Vermögenseinziehung im Strafverfahren

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Bei der Begehung einer (oder mehrerer) Straftaten drohen nicht „nur“ Geldstrafen oder Freiheitsstrafen. Weitere Folgen, die den Betroffenen zum Teil genauso hart oder noch härter treffen als eine Geld- oder Freiheitsstrafe, stehen im Rahmen von Strafverfahren ebenso im Raum. Auch Personen, die selbst keine Straftat begangen haben, können von manchen dieser Folgen betroffen sein.

Hierzu gehört beispielsweise die Vermögenseinziehung, die neben aber auch unter Umständen unabhängig von einer Verurteilung im Strafverfahren drohen kann.

Was ist Vermögenseinziehung im Strafverfahren? 

Der Hintergedanke der Vermögenseinziehung ist der Grundsatz, dass die Begehung von Straftaten sich finanziell nicht lohnen soll, sich nicht lohnen darf.

Ansonsten gäbe es in gewisser Weise nicht genügend abschreckende Wirkung, die für eine geringere Delinquenz sorgen soll. Würde man trotz einer Verurteilung wegen der Begehung einer Straftat, beispielsweise eines Betruges, im Ergebnis mit einem finanziellen „Plus“ aus dem Verfahren herausgehen, dann wäre für eine Vielzahl der Betroffenen der Anreiz, nun deshalb in Zukunft keine solchen Delikte mehr zu begehen, vermutlich deutlich geringer oder möglicherweise gar nicht existent.

Das soll nicht sein. Ein Grund dafür, dass der Staat straft, ist die abschreckende Wirkung.

Diese Wirkung würde ohne eine Vermögenseinziehung möglicherweise verfehlt.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet die Vermögenseinziehung also, dass dem Betroffenen dasjenige weggenommen wird, was er durch eine Straftat erlangt hat. Zusätzlich sollen Mittel, die zur Begehung von Straftaten eingesetzt wurden, „weggenommen“ werden.

Welche Vermögenswerte können im Strafverfahren eingezogen werden?

Die Vermögenseinziehung geht sogar so weit, dass nicht nur das unmittelbar und konkret das Eine durch die Tat Erlangte eingezogen wird, sondern auch dasjenige, dass dieses wertmäßig ersetzt. Solange der Betroffene durch eine Straftat bereichert ist, soll dieser Zustand nicht hingenommen werden und eine Vermögenseinziehung angeordnet werden.

Gem. § 73c StGB kann die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet werden. In diesem Fall wird der Tatertrag nicht „weggenommen“; vielmehr ist dann der staatliche Anspruch auf Geldzahlung gerichtet.

Der Betroffene kann sich der Vermögenseinziehung daher nicht dadurch entziehen, dass er beispielsweise das Diebesgut weiterverkauft und der Käufer nicht ermittelt werden kann. In diesem Beispiel ist nämlich sein Vermögen weiterhin gemehrt, nämlich in Gestalt des Kaufpreises, welchen er im Gegenzug erhalten hat. Demnach kann grundsätzlich der Ersatz des Wertes eingezogen werden.

Das „Bruttoprinzip“ der Vermögensabschöpfung

Nur in begrenzten Fällen unter vergleichsweise engen Bedingungen werden getätigte Aufwendungen in diesem Zusammenhang berücksichtigt und im Rahmen des Wertersatzes abgezogen. Aufwendungen sind freiwillig erbrachte Vermögensopfer bzw. Leistungen. Der Gesetzgeber hat sich indes grundsätzlich für das sog. „Bruttoprinzip“ entschieden.

Gem. § 73d Abs.1 S.2 StGB werden solche Aufwendungen nicht mindernd berücksichtigt, die „für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist“. Eine Ausnahme hiervon stellen solche Aufwendungen dar, die „zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat“ getätigt wurden. Damit ist die Erfüllung eines Vertrages gemeint. In der Folge ist der Anwendungsbereich dieser Regelung wohl recht gering. Denkbar ist die Anwendbarkeit wohl insbesondere in Betrugsfällen.

Auch hierhinter steckt wieder der Grundsatz, dass die Begehung von Straftaten sich nicht finanziell lohnen darf. Würden Aufwendungen von dem Anspruch auf Wertersatz abgezogen werden, die gerade zur Begehung der Straftat getätigt wurden oder in diesem Zusammenhang stehen, so würde dies dem Sinn und Zweck der Einziehung zuwiderlaufen.

Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten (§ 74 StGB)

Es kann jedoch nicht immer nur dasjenige eingezogen werden, das durch die Begehung einer Straftat erlangt wurde. In gewissem Umfang unterliegen auch Tatprodukte, Tatmittel und Tatobjekte der Einziehung.

 

Tatprodukte sind dabei solche „Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht“ wurden (§ 74 Abs.1 Alt.1 StGB).

Tatmittel sind Gegenstände, die zur Vorbereitung oder Begehung einer vorsätzlichen Tat genutzt wurden oder hierzu bestimmt waren (§ 74 Abs.1 Alt.2 StGB).

Tatobjekte sind wiederum „Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht“ (§ 74 Abs.2 StGB).

 

Eine Einziehung von Tatobjekten ist allerdings gem. § 74 Abs.2 StGB nur und nach „Maßgabe besonderer Vorschriften“ (z.B. gem. § 150 StGB bei den dort umfassten Straftaten in Bezug auf Falschgeld) möglich.

Eine besondere Einschränkung der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten besteht darin, dass sie nur dann möglich ist, wenn der einzuziehende Gegenstand im Eigentum des Täters oder Teilnehmers steht (und zwar im Zeitpunkt der Entscheidung über die Einziehung).

Handelt es sich bei dem einzuziehenden Vermögenswert um ein Recht, so muss dieses dem Täter oder Teilnehmer zustehen.

Ein weiterer Unterschied bei der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten im Vergleich zur Einziehung von Taterträgen ist gem. § 74 StGB, dass hier die Einziehungsanordnung nicht zwingend erfolgen muss, sondern vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts steht. Hier sind demnach insbesondere Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte durch das Gericht zu beachten (Ist die Anordnung der Einziehung dieses Tatmittels im vorliegenden Fall verhältnismäßig?). Hier kann insbesondere der Wert des einzuziehenden Gegenstandes eine Rolle spielen.

Droht eine Einziehung auch dann, wenn ich gar keine Straftat begangen habe?

Ja. Der Gedanke, dass deliktische Vermögenswerte nicht verbleiben sollen, schlägt so weit durch, dass auch Personen, die selbst gar keine Straftat begangen haben, den deliktischen Vermögenswert herausgeben müssen.

Schließlich ist auch beispielsweise die Konstellation denkbar, dass eine Straftat gezielt für eine andere Person begangen wurde.

Besonders relevant ist diese Einziehung bei Dritten (sog. Einziehungsbeteiligung) wohl im Bereich des Unternehmensstrafrechts. Begeht der Geschäftsführer einer GmbH beispielsweise eine Steuerhinterziehung zugunsten der GmbH oder macht er sich zugunsten der GmbH wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB strafbar, so hat sich zwar nicht die GmbH strafbar gemacht (sondern der Geschäftsführer), die GmbH hat aber etwas aus der Straftat (des Geschäftsführers) erlangt (z.B. die hinterzogenen Steuern).

Auch hier greift dann der Gedanke, dass Vermögenswerte aus Straftaten nicht bei ihrem Inhaber verbleiben sollen. Gerade in Konstellationen wie in der soeben geschilderten greift der Gedanke, dass „Straftaten sich finanziell nicht lohnen dürfen“ umso mehr durch, da hier naturgemäß (und beabsichtigt) nicht dem Täter selbst, sondern einem Dritten (der GmbH) die Begehung einer Straftat finanziell zugute kommt.

In diesem Fall zum Beispiel kann der durch die Straftat eines anderen erlangte Vermögenswert auch bei einem Dritten („Unschuldigen“) eingezogen werden.

Wann droht eine Einziehung von Vermögenswerten, obwohl man keine Straftat begangen hat?

Die Einziehung von Taterträgen, Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei anderen als einem Täter oder Teilnehmer einer Straftat, droht nur in bestimmten Fällen. Stets liegt den einschlägigen Regelungen der Gedanke zugrunde, dass Straftaten sich finanziell nicht lohnen dürfen.

Zu differenzieren ist zunächst zwischen der Einziehung von Taterträgen und der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten.

