Wie muss ich als Influencer
auf Instagram & Co. Werbung markieren?

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Ein Beitrag zum Thema Kennzeichnungspflicht von Werbung in den sozialen Netzwerken wie Instagram, TikTo, YouTube oder Facebook.

In den letzten Jahren wurde vermehrt über ein Thema Kennzeichnungspflichten von Influencern auf Social-Media-Plattformen berichtet, welches vor allem gewerbliche Nutzer von Instagram in Atem hielt. Angestoßen wurde die Berichterstattung durch Massenabmahnungen des Verband Sozialer Wettbewerb e.V. (kurz: VSW) seit etwa 2018 gegenüber sog. „Influencern“, wie beispielsweise Cathy Hummels oder Pamela Reif. Der Vorwurf lautete: Schleichwerbung.

Auf die Abmahnungen folgten eine Vielzahl von Gerichtsverfahren, welche schließlich in fünf grundlegenden BGH-Entscheidungen zum Thema Kennzeichnungspflichten auf Social-Media durch Influencer mündeten sowie einer insofern klarstellenden Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Durch die aktuelle Gesetzeslage und Rechtsprechung ergeben sich Anforderungen, welche bei einer gewerblichen Tätigkeit als Influencer auf Social-Media-Plattformen zwingend zu beachten sind, um die Risiken kostenintensiver Abmahnungen und Gerichtsverfahren zu vermeiden.

Um zu erläutern, wie man sich als gewerblicher Influencer auf Social-Media-Plattformen bei Beiträgen wie u.a. Postings, „Stories“, „Reels“ und „Live-Videos“ mit Bezügen zu Waren, Dienstleistungen, Marken und ähnlichen wirtschaftlichen Gegenständen verhalten soll, werden wir zunächst einen Überblick über die wichtigsten Regeln zur Kennzeichnung im Rahmen des Influencer-Marketings geben (1.) und diese sodann im Wege der Darstellung der grundsätzlichen rechtlichen Problematik zum Thema Schleichwerbung (2.), der aktuellen Gesetzeslage (3.) sowie der Influencer-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (4.). 

1. Überblick: Kennzeichnungspflichten im Rahmen des Influencer-Marketings auf Social-Media-Plattformen – wie geht es richtig?

Nach der Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie grundlegender BGH-Rechtsprechung ist die Rechtslage für Influencer bei Marketing im Rahmen von Beiträgen auf Social-Media-Plattformen deutlich klarer und damit rechtsicherer geworden. Dies gilt gerade für Influencer mit großer Reichweite, bei denen ein kommerzieller Zweck offensichtlich ist, wenn sie z.B. mit einem blauen Haken gekennzeichnet sind. Insbesondere bei kleineren Influencern, ohne besondere Kennzeichnungen ihrer Accounts, gibt es nach wie vor Unsicherheiten, wann hier beispielweise ein kommerzieller Zweck offensichtlich ist und damit bestimmte Kennzeichnungspflichten entfallen. Das Ausmaß von Unwägbarkeiten ist jedoch deutlich kleiner geworden und es lassen sich Grundregeln formulieren, welche die Risiken von kostenintensiven Abmahnungen oder gar Gerichtsverfahren deutlich reduzieren.


Die Grundregeln zur Kennzeichnung beim Influencer-Marketing auf Social-Media-Plattformen lauten wie folgt:

  • Sobald Influencern für Postings oder andere Veröffentlichungen auf Social-Media-Plattformen zugunsten fremder Unternehmen wie z.B. „Stories“, „Reels“ oder „Live-Videos“ eine Gegenleistung für diese gewährt wird in Form von Zahlungen oder sonstigen werthaltigen Leistungen, Produkten, Rabatte, Reisen oder Einladungen zu Veranstaltungen, müssen die Veröffentlichungen als Werbung gekennzeichnet werden. Für eine Gegenleistung in diesem Sinne ist es ausreichend, wenn das beworbene Produkt für die Präsentation im Rahmen einer Schenkung überlassen.

