Steuerhinterziehung
und Strafverfolgung
Fachanwälte für Strafrecht beim Vorwurf der Steuerhinterziehung aus Berlin, München & Hamburg
Schnell zum Inhalt:
Die Steuerhinterziehung ist die häufigste Art der Tatbegehung im Steuerstrafrecht. Insbesondere in Abhängigkeit von dem Ausmaß der verkürzten Steuern oder erlangter Steuervorteile, der Dauer der Steuerhinterziehung, der Anzahl der beteiligten Personen und gegebenenfalls der beruflichen Stellung eines Angeklagten sind an den Tatbestand der Steuerhinterziehung verschiedene Strafrahmen im Steuerstrafrecht vorgesehen.
Im Sinne des § 370 I AO, dem Grundtatbestand der Steuerhinterziehung, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer entweder erreicht, dass Steuern nicht richtig (also nicht in voller Höhe) oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden oder ungerechtfertigte Steuervorteile (für sich oder eine dritte Person) erhält, indem er …
… unrichtige Angaben oder unvollständige Angaben gegenüber Behörden tätigt.
Eine Steuerhinterziehung kann sowohl durch (aktives) Tun, als auch durch Unterlassen tatbestandlich verwirklicht werden.
Strafbar durch aktives Tun macht sich insbesondere eine Person, die im Bezug auf steuerlich bedeutende Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber Finanz- oder anderen Behörden macht (§ 370 Abs.1 Nr.1 AO). Es handelt sich hierbei also um eine Täuschung gegenüber diesen Behörden.
Steuerlich erheblich sind im Sinne der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs.1 AO solche Tatsachen, die in Bezug zu dem Steueranspruch stehen, also solche die sich auf diesen auswirken können.
… es unterlässt, die Behörde über bestimmte Tatsachen in Kenntnis zu setzen.
Ebenso kommt eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung in Betracht, wenn der Täter „die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt“ (§ 370 Abs.1 Nr.2 AO).
Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist hier also zunächst, dass die Finanzbehörde überhaupt in Unkenntnis über diese Tatsachen ist. Der Fall, dass die Finanzbehörden Kenntnis über die Tatsachen hat und eine Person die Tatsachen nicht angibt, ist also nicht von dieser Tatbestandsvariante erfasst.
§ 370 Abs.1 Nr.2 AO setzt sodann voraus, dass der Täter die Finanzbehörde nicht über die Tatsachen, über die sie in Unkenntnis ist, aufklärt, obwohl er hierzu verpflichtet ist.
Die Steuerhinterziehung durch (aktive) Tätigung unvollständiger Angaben und durch das Unterlassen der Inkenntnissetzung der Behörde über bestimmte Tatsachen liegen also nahe beieinander.
… Steuerzeichen oder Steuerstempler nicht verwendet.
Hat eine Person die Pflicht, Steuerzeichen oder Steuerstempler zu verwenden und tut dies nicht, kommt auche eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung in Betracht ( § 370 Abs.1 Nr.3 AO).
Auch der Versuch der Steuerhinterziehung ist strafbar. In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
Als im Steuerstrafrecht versierte Rechtsanwaltskanzlei stehen wir Ihnen mit Kompetenz und Engagement zur Seite. Schöpfen Sie die Möglichkeiten Ihres Rechts auf ein faires Verfahren aus und vereinbaren Sie einen zeitnahen Termin mit den Spezialisten für Steuerstrafrecht unseres Teams.
Insbesondere in den folgenden Situationen können Sie sich auf unser Fachwissen als Rechtsanwälte im Steuerstrafrecht verlassen:
- Vorladung der Polizei oder Staatsanwaltschaft mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung
- Hausdurchsuchung durch die Ermittlungsbehörde wegen Verdachts der Steuerhinterziehung
- Untersuchungshaft / Festnahme wegen des Verdachts des Steuerhinterziehung
- Anklage der Staatsanwaltschaft bei Steuerdelikten
- Rechtsmittel – Berufung und Revision – nach einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung
Im Rahmen eines telefonischen Erstgesprächs besteht die Möglichkeit, offene Fragen, den Umgang mit den Ermittlungsbehörden, sowie die Kostenpunkte einer Strafverteidigung zu besprechen. Mit Beschuldigten, die über lediglich geringe Einkünfte verfügen, gehen wir auch auf die Voraussetzungen der Pflichtverteidigung ein. Die Pflichtverteidigung ermöglicht eine Verteidigung durch uns unter Kostenübernahme der Staatskasse.
