsfähigkeit vor und nach dem Abwerben einfließen (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 19.04.2012, Az.: 1 U 98/07).

Dafür ist es unvermeidlich, auch zu prüfen, ob das Aushöhlen des Unternehmens das Ziel war, indem bspw. gezielt Schlüsselkräfte abgeworben wurden. Bei diesem Motiv kann im Übrigen u.U. bereits der Versuch Ansprüche aus dem UWG begründen. Schlüsselpositionen besetzen insbesondere Vorstandsmitglieder, ggf. Abteilungs- bzw. Dezernatsleiter oder auch Entwickler bzw. IT-Experten, die unentbehrlich für die Geschäfts- und Wettbewerbsfähigkeit sind.

Wenn ein Mitarbeiter abgeworben wird, ohne im abwerbenden Unternehmen seiner Fähigkeiten entsprechend eingesetzt zu werden, kann darin ebenfalls ein Hinweis auf pure Mitbewerberschädigung als Zielsetzung liegen.

Letztlich muss unter Berücksichtigung aller Umstände, die das Abwerben zum Zwecke der Schädigung hervorruft, eines klar erkennbar sein: Der Mitbewerber muss derart behindert werden, dass er in seiner Wettbewerbsfähigkeit gehemmt ist.

b) Ausbeutung zum Zwecke eigener Wettbewerbsförderung

Ausgebeutet wird i.d.R., indem diejenigen Mitarbeiter abgeworben werden, die besondere Kenntnisse über erprobte und erfolgreiche Betriebs- bzw. Vertriebsabläufe oder ähnliche interne Informationen haben und diese dann für den neuen Arbeitgeber zu dessen (Wettbewerbs-)Vorteil einsetzen.

Jene Informationen werden als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bezeichnet, die laut BVerfG grundsätzlich vom Grundrecht auf Berufsfreiheit mitgewährleistet sind (BVerfG, Beschluss vom 14.03.2006, Az.: 1 BvR 2087/03) und die die wirtschaftlich bedeutendsten Werte eines Unternehmens darstellen.

Im o.g. Beschluss definierte das BVerfG Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse als „(…) alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge (…), die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. (…)“. Betriebsgeheimnisse werden dabei als „technisches Wissen im weitesten Sinne“ und Geschäftsgeheimnisse als „vornehmlich kaufmännisches Wissen“ qualifiziert. Letztere werden seit Inkrafttreten des GeschGehG im April 2019 besonders geschützt und in § 2 Nr. 1 GeschGehG legaldefiniert:

„Im Sinne dieses Gesetzes ist ein Geschäftsgeheimnis eine Information,

    1. die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
    2. die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
    3. bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.“

Diese Tatbestandsmerkmale treffen bspw. auf Geschäftsbücher, Kunden-, Patienten-, Mandantenlisten, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und auch wirtschaftliche Verhältnisse wie die aktuelle Kreditwürdigkeit des Unternehmens zu.

Aber Achtung: Daneben sind nach ständiger BGH-Rechtsprechung Arbeitnehmer grundsätzlich frei, „redlich erworbene Betriebsgeheimnisse“, für den neuen Arbeitgeber einzusetzen (vgl. Industrieböden, BGH, Urteil vom 21.12.1962, Az.: I ZR 47/61). Zur Erinnerung: Bei Betriebsgeheimnissen handelt es sich in Abgrenzung zu Geschäftsgeheimnissen in erster Linie um technisches Wissen.

Doch was sind „redlich erworbene Betriebsgeheimnisse“ und welche Rolle spielen sie bei der Durchsetzung von lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen?

Stellt die Verwertung redlich erworbener Betriebsgeheimnisse durch abgeworbene Mitarbeiter eine Ausnahme vom Verbot der Ausbeutung eines Konkurrenzunternehmens gem. § 4 Nr. 4 UWG dar?

Der BGH ging in seinem Urteil „Spritzgießwerkzeuge“ vom 03.05.2001 (Az.: I ZR 153/99) davon aus, dass redlich erworbene Betriebsgeheimnisse den im betroffenen Unternehmen im Zuge der Arbeitstätigkeit erworbenen beruflichen Kenntnissen bzw. Erfahrungswerten entsprechen. Letztere seien schlicht zu schwer von Geheimnissen zu unterscheiden, sodass bei Auslegung des § 17 UWG (Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen) dem Arbeitnehmer ein Recht auf Verwertung seiner beruflichen Kenntnisse erwachse, das bei Anwendung von § 1 UWG, also dem Zweck des UWG als Vorschriftenkatalog zum Schutz des lauteren Wettbewerbs und dessen Teilnehmer, und einer Nachwirkung der arbeitsvertraglichen Treuepflicht nicht „verkümmern“ dürfe (vgl. Industrieböden, BGH, Urteil vom 21.12.1962, Az.: I ZR 47/61).

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