  • Bei Postings zugunsten fremder Unternehmen besteht für den Influencer dahingehend keine Kennzeichnungspflicht, wenn dem Influencer keine Gegenleistung gewährt wurde oder er sich eine solche versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung bei Postings zugunsten eines fremden Unternehmens wird gesetzlich vermutet, wodurch Influencer diesbezüglich im Falle einer Inanspruchnahme wegen angeblicher Verletzung ihrer Kennzeichnungspflichten den Erhalt einer Gegenleistung widerlegen müssen. Dies kann z.B. durch Belege für den Erwerb auf eigene Kosten.

  • Liegt lediglich ein Fall der sog. Eigenwerbung vor, bei denen Influencer keine Gegenleistung im o.g. Sinne für ihre Veröffentlichung auf Social-Media-Plattformen erhalten, jedoch hierdurch sich selbst, ihre Produkte und/oder Dienstleistungen bewerben, so besteht dennoch grundsätzlich eine Kennzeichnungspflicht für diese als Werbung, da sie dadurch einen kommerziellen Zweck zur Eigenwerbung.

  • Im Falle dessen, dass der kommerzielle Zweck der Veröffentlichung auf Social-Media-Accounts offensichtlich ist, was insbesondere z.B. der Fall ist, wenn im Falle der alleinigen Eigenwerbung ein „Businessaccount“ auf Instagram mit einem blauen Haken versehen ist, entfällt die Kennzeichnungspflicht.

  • Von vornherein keine Kennzeichnungspflichten bestehen im Rahmen der Eigenwerbung nur, wenn überhaupt kein kommerzieller Zweck mit den Postings verfolgt wird.

  • Die Kennzeichnung von Beiträgen als Werbung muss eindeutig sein (z.B. „Werbung“, „Bezahlte Anzeige“) und gut sichtbar platziert werden, z.B. am Anfang des Postings Die Verwendung von mehrdeutigen Hashtags, wie etwa „#ad“ oder „#sponsored by“ am Ende eines Beitrags sind nicht ausreichend.


Zu beachten ist, dass sich die Bereiche von Fremd- und Eigenwerbung überschneiden können und die Voraussetzungen daher grundsätzlich zusammengedacht werden sollten, da Influencer, wenn Sie z.B. ein Unternehmen via „Tap-Tag“ verlinken, regelmäßig sowohl die geschäftliche Tätigkeit des fremden Unternehmens zumindest mittelbar fördern, als auch sich selbst z.B. im Rahmen eines „Imagetransfers“.

Beiträge gewerblich handelnder Influencer sollten besser einmal zu oft als zu wenig zu gekennzeichnet werden, wenn das Nichtbestehen der Kennzeichnungspflichten nicht offensichtlich ist. Schematische Betrachtungen verbieten sich, da stets die Umstände des Einzelfalles maßgebend sind. Kontaktieren Sie daher bei Zweifeln zu Ihren Kennzeichnungspflichten als gewerblicher Influencer einen Rechtsanwalt mit entsprechenden Kompetenzen. Unser kompetentes Team berät Sie hierzu gerne!

2. Grundsätzliche Problematik der Kennzeichnungspflichten für Influencer auf Social-Media-Plattformen

Kern des Problems der Kennzeichnungspflichten im Rahmen des Influencer-Marketings ist, dass sog. Schleichwerbung zulasten von Verbrauchern und anderen Marktteilnehmern durch Influencer auf Social-Media-Plattformen unterbunden werden soll.

Doch warum stellt sich das Problem der Schleichwerbung durch Influencer überhaupt, was ist Schleichwerbung eigentlich und welches Ziel verfolgte der VSW, als er gegen Influencer wegen angeblich verbotener Schleichwerbung vorging?

Influencer auf Social-Media-Plattformen als Beruf

Man findet sie in Stories und Posts von berühmten bis hin zu weniger populären Personen oder Firmen, sobald diese ein Produkt empfehlen bzw. vermarkten.

Der Hintergrund: Instagram und anderen soziale Netzwerke wie TikTok sind keine reinen Social-Media-Plattformen (mehr), sondern haben sich vielmehr zu einer Art Marktplatz weiterentwickelt, auf dem man die neuesten Trends und „Must-Haves“ durch bekannte Persönlichkeiten präsentiert bekommt. Bei einer höheren Anzahl von Followern ist es üblich, dass Accountinhaber sich selbständig machen und von bezahlter Werbung leben. So ist in den letzten Jahren eine neue Berufsgruppe entstanden: Influencer; vereinzelt auch „Content Creator“ genannt.