■ IM VIDEO ERKLÄRT:
Vorladung wegen Steuerhinterziehung erhalten – Was jetzt zu tun ist:
Worauf müssen Sie bei einer Hausdurchsuchung wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung achten?
Kommt es bei Ihnen zu einer Durchsuchung, kontaktieren Sie schleunigst einen Anwalt für Steuerstrafrecht auf dem telefonischen Wege. Machen Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch. Leisten Sie keinen Widerstand. Bewahren Sie Ruhe, andernfalls besteht die Gefahr zusätzlicher Strafbarkeiten, zum Beispiel wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder Beleidigung. Machen Sie den Beamten zu Beginn der Hausdurchsuchung klar, dass Sie auf die Hinzuziehung von Durchsuchungszeugen bestehen. Geben Sie keinesfalls Gegenstände oder Daten freiwillig heraus. Erfolgt die Durchsuchung auf Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses, fordern Sie die Beamten zum Vorzeigen des Beschlusses auf. Wirken Sie auf die Protokollierung aller beschlagnahmten Dinge hin.
Wichtige Verhaltensregeln beim Vorwurf der Steuerhinterziehung
- Schweigen Sie zur Sache. Reden Sie möglichst wenig mit den Beamten. Jedes Wort wird dokumentiert und kann unter Umständen gegen Sie verwendet werden.
- Geben Sie keine Zugangsdaten wie Pin–Codes und Wischsperren heraus.
- Unterschreiben Sie nichts, auch nicht das Sicherstellungsprotokoll.
- Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss aushändigen. Lassen Sie sich die Gründe für die Gefahr im Verzug erklären.
- Wenden Sie sich an uns als Fachanwälte für Strafrecht
Was sollte man über den Deliktstyp der Steuerhinterziehung wissen?
Tathandlungen der Steuerhinterziehung können einerseits durch ein aktives Tun, mithin der Verletzung von Erklärungspflichten durch unrichtige oder unvollständige Angaben und andererseits durch ein Unterlassen, mithin das pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis Lassen der Behörde geschehen.
■ VIDEO:
Wie hoch ist die Strafe für Steuerhinterziehung?
Welche Steuerarten können hinterzogen werden?
Was sind besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung?
In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. § 370 III S. 2 AO nennt Regelbeispiele für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung. Dazu gehört, wenn der Täter
- in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
- seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger […]missbraucht,
- die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers […] ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
- unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
- als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
- eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
Von praktischer Bedeutung ist hierbei insbesondere die Nummer 1, die Steuerverkürzung oder Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile „in großem Ausmaß“. Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein großes Ausmaß bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 Euro vor (vgl. BGH v. 27.10.2015 – StR 373/15).
Ebenso von gewisser Relevanz ist die Nummer 3, das Handeln als Mitglied einer Bande zu bestimmten Zwecken. Eine Bande im juristischen Sinne ist ein Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die sich zur Begehung von Straftaten für eine gewisse Dauer verabredet haben. Voraussetzung der Bandeneigenschaft ist eine gemeinsame Interessenslage. In der Strafverteidigung ist ein Fokus auf die kritische Überprüfung der Bandeneigenschaft zu legen.
Beispielsfälle aus der Praxis: einfache Steuerhinterziehung und besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung
Der Fall Uli Hoeneß: einfache Steuerhinterziehung trotz 28,5 Millionen Euro
Zu den prominentesten Beispielen einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung gehört der Fall des ehemaligen Fußballspielers und Unternehmers Uli Hoeneß. Hoeneß wurde im März 2014 vom Landgericht München II wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt (LG München II, Urt. v. 13.03.2014, Az. W 5 KLs 68 Js 3284/13).
