Symbolbild Werbung (Foto: © Max Woyack)

Werbung mit Superlativen – was ist erlaubt, was ist verboten?

30.12.2017 | Medien- und Wirtschaftsrecht

Zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der Werbung mit Superlativen.

Von RA Norman Buse, LL.M. (IP), Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Rechtsanwältin Jessica Müller, LL.M. (Wirtschaftsrecht).

Das stetig wachsende Angebot unzähliger Anbieter macht es dem interessierten Kunden meist schwer, eine Entscheidung zu treffen. Insofern kann es von Seiten des Anbieters hilfreich sein, Werbung zu schalten, die sich von den Werbemaßnahmen anderer abhebt. Besonders attraktiv sind dabei unternehmens- oder produkt- bzw. leistungsbezogene Werbeaussagen, die aus der Sicht des Kunden Mitbewerber in den Schatten stellen. Hebt der Anbieter beispielsweise hervor, er sei der beliebteste Anbieter Deutschlands, wird die Werbestrategie in der Regel erfolgreich sein, da der Kunde genau darauf vertraut.

Doch kann derartiges Marketing für jedes Unternehmen, jedes Produkt und jede Leistung unbegrenzt betrieben werden? Nicht jede Art von Werbung ist erlaubt. Unlautere Werbemaßnahmen laufen dem Wettbewerbsrecht des UWG zuwider und können zu hohen Sanktionen führen, die letztlich unternehmensbedrohend sein können. Insofern sollte vor jeder Werbefreischaltung sorgfältig geprüft werden, ob insbesondere wettbewerbsrechtliche Vorschriften verletzt sind.

Wann liegt Alleinstellungs- bzw. Spitzenstellungswerbung oder Spitzengruppenwerbung vor?

Eine Alleinstellungs- bzw. Spitzenstellungswerbung liegt vor, wenn der Werbende hinsichtlich seines Unternehmens, des Produktes, des Produktpreises oder der Dienstleistung behauptet, der einzige Anbieter am Markt oder gegenüber anderen Konkurrenten, egal ob auf alle Konkurrenten oder lediglich auf eine größere Gruppe von Konkurrenten bezogen, überlegen zu sein. Es kommt dabei nicht auf die konkrete Behauptung oder die konkrete bildliche Darstellung an, sondern vielmehr darauf, wie diese von dem Empfänger verstanden wird.

In Abgrenzung dazu liegt Spitzengruppenwerbung hingegen vor, wenn sich aus der Behauptung ergibt, dass der Werbende einer bestimmten Mitbewerbergruppe zugehörig ist, die den Markt weitgehend beherrscht. Auch hierbei ist nicht der konkrete Wortlaut der Werbeaussage entscheidend. Es geht um den dahinter stehenden Sinn und wie dieser vom Empfängerkreis aufgenommen wird.

Leicht erkennbar ist die Alleinstellungswerbung häufig durch die Verwendung von Superlativen, wobei nicht in jedem Fall tatsächlich eine verbotene Werbung vorliegt, da stets die hinter der Aussage stehenden Umstände mit zu betrachten sind. Allerdings gehen beispielsweise mit den Formulierungen „das Beste“, „das sicherste“ oder „das einzige“ sowie „das meist verkaufte“ in der Regel unzulässig vergleichende Marketingstrategien einher. Wird der Superlativ hingegen ohne den davorstehenden bestimmten Artikel verwendet, kann ein sicherer Schluss darauf gezogen werden, dass Zulässigkeit gegeben ist, da lediglich Qualitätshinweise gegeben werden.

Wo liegen die Grenzen zulässiger Werbung mit Superlativen?

Klar ist, dass nicht jeder Anbieter beispielsweise damit werben darf, der beliebteste Anbieter Deutschlands zu sein. Dies wäre so irreführend, dass der Adressat kaum mehr bewusst entscheiden könnte, wem er vertraut und wo er das Produkt kauft. Irreführende Werbung ist daher auch strengstens wettbewerbsrechtlich verboten.