Influencer schließen Werbedeals mit Produktherstellern oder Dienstleistungsfirmen ab und leben von der entsprechenden Gage bzw. Provision oder auch Geschenken. Sie stellen das Produkt/die Dienstleistung vor und bieten ihren Followern oftmals mittels eines Rabattcodes die Möglichkeit, das soeben Vorgestellte zu einem geringeren Preis als üblich selbst auszuprobieren und bei Gefallen ggf. Dauerkunde zu werden.

In der Regel empfehlen Influencer nur solche Produkte/Dienstleistungen weiter, von denen sie selbst überzeugt sind. Es handelt sich also um Imagewerbung im weitesten Sinne.

Aber Achtung: Nicht hinter jeder Empfehlung steckt ein Werbedeal mit der empfohlenen Marke bzw. dem dahinterstehenden Unternehmen. Die rechtliche Problematik beginnt nun genau an dieser Stelle:

Wann handelt es sich um kommerzielle Werbung (kennzeichnungspflichtig) und wann gibt ein Influencer eine persönliche Empfehlung ab, welche eine „reine Herzensangelegenheit“ ist, also wann handelt es sich um Kommerz und wann um rein redaktionellen Inhalt?

Und die alles entscheidende Frage lautet: Kann der Durchschnittsfollower diese beiden Kategorien voneinander unterscheiden?

Für kundige Instagram-Nutzer ist bezahlte Werbung oft leicht zu erkennen: Sobald ein Rabattcode für die Follower angeboten wird, sie Produkte live testen oder sich mehrere Posts auf ein und dasselbe Produkt beziehen, erhalten Influencer regelmäßig zumindest Provision. Oft ergibt sich zudem aus dem gesamten Instagram-Auftritt ein ganz offenkundiger kommerzieller Zweck, so z.B. wenn ein reichweitenstarker Influencer auf seinem mit einem blauen Haken versehenen „Businessaccount“ über von ihm erworbene Produkte spricht.

Schwierigkeiten ergeben sich hingegen immer dann, wenn redaktionelle und kommerzielle Posts bewusst vermischt werden und der gesamte Account ohne formelle Kennzeichnung als kommerziell eine freundschaftliche Verbindung zwischen Influencer und Follower fingiert. – Denn in solchen Fällen kann der offenkundig kommerzielle Zweck entfallen.

Was ist nun eigentlich genau Schleichwerbung?

Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV (Rundfunkstaatsvertrag) ist dies die „Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers oder eines Erbringers von Dienstleistungen (…) absichtlich zu Werbezwecken (, wobei diese) mangels Kennzeichnung die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zweckes dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt“.

Nach dem heutigen § 5a Abs. 4 UWG – wie auch dem bis 28.05.2022 geltenden § 5a Abs. 6 UWG alte Fassung – handelt jeder unlauter, „wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.“.

Soweit, so gut. Influencer müssen folglich sämtliche vergüteten, auf einer Geschäftsgrundlage basierenden Posts, bei denen ein Produkt/eine Marke/eine Dienstleistung angepriesen wird, aus Verbraucherschutzgründen als Werbung kennzeichnen.

Allerdings werden, wie eingangs erwähnt, auch teilweise nicht vergütete und auf keiner Geschäftsgrundlage basierende Empfehlungen als Werbung markiert; nur eben als „unbezahlte Werbung“.

An diesem Punkt drängt sich die Frage auf, welche Grundidee seitens des Verbands dahintersteckte, als er genau diese Praxis der Kennzeichnung forderte.  

Welche Ziele verfolgt der Verband Sozialer Wettbewerb und wie ist seine Vorgehensweise bei (vermeintlichen) Wettbewerbsverstößen?

Der 1975 in Berlin gegründete und gebliebene Verband Sozialer Wettbewerb bezeichnet sich selbst als politisch und finanziell unabhängigen Wettbewerbsverband, dessen Tätigkeitsbereich sich auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt. Der Verband hat es sich selbst zur Aufgabe gemacht, die Marktwirtschaft in ihrer effektiven Funktionsfähigkeit zu unterstützen, indem er unlauteren Wettbewerb und Wirtschaftskriminalität im Interesse der Allgemeinheit – und ganz besonders im Interesse seiner gewerbetreibenden Mitglieder – bekämpft und so dafür Sorge trägt, dass die Regeln des fairen Wettbewerbs eingehalten werden.