Einziehung von Taterträgen bei einem anderen als dem Straftäter (§ 73b StGB)

Eine Einziehung von Taterträgen bei einer anderen Person als der Person, die eine Straftat begangen hat, ist gem. § 73b StGB grundsätzlich möglich, wenn …

  1. Der Täter oder Teilnehmer der Straftat für den Dritten gehandelt hat un der Dritte aus dieser Tat heraus etwas erlangt hat. (hier kann das eben genannte GmbH-Beispiel eingeordnet werden)

ODER

  1. Der Dritte den erlangten Vermögenswert unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund (beispielsweise wenn der entsprechende Kaufvertrag nichtig ist) erlangt hat

ODER

  1. Dem Dritten das aus der Tat erlangte übertragen wurde und er mindestens „hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt“ (§ 73b Abs.1 Nr.2 lit.b)

ODER

  1. Der Dritte das Erlangte geerbt hat

ODER

  1. Dem Dritten das Erlangte „als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist“ (§ 73b Abs.1 Nr.3 lit.b) (das betrifft auch die Konstellation eines Erbfalles).

 

Wo es einen Grundsatz gibt, gibt es auch Ausnahmen. Die Fälle 2 bis 5 greifen nämlich dann nicht ein, wenn der Dritte den Vermögenswert seinerseits nicht unmittelbar vom Täter oder Teilnehmer der Straftat erlangt hat, sondern zuvor einem anderen Dritten der Tatertrag entgeltlich und mit Rechtsgrund übertragen wurde und dieser Dritte, nicht erkannte und auch nicht hätte erkennen müssen, dass der Vermögenswert aus einer rechtswidrigen Tat stammt (§ 73b Abs. 1 S.2 StGB).

Gem. § 73b Abs.3 StGB kann auch das eingezogen werden, was durch die Veräußerung des Tatertrages oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Einziehung oder „auf Grund eines erlangten Rechts“ erworben wurde (§ 73b Abs.3 Nr.1 und Nr.2 StGB).

Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei anderen Personen als dem Straftäter (§§ 74 Abs.3, 74a StGB)

Die Einziehung bei Dritten in Bezug auf Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten ist noch weiter eingeschränkt. Hier muss gem. § 74a StGB zum Einen auf diese Vorschrift verwiesen werden und zum anderen muss derjenige, dem die Sache zusteht …

  1. „mindestens leichtfertig dazu beigetragen [haben], dass sie als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen sind“ (§ 74a Nr.1 StGB)

ODER

  1. Der Dritte den in Frage stehenden Gegenstand in verwerflicher Weise und in der Kenntnis derjenigen Umstände, aufgrund derer eine Einziehung möglich wäre erworben hat. (§ 74a Nr.2 StGB)

Grundsätzlich ist eine Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten nämlich nur zu Lasten desjenigen möglich, dem sie im Zeitpunkt der Entscheidung über die Einziehung zustehen oder gehören (§ 74 Abs.3 S.1 StGB).

Günstig eine Rolex im Ausland gekauft – nun wird sie am Flughafen beschlagnahmt

In diesem Zusammenhang kann beispielhaft auch einmal an den Fall gedacht werden, dass man zu einem überraschend sehr günstigen Preis eine echte Rolex im Ausland kauft und dann am Flughafen mit einer Beschlagnahme eben dieser durch die Beamten konfrontiert ist.

Was hat es damit auf sich? In einem solchen Fall steht der Verdacht im Raum, dass es sich bei der Rolex um Diebesgut (z.B.) handelt (und es deshalb so günstig erworben werden konnte). Wird dieses dann – insbesondere in ein anderes Land – eingeführt (oder wird dies versucht), kann unter Umständen im Übrigen der Verdacht von Geldwäsche oder der Steuerhinterziehung im Raum stehen.

Hier muss gegebenenfalls der Einreisende nachweisen, dass er – beispielsweise – die Rolex nicht im Ausland erworben hat, sondern bereits mit dieser ins Ausland (außerhalb der EU) gereist ist.

Auch bei großen Mengen an Bargeld, die am Flughafen den Beamten auffallen, gerät der Erklärende unter Umständen in Erklärungspflicht.

