Symbolbild (Foto: © Dietmar Schmidt)

Interview zum Thema Bildnisveröffentlichung von gewalttätigen Demonstranten beim G20-Gipfel

13.07.2017 | Medien- und Wirtschaftsrecht

RA Norman Buse, LL.M., Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, hat kürzlich dem Berliner Radiosender „Radio Paradiso“ ein Interview zur Zulässigkeit von Bildnisveröffentlichungen von gewalttätigen Demonstranten beim G20-Gipfel gegeben.

Den Audiomitschnitt können Sie sich hier anhören:

 

Dies haben wir sogleich zum Anlass genommen, diese rechtliche Problematik etwas ausführlicher zu erläutern.

Beim diesjährigen G20-Gipfel ist es in Hamburg zu tumultartigen Szenen gekommen, in denen Gewalttäter die öffentliche Sicherheit und Ordnung massiv gestört und unter dem Vorwand von friedlichen Demonstrationen diverse Straftaten begangen haben.

Zur Ergreifung der potentiellen Straftäter kursieren derzeit etliche Bildnisse im Internet, welche Personen abbilden, die zu den Gewalttätern gehören und offensichtlich strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Diese Fotos werden entweder von Privatpersonen oder Medien ins Internet eingestellt und dann zur Ergreifung der Täter von diversen Nutzern weiterverbreitet.

Anlässlich dieser Geschehnisse beim G20-Gipfel stellt sich einmal mehr die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bildnisse von mutmaßlichen Straftätern zur Identifizierung und Ergreifung öffentlich, insbesondere in den sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter oder durch Medien online bzw. im TV, veröffentlicht werden dürfen.

Recht am eigenen Bild

Zunächst gilt, dass auch potentielle Straftäter sich auf ihr Recht am eigenen Bild aus § 22 Kunsturhebergesetz (KUG) berufen können. Dies ist Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.

§ 22 KUG ist eine Regelung zum Schutz des individuellen und visuellen Selbstbestimmungsrechts. Danach dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Zustimmung des Betroffenen verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Diese Einwilligung kann schriftlich, mündlich oder konkludent erfolgen, wobei dem Abgebildeten jedoch Zweck, Art und Umfang der geplanten Verwendung bekannt sein müssen.

Von dem Erfordernis der Einwilligung gibt es jedoch mehrere Ausnahmen, welche in den §§ 23, 24 KUG geregelt sind.

Greift die Ausnahme des § 24 KUG?

Im Falle der Bildnisverbreitung von Personen, welche an den Krawallen beim G20-Gipfel teilgenommen haben, könnte die Einwilligung gemäß § 24 KUG entbehrlich sein. Ist dies der Fall, würde kein Verstoß gegen § 22 KUG vorliegen, sodass keine Persönlichkeitsrechtverletzung zulasten der Betroffenen gegeben ist.

Nach § 24 KUG dürfen für Zwecke der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit Bildnisse von den Behörden ohne Einwilligung des Berechtigten vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden.

Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, dass im Rahmen von Ermittlungen oder der Verhinderung von Straftaten Bilder von Straftätern oder Strafverdächtigen ohne deren Einwilligung verbreitet werden dürfen. Der § 24 KUG dient folglich dazu, der Polizei oder Staatsanwaltschaft die Fahndung unter Zuhilfenahme von Personenbildnissen gesuchter Straftäter oder -verdächtiger zu ermöglichen.

Ein Eingriff in das Recht am eigenen Bild ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Nicht jede Straftat oder Fahndung lässt den § 24 KUG zur Anwendung kommen. Vielmehr müssen folgende Voraussetzungen vorliegen, damit ein Eingriff in das allgemeine persönliches Recht zulässig ist:

Die Verbreitung des Fotos eines mutmaßlichen Straftäters muss zur Aufklärung bzw. Verfolgung von schweren Straftaten erfolgen. Einfache Kriminalität reicht insoweit nicht aus, da die Bezichtigung einer potenziell begangenen Straftat ein besonders schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt. Es gilt auch hier grds. die Unschuldsvermutung.

Des Weiteren muss die abgebildete Person dringend tatverdächtig sein (vgl. etwa OLG Frankfurt a. M. NJW 1971, 47 (48) – Aktenzeichen XY – ungelöst; OLG Hamm NJW 1982, 458), das heißt, dass die Begehung einer Straftat höchstwahrscheinlich ist.

Ferner ist Voraussetzung, dass bereits ein Ermittlungsverfahren gegen die abgebildete Person eingeleitet wurde (vgl. BeckOK UrhR/Engels KunstUrhG § 24 Rn. 5).

Schließlich ist zu beachten, dass die Ausnahme des § 24 KUG nur für Bildnisse gilt, die von Behörden, nicht von Privatpersonen, verbreitet wurden.

Bildnisse, die nach § 24 KUG zulässigerweise von Behörden verwendet werden, dürfen dann jedoch von den Medien veröffentlicht werden, sei es unter dem Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen oder unmittelbar abgeleitet aus § 24 KUG. In diesen Fällen ist es aber immer erforderlich, dass die Medien die Bildnisse von einer Behörde erhalten haben. Eigene „Fahndungs- oder Ermittlungsmaßnahmen“ der Medien sind durch § 24 KUG nicht gedeckt (vgl. Wandtke/Bullinger/Fricke KunstUrhG § 24 Rn. 3).

Fazit: Dürfen Bildnisse von mutmaßlichen Straftätern verbreitet werden?

Ausgehend von den zuvor aufgestellten Grundsätzen gilt für die Verbreitung von Bildnissen, welche Randalierer und mutmaßliche Straftäter im Rahmen der G20-Demonstrationen zeigen Folgendes:

Die Verbreitung dieser Fotos dürfte derzeit unzulässig sein und einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der jeweils abgebildeten Personen darstellen.

Zwar handelt es sich in vielen Fällen um schwere Straftaten (etwa schwerer Landfriedensbruch gem. § 125a StGB). Wenn das konkrete Bildnis darüber hinaus noch eine Person zeigt, die etwa einen Stein oder ein anderes Wurfobjekt in Richtung der Polizei wirft, dürfte diese Person auch dringend tatverdächtig sein.

Weiter erforderlich ist jedoch, dass zum Zeitpunkt der Verbreitung des Fotos bereits ein Ermittlungsverfahren gegen die abgebildete Person eingeleitet worden ist. Dies dürfte in den meisten Fällen derzeit jedoch nicht der Fall sein.

Entscheidend ist vorliegend jedoch, dass die überwiegende Anzahl der Fotos nicht von den Behörden, sondern von Privatpersonen oder Medien verbreitet werden.

Dies ist unzulässig, sodass vorliegend ein Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild der jeweils betroffenen Person vorliegt. Es ist daher anzuraten, solche Bildnisse weder zu veröffentlichen noch zu teilen.

Den betroffenen Personen stehen dann Unterlassungsansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB, 22 KUG zu.

Im Übrigen ist zu beachten, dass eine unzulässige Bildnisveröffentlichung gemäß § 33 KUG eine Straftat darstellt. Ob sich die Personen, welche die Fotos dann unrechtmäßig veröffentlicht haben, auch tatsächlich strafbar machen, ist jedoch eine andere Frage. Möglicherweise kommt hier ein Rechtfertigungsgrund (Wahrnehmung berechtigter Interessen) in Betracht.

Unsere Kanzlei steht sowohl Betroffenen als auch Medien oder Privatpersonen, welche Fotos in unzulässiger Weise verbreitet haben, bundesweit jederzeit gern zur Verfügung.

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