Der VSW nimmt seine Bekämpfung im ersten Schritt mit dem Versenden von Abmahnungen an vermeintlich unlauter handelnde Unternehmer oder sonstige Wettbewerber auf. Sofern keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben abgegeben wird, wird häufig der Gerichtsweg beschritten.

Viele Betroffene unterschreiben leider ohne Weiteres die strafbewehrte Unterlassungserklärung und folgen den Vorgaben des VSW. Sollte man selbst betroffen sein, sei an dieser Stelle bereits angeraten, einen auf das Wettbewerbsrecht spezialisierten Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz zu konsultieren, bevor man eine Unterlassungserklärung abgibt. Denn die Unterlassungserklärung ist höchst gefährlich, weil bei Verstößen dagegen hohe Vertragsstrafen drohen. Und ein Verstoß geht leider häufig schneller als man denkt!

3. Wie ist die aktuelle Gesetzeslage zu Kennzeichnungspflichten bei Influencer-Marketing bzw. Werbung auf Instagram, YouTube & Co.?

Mit der UWG-Novelle vom 28.05.2022 wurde die Gesetzeslage zum Influencer-Marketing in vielen zuvor unklaren und umstrittenen Fragen weitergehend klargestellt. So reicht es nunmehr nach § 2 Abs. Abs. 1 Nr. 1 UWG nicht mehr aus, dass nur, wie zuvor, ein „objektiver“ Zusammenhang eines Verhaltens mit der Förderung wirtschaftlicher Interessen, beispielsweise zur Absatzförderung von Waren vorhanden ist, sondern es muss ein unmittelbarer und objektiver Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Förderung gegeben sein, womit jedenfalls bloß mittelbar die wirtschaftlichen Interessen des eigenen und fremder Unternehmen fördernde Handlungen nicht mehr als geschäftliche Handlungen anzusehen sind.

Zudem wurde nun im neuen § 5a) Abs. 4 UWG klargestellt, dass ein kommerzieller Zweck im Hinblick auf fremde Unternehmen bei Erhalt oder Versprechen eines Entgelts oder ähnlicher Gegenleistungen besteht. Auch wenn der Begriff der „ähnlichen Gegenleistungen“ im Gesetz nicht näher definiert wird, wird durch die aktuelle Fassung jedenfalls klargestellt, das andere Gegenleistungen – wie insbesondere Sachleistungen oder andere geldwerte Vorteile – auch ausreichend sein können, um den kommerziellen Charakter eines Postings zu begründen, aber Gegenleistungen eben auch erforderlich sind, d.h. ohne Gegenleistung kein kommerzieller Zweck im Hinblick auf das Handeln zugunsten fremder Unternehmen vorliegt, selbst wenn zumindest mittelbar etwa durch Tap Tags deren wirtschaftliche Interessen durch Postings von Influencern gefördert werden.

Das kein kommerzieller Zweck hinsichtlich der bloß mittelbaren Förderung der wirtschaftlichen Interessen fremder Unternehmen über Tap Tags ohne Erhalt einer Gegenleistung vorliegt, war vor der Gesetzesreform keineswegs selbstverständlich. So hatte der VSW die Influencerin Pamela Reif u.a. aufgrund des von ihm angenommen Vorliegens eines kommerziellen Zwecks zur Förderung wirtschaftlicher Interessen fremder Unternehmen durch sog. Tap Tags auf Unternehmensprofile und einer damit nach seiner damaligen Auffassung bestehenden Kennzeichnungspflicht wegen Unterlassung dahingehender Werbekennzeichnungen erst außergerichtlich abgemahnt und dann gerichtlich zunächst erfolgreich vor dem LG Karlsruhe (Urteil, vom 21.03.2019, Az.: 13 O 38/18) sowie dem OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.09.2020, Az.: 6 U 38/19) in Anspruch genommen. Das Verfahren war dann schließlich ebenso vor dem Bundesgerichtshof (Az.: I ZR 163/20) anhängig. Jedoch wurde hier jedoch die Klage durch den VSW Ende 2021 vor Fällung eines Urteils vor dem Hintergrund der vorausgegangen Grundsatz-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im September 2021 zurückgenommen, mit welcher das Vorliegen einer kommerziellen Handlung zugunsten fremder Unternehmen ohne jegliche Gegenleistung abgelehnt wurde (siehe dazu näher unten lit. D.). Damit entspricht die Definition einer kommerziellen Handlung zugunsten fremder Unternehmen nach dem UWG nun der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Ferner wird hierdurch die Einheit mit dem Begriff der kommerziellen Kommunikation aus § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG gewahrt, nach welchem ebenfalls eine Gegenleistung für das Vorliegen einer solchen vorhanden sein musste. 