Haben die Beamten den Verdacht, dass das Geld, die Rolex und so weiter aus einer Straftat herrühren, so droht eine Einziehung dieser Vermögenswerte. Bereits jetzt, noch vor einer Verurteilung droht die Anordnung von Vermögensarrest, also insbesondere deren Beschlagnahme am Flughafen. Wie die Regelungen zur selbstständigen und zur erweiterten Einziehung zeigen, muss schlussendlich zur Einziehung von Vermögen nicht einmal zwingend eine konkrete Straftat nachgewiesen werden.

» Nähere Informationen zu strafrechtlichen Risiken bei der Einreise mit Rolex & Co haben wir Ihnen hier zusammengestellt.

Können Einziehungsbeteiligte im Strafverfahren einen Anwalt für Strafrecht hinzuziehen?

Gem. § 427 Abs.1 StPO stehen dem Einziehungsbeteiligte dieselben Rechte wie einem Angeklagten zu.

In § 428 Abs.1 StPO wird noch ausdrücklich normiert, dass sich ein Einziehungsbeteiligter in jedem Verfahrensstadium anwaltlich vertreten lassen kann.

Da solche Fälle regelmäßig kompliziert sein können und zudem die Möglichkeit Rechtsmittel gegen ein Urteil einzulegen für Einziehungsbeteiligte eingeschränkt ist (vgl. § 431 StPO), empfiehlt es sich hier, sich an einen spezialisierten Anwalt für Strafrecht zu wenden.

Droht eine Einziehung auch dann, wenn ich z.B. die gestohlene Sache nicht mehr habe?

Ja. Wie bereits erläutert, beschränkt sich die Einziehung nicht zwingend auf genau den konkreten Vermögensgegenstand, der durch eine Straftat erlangt wurde, also beispielsweise das gestohlene Auto oder der durch Betrug erlangte Fernseher. Der staatliche Anspruch auf Vermögenseinziehung kann sich in einen Wertersatzanspruch umwandeln, wenn die Herausgabe des erlangten Etwas in Natur entweder von Vornherein nicht möglich war (z.B. hinterzogene Steuern) oder nun nicht mehr möglich ist. Der Anspruch wandelt sich in diesem Fall in einen Geldzahlungsanspruch um.

Zu beachten ist aber die besondere Situation, dass beispielsweise dem Opfer bereits die Sache wieder zurückgegeben wurde. Ist der Anspruch auf Rückgewähr der Sache oder auf Wertersatz erloschen, beispielsweise durch Erfüllung des Anspruchs (z.B. in Gestalt der Rückgabe), so ist die Einziehung des Tatertrages bzw. Wertersatzes ausgeschlossen (§ 73e Abs.1 S.1 StGB). Ausgeschlossen ist die Einziehung allerdings nicht, wenn der Anspruch auf Rückgewähr „nur“ aufgrund inzwischen eingetretener Verjährung erloschen ist.

Erweiterte Einziehung und Selbstständige Einziehung

Die Regelungen und Möglichkeiten, Vermögenswerte einzuziehen wird durch die Regelungen zur erweiterten Einziehung und denjenigen zur selbstständigen Einziehung noch einmal erweitert.

Die Anordnung der Einziehung muss sich nicht zwingend auf die konkrete Tat, wegen der ein Täter oder Teilnehmer an einer Straftat nun verurteilt bzw. strafrechtlich belangt wird beziehen. Hier kommt die sog. erweiterte Einziehung ins Spiel. Dies bedeutet vereinfacht ausgedrückt, dass eine Einziehung auch dann angeordnet werden kann, wenn sich in einem Strafverfahren herausstellt, dass ein Vermögenswert zwar nicht aus der in diesem Verfahren im Raum stehenden Straftat stammt, sondern aus einer anderen rechtswidrigen Tat (§ 73a Abs.1 StGB).

Die selbstständige Einziehung ist sogar unabhängig von irgendeiner konkreten Tat möglich. In § 76a Abs.4 StGB sind bestimmte Straftaten aufgezählt (Katalogstraftaten). Steht der Verdacht im Raum, ein Gegenstand stammt aus einer solchen Straftat, so kann dieser eingezogen werden, auch wenn eine strafrechtliche Verfolgung bzw. ein strafrechtliches Belangen des Betroffenen nicht möglich ist (beispielsweise weil die Tat bereits verjährt ist). Solche Straftaten sind zum Beispiel die Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Abs.1 StGB, Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte nach § 184b Abs.2 StGB oder Steuerhinterziehung nach § 370 Abs.3 Nr.5 der Abgabenordnung.

