Antrag auf gerichtliche Entscheidung
(§ 98 StPO)
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Wie kann man eine rechtswidrige Beschlagnahme im Strafverfahren angreifen? Wann hat ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung Erfolg? Kann ein durch rechtswidrige Beschlagnahme gewonnener Beweis Grundlage einer Verurteilung sein?
Schnell zum Inhalt:
Im Anschluss an eine Durchsuchung werden regelmäßig Gegenstände durch die Beamten mitgenommen. Es handelt sich dabei um die sogenannte „Sicherstellung“.
Doch nicht immer genügt diese Beschlagnahme den rechtlichen Voraussetzungen und läuft rechtmäßig ab. Aus diesem Grund steht der betroffenen Person ein Rechtsmittel zu, womit die Beschlagnahme angegriffen werden kann. „Der Betroffene kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen“ heißt es in § 98 Abs. 2 S. 2 der Strafprozessordnung.
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Was ist die Beschlagnahme im Strafverfahren?
Das Gesetz unterscheidet zwischen der Sicherstellung und der Beschlagnahme, wenn auch beides darauf hinausläuft, dass der Gegenstand von den Beamten mitgenommen wird.
Eine (formlose) Sicherstellung (§ 94 Abs. 1 StPO) liegt vor, wenn die Beweisgegenstände gewahrsamslos sind, d.h. dass keine Person über sie verfügt oder freiwillig herausgegeben werden.
Eine Beschlagnahme (§ 94 Abs. 2 StPO) erfolgt, wenn die Herausgabe durch den Gewahrsamsinhaber verweigert wird.
Sie ist eine Möglichkeit der Ermittlungsbehörden, Gegenstände auch gegen den Willen des Besitzers oder Eigentümers sicherzustellen. Die Sache wird dann in amtliche Verwahrung genommen oder sonst sichergestellt.
Wie kann ich mich gegen eine rechtswidrige Beschlagnahme im Strafverfahren wehren?
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist ein Rechtsbehelf, der sich gegen Maßnahmen der Staatsanwaltschaft und ihren Hilfsbeamten – insbesondere der Polizei – richtet.
Inwieweit der Antrag auf gerichtliche Entscheidung der geeignete Rechtsbehelf ist, hängt maßgeblich davon ab, durch wen die Beschlagnahme angeordnet wurde, und welches konkrete Ziel verfolgt wird.
Das Mittel der Wahl ist er bei Anordnungen von den Strafverfolgungsbehörden, d.h. der Staatsanwaltschaft oder Polizei. Dabei ist es nicht von Relevanz, ob die Beschlagnahme bereits beendet ist oder noch andauert, sowie ob die Beschlagnahme aufgehoben, beziehungsweise nachträglich die Rechtswidrigkeit der Anordnung festgestellt oder die Art und Weise der Durchführung beanstandet wird.
Bei Beschlagnahmen, die vom Richter angeordnet wurden, kann lediglich die Art und Weise der Durchführung beanstandet und deren gerichtliche Überprüfung beantragt werden. Dies gilt sowohl für noch andauernde als auch bereits beendete Beschlagnahmen.
Bei bereits beendeten Maßnahmen muss jedoch ein besonderes Rechtsschutzinteresse vorliegen, weshalb im Nachhinein die Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll. Dies kann insbesondere gegeben sein, wenn eine konkrete Wiederholungsgefahr besteht oder aber ein besonders schwerer Grundrechtseingriff erfolgt ist.
Die gerichtliche Prüfung der Beschlagnahme erfolgt auch bei Bestätigungsanträgen der Staatsanwaltschaft oder Polizei, wenn diese von ihrer Eilkompetenz Gebrauch gemacht haben. Damit kommen sie ihrer Verpflichtung nach, binnen drei Tagen eine richterliche Bestätigung der Maßnahme herbeizuführen.
Wer kann den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen?
Zur Antragstellung ist jeder berechtigt, in dessen Rechte unmittelbar eingegriffen wird. Dies sind der Gewahrsamsinhaber, Eigentümer und Besitzer der beschlagnahmten Sache. Die betroffene Person kann es aber auch sein, wenn auf dem beschlagnahmten Beweismittel personenbezogene Daten enthalten sind.
Im Falle der gerichtlichen Überprüfung in Folge des Bestätigungsantrages, erfolgt die Antragstellung durch die Staatsanwaltschaft, beziehungsweise die Polizeibeamten.
Wer entscheidet über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung?
Die Zuständigkeit richtet sich danach, in welchem Verfahrensstadium der Antrag gestellt wird.
Bis zur Erhebung der öffentlichen Klage (kurz: Anklageerhebung) durch die Staatsanwaltschaft, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Gerichtsbezirk die Beschlagnahme stattgefunden hat. Die Entscheidung wird durch einen sog. Ermittlungsrichter gefällt.
Danach entscheidet dasjenige Gericht, welches mit der Sache befasst ist. Dies ist also das Gericht, welches in dem jeweiligen Strafverfahren eine Entscheidung in der Hauptsache treffen wird, ob die beschuldigte Person verurteilt wird oder nicht.
Was prüft das Gericht bei einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung?
Gegenstand der Prüfung durch das Gericht ist, inwieweit die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
Im Einzelnen kommt es darauf an, dass die folgenden Punkte gegeben sind:
- Tatverdacht
- Beweisbedeutung
- Kein Beschlagnahmehindernis
- Verhältnismäßigkeit
- Gegebenenfalls: Eilkompetenz
Der Tatverdacht stellt eine Voraussetzung für die Beschlagnahme dar. Es bedarf eines sogenannten „Anfangsverdachtes“. Dieser liegt vor, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Straftat begangen wurde.