Nach der aktuellen Gesetzeslage kommen Ansprüche – wie insbesondere auf Unterlassung – von Verbänden wie dem VSW im Hinblick auf die Kennzeichnung von Beiträgen auf Social-Media-Kanälen durch Influencer in Betracht, wenn Beiträge, welche die Interessen fremder Unternehmen unmittelbar fördern und für die eine Gegenleistung gegenüber den Influencern erbracht wurde, entgegen § 5a) Abs. 4 UWG nicht oder nicht ausreichend als Werbung gekennzeichnet werden. Ferner kommen hiernach Ansprüche auch dann in Betracht, wenn durch Influencer durch die Beiträge daneben oder ausschließlich ein kommerzieller Zweck zur Eigenwerbung verfolgt wird und dieser such nicht unmittelbar, also offensichtlich, aus den Umständen ergibt.

Außerdem kommen bei Handlungen zugunsten fremder Unternehmen durch Influencer aufgrund einer finanziellen Gegenleistung auch Ansprüche aufgrund der Verletzung von Spezialvorschriften wie § 10 LPG oder § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG in Betracht, welche Vorrang vor der allgemeinen Regelung des § 5a) Abs. 4 UWG genießen.

4. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Influencer-Marketing/ zur Werbekennzeichung

Im Rahmen von insgesamt fünf Grundsatzurteilen hat der Bundesgerichtshof, die Grundzüge der Kennzeichnungspflichten für Beiträge von Influencern auf Social-Media-Plattformen klargestellt. Drei der Urteile ergingen am 09.09.2021 (Influencer I = I ZR 90/20 und Influencer II = Az.: I ZR 125/20 und I ZR 126/20) und zwei am 13.01.2022 (Influencer III = Az.: I ZR 9/21 und I ZR 35/21). Auch wenn diese Urteile nicht als detaillierte Handlungsanweisung für Influencer verstanden werden können und im Hinblick auf die geltende Rechtslage Restunsicherheiten insbesondere bei weniger reichweitenstarken Influencern verbleiben, so ebneten sie dennoch eine zuvor kontroverse Rechtsprechung von Landes- und Oberlandesgerichten wesentlich ein und führten damit zu einem bedeutend größeren Maß an Rechtsklarheit als zuvor, nicht zuletzt auch durch die der BGH-Rechtsprechung folgende Reform des UWG (siehe dazu unter lit. C.).

Influencer I: BGH, Urteil vom 09.09.2021 – Az.: I ZR 90/20

Kläger war in diesem Fall VSW, Beklagte die Fitness-Influencerin Luisa-Maxime Huss. Sie hatte in einem ihrer Instagram-Posts das Instagram-Profil des Herstellers einer „Raspberry Jam“ (Himbeer Marmelade) via Tap Tag verlinkt. Für den Beitrag hatte sie eine Gegenleistung erhalten. Der Beitrag wurde von ihr nicht als Werbung gekennzeichnet.

Nach Auffassung des BGH hätte der Beitrag als Werbung nach der damals geltenden Fassung des § 5a Abs. 6 UWG gekennzeichnet werden müssen, da durch diesen der kommerzielle Zweck, den Absatz von Produkten dieses Herstellers zu fördern, verfolgt wurde. Eine ausreichende Kennzeichnung war nach Auffassung des Gerichts nicht erfolgt, weswegen der Beitrag in dieser Form zu unterlassen war. In diesem Fall kam es nicht darauf an, ob die beklagte Influencerin auch kommerzielle Interessen zugunsten ihres eigenen Unternehmens verfolgte und dieser kommerzielle Zweck den Nutzern offensichtlich erkennbar war, da gerade der Zweck, die Interessen eines fremden Unternehmens zu fördern, durch entsprechende Kennzeichnung kenntlich gemacht werden musste. Der Beitrag sei ohne ausreichende Kennzeichnung dazu geeignet, die Verbraucher unlauter zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, welche sie anderenfalls nicht getroffen hätten.