Welche Maßstäbe gelten für einen die erweiterte oder selbstständige Einziehung begründenden Verdacht?

Eine klare gesetzliche Regelung, wie und unter welchen Voraussetzungen das Gericht den Verdacht bejahen kann, der Einfallstor für eine selbstständige Einziehung oder eine erweiterte Einziehung ist, gibt es tatsächlich nicht.

Eine gesetzliche Regelung findet sich in § 437 StPO. Hiernach kann eine Anordnung einer selbstständigen Einziehung nach § 76a Abs.4 StPO insbesondere „auf ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert des Gegenstandes und den rechtmäßigen Einkünften des Betroffenen stützen.“ (§ 437 S.1 StPO). Auch „die sonstigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen“ können beispielsweise als Anlass genommen werden (§ 437 S. 2 Nr.3 StPO).

Unmittelbar gilt § 437 StPO zwar nur für die selbstständige Einziehung (§ 76a Abs. 4 StGB), kann aber auch als Anhaltspunkt bzw. Orientierung im Rahen der erweiterten Einziehung nach § 73a StGB genutzt werden (vgl. BGH, Urteil v. 14.10.2020 – 5 StR 165/20 in BeckRS 2020, 29246).

Bei der erweiterten Einziehung genügt es nicht, wenn das Gericht nur den Verdacht hat, der Gegenstand entstamme einer rechtswidrigen Tat. Eine Einziehungsanordnung ist hier nämlich nicht möglich, wenn Tatsachen im Raum stehen, aufgrund derer es möglich wäre, der Gegenstand sei legaler Herkunft und daher „vernünftige Zweifel an ihrer deliktischen Herkunft“ verbleiben (BGH, Urteil v. 14.10.2020 – 5 StR 165/20 in BeckRS 2020, 29246 m.w.N.).

Droht eine Einziehung auch dann, wenn die Tat bereits verjährt ist?

Ja. Das liegt daran, dass eine Einziehung zwar im Rahmen eines Strafverfahrens (wegen des Vorwurfs einer begangenen Straftat) angeordnet werden kann, dies aber nicht die einzige Situation ist, in der eine Einziehung angeordnet werden kann.

Dies zeigen insbesondere die Konstrukte der erweiterten Einziehung und der selbstständigen Einziehung. Die Vermögenseinziehung kann mit einem Strafverfahren verbunden sein, kann aber auch von einem solchen abgekoppelt stattfinden.

Damit kann eine Einziehung grundsätzlich auch dann noch stattfinden, wenn die Tat (aus der der Vermögenswert beispielsweise erlangt wurde) bereits verjährt ist (z.B. der Betrug nach 5 Jahren).

Verjährt der Anspruch auf Einziehung?

Ja. Gem. § 76b StGB verjähren die selbstständige Einziehung und die erweiterte Einziehung grundsätzlich binnen 30 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit Beendigung der rechtswidrigen Tat an zu laufen. Die selbstständige Einziehung und die erweiterte Einziehung verjähren allerdings nicht, wenn die Tat auf die sie sich beziehen Mord ist oder eine Straftat nach § 5 des Völkerstrafgesetzbuches ist.

Wie wird Vermögen im Strafverfahren eingezogen?

Die Einziehung wird grundsätzlich im Urteil angeordnet. Erfolgen kann die Anordnung der Einziehung aber insbesondere auch in einem Strafbefehl.

Wichtig ist hier insbesondere, dass die einzuziehenden Gegenstände deutlich bezeichnet sind, sodass sie klar identifiziert werden können (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 01.10.2019  3 StR 382/19 in BeckRS 2019, 28040 m.w.N.).

Zu beachten ist, dass bereits vor der Entscheidung der Vermögenseinziehung Maßnahmen zur Sicherung der Einziehung gegenüber dem von der Vermögenseinziehung Betroffenen verhängt werden können. Man spricht vom Vermögensarrest. Vermögensarrest droht bereits im Ermittlungsverfahren und dient der Sicherung der Durchsetzbarkeit der Vermögenseinziehung. Vermögensarrest kann beispielsweise in der Pfändung von Konten spürbar werden oder auch, indem bestimmte Gegenstände gepfändet werden. Geht es um die Sicherung der Tatmittel oder Taterträge selbst („in Natur“) so ist eine vorläufige Sicherung durch eine Beschlagnahme möglich (vgl. §§ 111b ff. StPO).