Hinsichtlich einer Alleinstellungswerbung gilt, dass es sich um eine Tatsachenbehauptung handeln muss, da diese dem Beweis zugänglich ist. So ist nachprüfbar, ob sie inhaltlich wahr oder unwahr, richtig oder falsch ist. Werturteile sind hingegen grundsätzlich gerade nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbar, z.B. „Der schönste Mann aller Zeiten“, so dass stets zunächst zu prüfen ist, welchen Gehalt die Werbeaussage tatsächlich hat.

Liegt eine Tatsachenbehauptung vor, die nachweisbar wahr ist, liegt eine Irreführung im Sinne des UWG nicht vor. Dies gilt sowohl für Alleinstellungs- bzw. Spitzenstellungs- sowie für Spitzengruppenstellung. Denn wenn ein Produkt beispielsweise tatsächlich den „besten Preis der Stadt“ aufweist, also feststeht, dass kein anderer Konkurrent zum gleichen Zeitpunkt für das gleich Produkt einen niedrigeren Preis festgesetzt hat, wird der daran Interessierte über keinen Umstand in die Irre geführt, so dass Gründe gegen die Werbung nicht vorliegen.

Weiterhin ist erforderlich, dass der Werbende einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern vorzuweisen hat und der Vorsprung die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bietet. Ist also das Unternehmen des Werbenden gewiss der einzige Anbieter eines bestimmten Produktes und genießt dadurch gegenüber Mitbewerbern eine Vorrangstellung für eine nicht bloß kurze Zeitspanne,  darf dies natürlich in der Werbung verwendet werden.

Insofern ist festzuhalten, dass Alleinstellungs- bzw. Spitzenstellungswerbung zulässig ist, wenn

  • die behauptete Allein- oder Spitzenstellung tatsächlich besteht und
  • der Werbende diesbezüglich gegenüber den Wettbewerbern einen deutlichen Vorsprung hat und
  • der Vorsprung die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bietet.

 

Oftmals kommt es vor, dass sich die Werbung nicht konkret auf das bestimmte Unternehmen oder das Produkt bzw. die Leistung bezieht. Dann stellt sich die Frage, anhand welcher Kriterien zu prüfen ist, ob die Alleinstellungswerbung zulässig und erlaubt ist. Denn liegt ein konkreter Bezug vor, ist klar erkennbar, woran die Zulässigkeit zu messen ist.

Und zwar ist erforderlich, dass zunächst überprüft wird, worauf der Adressatenkreis die konkrete Werbung bezieht. Wie bereits weiter oben angeführt, kommt es stets auf die Sicht des Verkehrskreises an, ob Alleinstellungswerbung vorliegt oder nicht. Ergibt diese Überprüfung, dass die Werbung auf mehrere verschiedene Weisen zu verstehen ist, muss jede dieser Weisen des möglichen Verständnisses auf ihre Zulässigkeit überprüft werden. Nur, wenn alle Varianten selbst zulässig wären, liegt eine Gesamtzulässigkeit vor. Zu beachten ist, dass es keine Rolle spielt, wie der Werbende die Werbeaussage dann tatsächlich gemeint hat. Wirbt er mehrdeutig, muss er die verschiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen.

Darlegungs- und Beweislast im Wettbewerbsrecht

Prozessual gilt, dass bei der Allein- bzw. Spitzenstellungs- sowie bei der Spitzengruppenwerbung der Kläger darlegen muss, in wie weit die von dem Beklagten behauptete Allein-/Spitzenstellung nicht der Wahrheit entspricht. Dies muss umfassend vorgetragen und mit Hilfe von Beweisen untermauert werden.

Anschließend ist der Beklagte Werbende dazu verpflichtet, darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm behauptete Stellung auf dem Markt tatsächlich im Einklang mit den bestehenden Umständen ist. Der Werbende muss demnach grundsätzlich beispielsweise alle vor der Werbefreischaltung durchgeführten Untersuchungen anderer vergleichbarer Produkte offenlegen, um seine Position zu stärken. Dies zeigt nochmals auf, wie wichtig die umfassenden Überprüfungen des Marktes sind, bevor eine Alleinstellungswerbung öffentlich gemacht wird.