Das Gericht stellt ferner fest, obwohl dies für die entschiedene Konstellation wegen des Vorliegens einer Gegenleistung für den Beitrag nicht unmittelbar relevant war, dass eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens im Falle eines Social-Media-Beitrags durch Influencer ohne Gegenleistung nur vorläge, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, also einen werblichen Überschuss enthält, sodass die Förderung fremden Wettbewerbs eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle spielt. Ob ein Beitrag einer Influencerin in sozialen Netzwerken einen zur Annahme einer geschäftlichen Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens erforderlichen werblichen Überschuss enthält, sei aufgrund einer umfassenden Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens der Gestaltungsmerkmale (z.B. gepostete Produktfotos, redaktioneller Kontext, Verlinkung auf Internetseiten von Drittunternehmen) zu beurteilen. Der Umstand, dass die Influencerin Bilder mit „Tap Tags“ versehen hatte, um die Hersteller der abgebildeten Waren zu bezeichnen, genüge als solcher nicht, um einen werblichen Überschuss von Instagram-Beiträgen anzunehmen. Die Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts beinhalte hingegen regelmäßig einen werblichen Überschuss, auch wenn auf der verlinkten Seite des Herstellers der Erwerb von Produkten nicht unmittelbar möglich ist.

Ferner stellte der BGH klar, dass der Hinweis auf einen kommerziellen Zweck auf den ersten Blick zweifelsfrei hervortreten müsse, wofür es nicht ausreichend sei, wenn erst im Textteil der kommerzielle Zweck eines sog. Tap Tags gekennzeichnet werde.

Zur Einordung des Urteils ist zu beachten, dass die Annahme einer geschäftlichen Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG im Falle eines werblichen Überschusses eines ohne Gegenleistung vorgenommenen Beitrags nicht automatisch zu der Annahme einer Kennzeichnungspflicht führt. Vielmehr muss auch ein kommerzieller Zweck der Handlung vorliegen und dieser darf sich nicht bereits offensichtlich aus dem Umständen ergeben. Ein kommerzieller Zweck liegt bei Handlungen zugunsten fremden Unternehmens nach der Neufassung des § 5a Abs. 4 S. 2 UWG aber erst dann vor, wenn eine Gegenleistung für den Beitrag erbracht wird. Die neue Rechtslage nach dem UWG vereinfacht daher die rechtliche Prüfung der Kennzeichnungspflichten insoweit deutlich.

Influencer II: BGH, Urteile vom 09.09.2021 – Az.: I ZR 125/20 und I ZR 126/20

Kläger war in beiden Verfahren der VSW. Beklagte war in einem Verfahren die Influencerin Leonie Hanne (I ZR 125/20) und im anderen Verfahren die Influencerin Cathy Hummels (I ZR 126/20). Beide Klagen des VSW wegen angeblich wettbewerbswidrig unterlassener Kennzeichnung im Rahmen von Social-Media-Beiträgen wurden zugunsten der Beklagten Influencerinnen abgewiesen. Die beiden Influencerinnen hatten in Social-Media-Beiträgen Unternehmensprofile mittels Tap Tags verlinkt, ohne insofern eine Kennzeichnung als Werbung für die jeweiligen Unternehmen vorzunehmen.