Die Einziehung wird grundsätzlich im Urteil oder – im Strafbefehlsverfahren – im Strafbefehl festgesetzt. Denkbar ist aber auch, dass die Einziehung nicht extra angeordnet wird, sondern durch einen Verzicht des Beschuldigten auf die Rückgabe der der Einziehung unterliegenden Sache herbeigeführt wird (vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 22.10.2019 – 1 StR 434/19 in NStZ 2020, 184 m.w.N.).

Vollstreckt wird die Einziehung dadurch, dass der entsprechende Vermögenswert dem Betroffenen weggenommen wird (§ 459g Abs.1 S.1 StPO).

Verwertet wird die Sache dann in der Regel durch eine öffentliche Versteigerung.

Wenn der Anspruch auf Einziehung auf eine Geldzahlung gerichtet ist (also beispielsweise, weil die Sache „in Natur“ nicht mehr herausgegeben werden kann oder wenn von Vornherein der Vermögenswert in Geld bestand), so wird dies wie eine Geldstrafe vollstreckt (§ 459g Abs.2 StPO). Es kann z.B. eine Pfändung von Gegenständen aber auch eine Kontopfändung drohen.

Bei der Einziehung von Geldforderungen wird diese nicht vollstreckt, soweit eine Vollstreckung unverhältnismäßig wäre und das Gericht dies anordnet (§ 459g Abs.5 S.1 StPO).

Zu beachten ist, dass – so das Amtsgericht Kehl – die Anforderungen an diese Unverhältnismäßigkeit nicht allzu niedrig anzusetzen sind (vgl. AG Kehl, Beschluss v. 12.07.2023 – 2 Cs 204 Js 20638/20 in BeckRS 2023, 17416).

Kann von einer Vermögenseinziehung ausnahmsweise abgesehen werden?

Obgleich materiellrechtlich (nach dem StGB) die Vermögenseinziehung zwingend vorgesehen ist, besteht die Möglichkeit für das Gericht (soweit die Staatsanwaltschaft dem zustimmt) und für die Staatsanwaltschaft (§ 421 Abs.3 StPO) von der Einziehung ausnahmsweise abzusehen (§ 421 StPO).

Das ist jedoch nur in bestimmten Fällen unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Gem. § 421 StPO ist ein solches Absehen von der Einziehung möglich, wenn …

  1. „das Erlangte [das eingezogen würde] nur einen geringen Wert hat“
  2. Die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln oder Tatobjekten bei Tätern oder Teilnehmern (§ 74 StGB) oder die Einziehung deren Werts (§ 74c StGB) in Beziehung zu der drohenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung kein besonderes Gewicht hat
  3. das Einziehungsverfahren unangemessen aufwendig wäre oder das Verfahren hinsichtlich der anderen Folgen (beispielsweise die Geld- oder Freiheitsstrafe) unangemessen behindern würde.

(§ 421 Abs.1 Nr. 1 bis 3 StPO)

 

Zu beachten ist allerdings, dass dieser Verzicht auf die Einziehung im Ermessen des Gerichts bzw. der Staatsanwaltschaft steht; also nicht automatisch geschieht, sobald die Voraussetzungen vorliegen. Selbst wenn alle Voraussetzungen vorliegen, ist es möglich, dass die Einziehung dennoch vorgenommen wird.

Ein Absehen von der Einziehung nach § 421 StPO kann in jedem Stadium des Strafverfahrens erfolgen, also auch bereits im Ermittlungsverfahren (als erster Abschnitt eines Strafverfahrens). Zu beachten ist allerdings, dass im weiteren Verfahren, in jedem Verfahrensabschnitt, das Gericht die Möglichkeit hat, die Einziehung wieder einzubeziehen (§ 421 Abs.2 S.1 StPO).

Droht eine Vermögenseinziehung auch in Jugendstrafverfahren?

Ja. Auch im Jugendstrafverfahren kann eine Einziehung drohen. Es gelten auch im Jugendstrafrecht grundsätzlich die Normen des Strafgesetzbuches. Im Jugendstrafverfahren wird das allgemeine (Erwachsenen-)Strafrecht also nur punktuell modifiziert.