Für eine Beweiserleichterung zugunsten des Klägers besteht jedoch kein Anlass, wenn er die für die Beurteilung der Alleinstellung maßgeblichen Tatsachen ohne erhebliche Schwierigkeiten darlegen und beweisen kann (vgl. BGH, Urteil vom 03.07.2014, Az. I ZR 84/13).

Beispiele aus der Rechtsprechung:

  • Die Behauptung „Surfen im schnellsten Netz der Stadt“ stellt eine unzulässige Alleinstellungswerbung dar, die irreführend ist, soweit nicht ein Vorsprung von gewisser Dauer vorliegt (OLG Köln, Urteil vom 10.3.2017 – 6 U 124/16).
  • Die Behauptung „Die Exklusiv-Anzeige Ihrer Fachanwaltschaft in Ihrem Ort/Stadtbezirk ist tatsächlich ein konkurrenzloser Marketing-Vorteil für Sie“ stellt eine unzulässige Alleinstellungswerbung dar, wenn das Konzept eines Anwaltssuchportals nicht konkurrenzlos ist (OLG Hamm Urt. v. 3.9.2013 – 4 U 82/13, GRUR-RS 2013, 16705, beck-online)
  • „Der beste Preis der Stadt“ stellt eine unzulässige Spitzenstellungswerbung dar, wenn einem Konkurrenten der Nachweis gelingt, zu derselben Zeit für das gleiche Produkt mit einem niedrigeren Preis angeboten zu haben (OLG Köln, 21.10.2005, 6 U 106/05; vgl. a. OLG Hamburg, 24.01.2007, 5 U 204/05). Selbiges gilt für die Behauptung „unschlagbar billig“ (OLG Hamm, 16.09.2004, 4 U 108/04).
  • „Denn wir sind der beliebteste Anbieter Deutschlands für Internet, Telefon und TV aus einer Hand!“,  ist unzulässig, wenn die Produkte gerade nicht in den wesentlichen Bundesländern Deutschlands vertrieben werden (OLG Hamburg, Urteil vom 11.11.2009 – 5 U 57/09).
  • „Deutschlands beliebtester DSL-Anbieter“ ist nur dann unzulässig, wenn es sich nachweisbar nicht um den Anbieter mit dem größten Kundenstamm handelt (OLG Hamburg, Urteil vom 11.11.2009 – 5 U 214/08).
  • „Beste Auswahl, beste Lage, beste Übersicht“ stellt keine unzulässige Alleinstellungsbehauptung dar. Sie stellt vielmehr einen Hinweis auf gute Qualität dar (KG Berlin, Urteil vom 19.02.1999 – 5 U 8375/98).
  • „Nummer 1“ stellt nur dann eine unzulässige Spitzenstellungswerbung dar,  wenn der Werbende gegenüber seinen Mitbewerbern nachweisbar gerade keinen deutlichen Vorsprung vorzuweisen hat, der Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit hat, s.o. (LG Köln, Urteil vom 14.06.2005, Az.: 33 O 97/05).
  • „Testsieger“ stellt eine unzulässige Spitzenstellungswerbung dar, wenn das werbende Unternehmen es unterlässt, darauf hinzuweisen, dass es mehrere Erst- Platzierte gibt, wenn dies der Fall ist (OLG Hamburg, Urteil vom 27.06.2013, Az. 3 U 142/13).

Fazit zur Werbung mit Superlativen

Der immer größer werdende Markt macht es seitens des werbenden Unternehmens schier unmöglich, sich von Mitbewerbern abzugrenzen. Das Schalten von Werbung stellt ein nicht wegzudenkendes Marketinginstrument dar, wodurch der interessierte Kunde auf bestimmte Produkte aufmerksam wird.

Die Vielzahl der Anbieter führt jedoch dazu, dass Unsicherheiten bestehen, wer das „bessere“ Produkt anbietet bzw. wer am zuverlässigsten agiert. Die Verwendung von einprägsamen Werbeslogans ist insofern ein geeignetes Mittel, um einen größeren Adressatenkreis anzusprechen. Bevor eine Werbekampagne mit Superlativen ausgerollt wird, sollte sorgfältig geprüft werden, ob die konkrete Werbeform zulässig ist. Andernfalls können schnell hohe finanzielle Schäden entstehen.

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