Im Verfahren gegen Loenie Hanne (I ZR 125/20) konnten die Gerichte nicht feststellen, dass die Influencerin eine Gegenleistung für den streitgegenständlichen Beitrag erhalten hatte, womit im Hinblick auf die Förderung der wirtschaftlichen Interessen eines fremden Unternehmens kein kommerzieller Zweck und damit insoweit keine Kennzeichnungspflicht angenommen wurde. Hingegen bejahte das Gericht einen kommerziellen Zweck für die Eigenwerbung, wodurch auch insofern grundsätzlich eine Kennzeichnung als Werbung erforderlich gewesen wäre. Jedoch ergab sich nach Auffassung des BGH der kommerzielle Zweck der Eigenwerbung so offensichtlich aus den Umständen des Beitrags, dass keine gesonderte Kennzeichnung als Werbung erfolgen musste. Die Beklagte unterhielt bei Instagram nämlich einen Account, der von ihr überwiegend kommerziell genutzt wurde und von 1,7 Millionen Nutzern abonniert war. Der Account war verifiziert und daher am Anfang des Profils mit einem blauen Haken versehen. Insofern waren nach Auffassung des Gerichts auch nicht gesondert als Werbung gekennzeichnete Einzelbeiträge für die Nutzer ohne Weiteres als kommerzielle Werbung erkennbar.

Auch im Verfahren gegen Cathy Hummels (I ZR 126/20) wies das Gericht die Klage zurück, da ein kommerzieller Zweck zugunsten der verlinkten fremden Unternehmen mangels Gegenleistung für die Beiträge nicht vorliege und ein kommerzieller Zweck zur Eigenwerbung für die Nutzer ohne gesonderte Kennzeichnung aus den Umständen heraus erkennbar sei. Auch das Profil von Frau Hummels war mit einem blauen Haken versehen. Dieser blaue Haken, der für alle Nutzer sichtbar neben dem Profilnamen erscheint, steht für von Instagram verifizierte Accounts, die ausschließlich von öffentlichen Berühmtheiten betrieben werden. Zudem hatte Frau Hummels über 500.000 Follower, wodurch sich noch zusätzlich ein kommerzieller Charakter des gesamten Profils und damit auch der einzelnen Beiträge ergab.

Influencer III: BGH, Urteil vom 13.01.2022 – (I ZR 9/21) und I ZR 35/21

Kläger war auch im Fall I ZR 35/21 der VSW, welcher hier zu Vereinfachung allein dargestellt wird. Beklagte war in diesem Fall, die Influencerin Diana zur Löwen, welche sich auf ihrem Social-Media-Account mit Mode und Lifestyle beschäftigt. Sie präsentierte auf Instagram im Jahr 2019 verschiedene Artikel wie Ohrringe und Kleidung. Die Ohrringe wurden ihr dabei vom Hersteller geschenkt. Mittels sog. Tap Tags wurden die Nutzer auf die Websites von Verkäufern weitergeleitet. Frau zur Löwen hatte in diesem Fall den streitgegenständlichen mit keiner Werbekennzeichnung versehen. Daraufhin wurde die Influencerin vom VSW zunächst außergerichtlich im Jahr 2018 abgemahnt und später gerichtlich in Anspruch genommen. Da schon ein Unterlassungserklärung abgegeben worden war und daraufhin erneut Posts in vergleichbarer Weise erfolgte, wurde sowohl auf Unterlassung als auch auf Zahlung einer Vertragsstrafe von rund 10.000 Euro geklagt.

Die beiden Vorinstanzen des Landgerichts Köln (Urteil vom 21.07.2020 – 33 O 138/19 und Oberlandesgerichts Köln (Urteil vom 19.02.2021 – 6 U 103/20) hatten der Klage jeweils stattgegeben und der BGH wies schließlich die Revision der Influencerin zurück, wodurch die Urteile aufrechterhalten wurden und damit der Klage auch in der höchstrichterlichen Instanz stattgegeben wurde.

Maßgeblich für die gerichtlichen Entscheidungen gegen Diana zur Löwen war, dass auch in der Schenkung der Ohrringe bereits eine Gegenleistung für die betreffenden Beiträge lag, sodass diese als kommerzielle Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens dahingehend als solche zu kennzeichnen waren.

Auch diese Rechtsprechung hat, wie bereits dargestellt, nunmehr ihre gesetzliche Verankerung bekommen, da eine solche Produktschenkung, nunmehr gem. § 5a Abs. 4 Satz 2 UWG unter den Begriff „ähnliche Gegenleistung“ zu einem Entgelt zu fassen ist, wodurch aufgrund einer kommerziellen Handlung zugunsten fremder Unternehmen eine dahingehende Kennzeichnungspflicht besteht.

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