Ob die Regelungen zur Vermögenseinziehung im Jugendstrafrecht Geltung finden können, war Gegenstand von Diskussionen, wobei gerade die Rechtsprechung wohl überwiegend zu dem Ergebnis kommt, dass eine Einziehung auch im Jugendstrafrecht stattfindet, soweit deren Voraussetzungen erfüllt sind. Der erzieherische Gedanke, der dem Jugendstrafrecht zu Grunde liegt, steht einer Geltung insofern nicht von Vornherein entgegen. Vgl. z.B. BGH, Beschluss v. 20.01.2021 – GSSt 2/20 in BeckRS 2021, 17905 m.w.N.

Vermögenseinziehung im Steuerstrafverfahren

Auch in Steuerstrafverfahren droht eine Einziehung von Vermögenswerten.

Im Steuerstrafverfahren gelten bestimmte Besonderheiten im Hinblick auf die Vermögenseinziehung.

Zusätzliche Sicherung der Vermögenseinziehung im Steuerstrafverfahren: Der dingliche Arrest

Zunächst einmal liegt eine Besonderheit im Steuerstrafverfahren, dass neben der Anordnung von Vermögensarrest zur Sicherung des Anspruchs auf Vermögenseinziehung, die Anordnung von dinglichem Arrest nach § 324 der Abgabenordnung (AO) durch die zuständige Finanzbehörde möglich ist.

» Nähere Informationen zum dinglichen Arrest haben wir Ihnen hier zusammengestellt.

Was kann bei einer Steuerhinterziehung eingezogen werden?

Nun kann man sich die Frage stellen, was genau denn eigentlich durch eine Steuerhinterziehung erlangt wird, was schlussendlich durch die Behörden wieder eingezogen werden kann. Die verkürzte Steuer? Das ist möglich (stRspr, vgl. z.B.  BGH, Urteil v. 11.07.2019 – 1 StR 620/18 in NJW 2019, 3012 m.w.N.), aber nicht unbedingt immer so. Zu beachten ist nämlich, dass es nicht (allein) der Umstand ist, eine Straftat begangen zu haben, der die Anordnung einer Vermögenseinziehung ermöglicht, sondern das Erlangen eines vermögenswerten Vorteils durch eine Straftat. Die Vermögenseinziehung ist insofern also etwas wirtschaftlicher zu betrachten. Erlangt der Täter durch die ersparten Steuern wirtschaftlich nichts, kann auch nichts eingezogen werden. Ein wirtschaftlicher Vorteil in diesem Sinne kann aber beispielsweise auch in einem „konkreten Vermarktungsvorteil“ liegen. Kein wirtschaftlicher Vorteil in diesem Sinne liegt allerdings allein der Umstand „offener Steuerschulden“ ( BGH, Urteil v. 11.07.2019 – 1 StR 620/18 in NJW 2019, 3012 – hier zur Tabaksteuerhinterziehung).

Im Falle der Steuerhehlerei kann die (zu versteuernde) Ware (z.B. Zigaretten) und der Erlös des folgenden Weiterverkaufs erlangt werden (vgl. BGH, Beschluss v. 04.07.2018 – 1 StR 244/18 in BeckRS 2018, 17999).

Steuerhinterziehung: Vermögenseinziehung zusätzlich zur Besteuerung?

Gerade beim Vorwurf einer Steuerhinterziehung ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht durch die Vermögenseinziehung und der Besteuerung der Täter nicht doppelt belastet werden darf (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss v. 23.01.1990 – 1 BvL 4/87 u.a. in NJW 1990, 1900).

Wie Sie sehen ist die Thematik der Vermögenseinziehung und der Einziehungsbeteiligung komplex. Neben juristischen Fachkenntnissen und einschlägiger Berufserfahrung bedarf es regelmäßig auch eines gewissen wirtschaftlichen Verständnisses. Daher empfiehlt es sich, sich an einen spezialisierten Anwalt für Strafrecht zu wenden. Dieser weiß, worauf es in Ihrem Fall ankommt und erkennt gegebenenfalls auch Feinheiten, die einen unter Umständen entscheidenden Unterschied machen können.

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