Dem beschlagnahmten Gegenstand muss zudem Beweisbedeutung zukommen. Darunter ist zu verstehen, dass zumindest die Möglichkeit besteht, dass dieser zu Gunsten oder zu Lasten der beschuldigten Person, bedeutsam werden kann.
Es existieren zudem Beschlagnahmehindernisse, wodurch bestimmte Gegenstände nicht beschlagnahmt werden dürfen. Einerseits gibt es explizite gesetzliche Verbote (§ 97 StPO) im Zusammenhang mit Zeugnisverweigerungsrechten. Insbesondere gilt dies für Brief- und E-Mail-Verkehr zwischen Verwandten oder Anwälten und der beschuldigten Person oder ihren Karteien, Krankenblättern oder Blutbildern von Ärzten.
Das Hindernis entfällt nur, wenn die zeugnisverweigerungsberechtigte Person ihr Einverständnis zu der Beschlagnahme gibt oder im Falle der beruflichen Zeugnisverweigerungsberechtigung (z.B. von Ärzten, Rechtsanwälten oder Geistlichen), sofern die beschuldigte Person eine Entbindung von der Schweigepflicht vornimmt.
Darüber hinaus gelten beispielsweise für Tagebücher regelmäßig Beschlagnahmeverbote, sofern deren Verwertung als Beweismittel einen Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz darstellen würde.
Bei der Verhältnismäßigkeit kommt es darauf an, dass die Maßnahme – die Beschlagnahme – in einem angemessenen Verhältnis zu dem Grundrechtseingriff der betroffenen Person stehen. Es darf vor allem kein milderes Mittel zur Verfügung stehen – wie die freiwillige Herausgabe – welches gleich geeignet ist.
Darüber hinaus ist im Falle der nichtrichterlichen Anordnung zu prüfen, ob im konkreten Fall Gefahr im Verzug vorgelegen hat.
Was kann durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung erreicht werden?
Das Gericht kann die Entscheidung aufrechterhalten, ändern, aber auch mit anderen Gründen versehen. Zudem kann die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme festgestellt werden.
Maßgeblich ist, ob die Maßnahme sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als rechtmäßig oder rechtswidrig darstellt. Dies kann sich seit der Anordnung der Maßnahme geändert haben, sodass eine zuvor rechtmäßige Beschlagnahme nunmehr rechtswidrig ist und umgekehrt.
Was passiert, wenn die Beschlagnahme rechtswidrig war?
Die Feststellung der Rechtswidrigkeit hat nicht automatisch zur Folge, dass die Beschlagnahme aufgehoben und der Gegenstand zurückgegeben wird.
Diese Konsequenz folgt aber, wenn der festgestellte Fehler so schwerwiegend war, dass er zu einem sogenannten Beweisverwertungsverbot führt.
Ansonsten wird die Beschlagnahme trotz Rechtswidrigkeit nicht aufgehoben, sofern die weitere Beschlagnahmevoraussetzungen vorliegen und der Fehler nur geringfügig war.
Unter Umständen kann sich demnach auch ein Beweisverwertungsverbot ergeben. Dadurch darf der Gegenstand im Verfahren nicht als Beweismittel genutzt werden.
Bestehende Beschlagnahmeverbote führen automatisch zur Unverwertbarkeit, sofern nicht das Beschlagnahmeverbot nach der Beschlagnahme entfällt.
Im Übrigen kommt es darauf an, wie schwerwiegend der Fehler war.
Wird beispielsweise willkürlich und unvertretbar Gefahr im Verzug angenommen und dadurch der Richtervorbehalt für die Anordnung umgangen, führt dies zu einer Unverwertbarkeit.
Bei einfachen Verfahrensfehlern wird dies in der Regel dagegen nicht der Fall sein, wenn beispielsweise lediglich die Bekanntmachung der Maßnahme nicht erfolgt ist.
Wird ein Beweismittel zunächst zulässig beschlagnahmt, wird es auch nicht automatisch wegen des Wegfalles der Voraussetzungen unverwertbar.
Es kommt dabei stets auf eine Abwägung der verschiedenen Interessen an. Einerseits derjenigen der betroffenen Person und auf der anderen Seite diejenigen einer effektiven Strafverfolgung.
Ist die beantragte gerichtliche Entscheidung endgültig?
Gegen die gerichtliche Entscheidung infolge des Antrages kann die Beschwerde (§ 304 StPO) eingelegt werden.
Ein anderes Gericht – das örtlich zuständige Landgericht – überprüft in diesen Fällen erneut die Entscheidung des Gerichtes.
Können richterliche Beschlagnahmeanordnungen im Übrigen überprüft werden?
Durch die Beschwerde (§ 304 StPO) kann die Aufhebung richterlicher Beschlagnahmeanordnungen verfolgt oder ihre Rechtswidrigkeit festgestellt werden. Sowohl noch andauernde als auch bereits beendete Beschlagnahmen können damit angegriffen werden, jedoch lediglich im Hinblick auf die Anordnung an sich.
Im Falle einer bereits beendeten Beschlagnahme bedarf es eines tiefgreifenden Eingriffes. Ein solcher liegt vor, wenn in das verfassungsrechtlich gesicherte Eigentumsrecht (Art. 14 Grundgesetz) erheblich eingegriffen wird.
Im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung der Feststellung der Rechtswidrigkeit und möglicherweise daraus resultierender Beweisverwertungsverboten für beschuldigte Personen, empfiehlt es sich einen Anwalt für Strafrecht hinzuzuziehen. Dadurch kann der Antrag mit der notwendigen Expertise begründet und eine schnellstmögliche eine Herausgabe erreicht werden.
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