Bemerkenswerterweise nahm das Gericht entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft keinen besonders schweren Fall im Sinne des § 370 III S. 2 Nr. 1 AO an, obwohl die verkürzte Steuersumme mit stolzen 28,5 Millionen Euro den vom BGH bestimmten Wert für das „große Ausmaß“ um ein Vielfaches überstieg. Die Kammer des LG München II würdigte dabei insbesondere das Nachtatverhalten von Hoeneß, der sich selbst anzeigte und rückhaltlos kooperierte. Die Kammer sah darin außerordentliche Einzelfallumstände, wegen der sie eine Abweichung von der Rechtsprechung des BGH als geboten erachtete.
Der Fall verdeutlicht, dass es sich bei den Merkmalen in § 370 III AO um Indizien für einen besonders schweren Fall handelt. Sonstige Milderungsgründe können die Annahme eines besonders schweren Falles wieder entfallen lassen.
Der Fall Schreiber: sechs besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung
Weniger Glück als Hoeneß hatte der ehemalige Rüstungslobbyist Karheinz Schreiber, der als eine der Schlüsselfiguren in der CDU-Spendenaffäre um Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble gilt. Das LG Augsburg sah es als erwiesen an, dass Schreiber zwischen 1988 und 1993 mehrere Millionen Euro über ein Geflecht von Scheinfirmen und mit Tarnkonten im Ausland bewusst vor dem Fiskus versteckt hatte.
Es verurteilte Schreiber wegen Steuerhinterziehung in sechs besonders schweren Fällen zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren. Nach einer Revision beim Bundesgerichtshof (BHG) wurde das Urteil wegen Rechtsfehlern aufgehoben. Der BGH verwies das Verfahren für eine Neuauflage an das LG Augsburg zurück, wo Schreiber schließlich 2013 zu sechseinhalb Jahren Freiheitsstrafe für Steuerhinterziehung in Höhe von 9,7 Millionen Euro verurteilt wurde (LG Augsburg, Urt. v. 14. November 2013, Az. 10 KLs 501 Js 127135/95).
Der Fall Boris Becker: Verurteilung wegen Steuerhinterziehung wegen verschwiegenen Wohnsitzes
Für bayerische Rechtsprechungs-Verhältnisse sehr milde davongekommen ist der ehemalige Tennis-Profi Boris Becker im Rahmen einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung im Oktober 2002. Becker hatte Anfang der neunziger Jahre bei seinen Steuererklärungen seinen Wohnsitz in München verschwiegen, während er in Monte Carlo gemeldet war. Dadurch kamen 1,7 Millionen Euro verkürzte Steuern zustande. Nach einer ungewöhnlich knappen Verhandlung wurde Becker zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren nebst Geldstrafe verurteilt, wobei die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde (LG München I, Urt. v. 24.10.2002 – 303 Js 44173/01). Die Geldstrafe belief sich auf 500 Tagessätze zu je 600 Euro. Weiterhin hatte Becker eine Bewährungsauflage in Form von Zahlungen in Höhe von 200.000 Euro an caritative Einrichtungen zu erfüllen.
Knapp 20 Jahre später wähnte sich Becker wieder vor einem Gericht. Wegen des Vorwurfs verschwiegener Bankkonten und Immobilien im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wurde er am Southwark Crown Court in London angehört.
Worin besteht der Unterschied zwischen Steuerhinterziehung und leichtfertiger Steuerverkürzung?
Der Fall der leichtfertigen Steuerverkürzung ist in § 370 AO geregelt. § 370 I, II AO lautet:
- (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend.
- (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
Zuständig für die leichtfertige Steuerverkürzung ist die Straf- und Bußgeldstelle der jeweiligen Finanzbehöde. Leichtfertigkeit bedeutet ein Verhalten unter Außerachtlassen der Sorgfalt, wobei sich dem Handelnden hätte aufdrängen müssen, dass eine Rechtsverletzung eintreten wird. Die Abgrenzung zwischen Steuerhinterziehung und leichtfertiger Steuerverkürzung findet demnach auf der Ebene des subjektiven Tatbestandes statt.
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