Urheberrecht: Historische und autobiographische Gemeinsamkeiten eines Werks können allein keine Urheberrechtsverletzung begründen
Das KG Berlin hat mit Urteil vom 20.04.2015 2015 (Az: 24 U 3/14) folgendes entschieden:
Sachverhalt: Kläger begehrt Nennung als Miturheber und Umsatzbeteiligung am Musical „Hinterm Horizont“
Der Kläger ist im Jahr 2005 an den Beklagten zu 4) – Udo Lindenberg – mit dem Entwurf eines Librettos, basierend auf der Biografie des Musikers und unter Einbeziehung von dessen Songs, herangetreten. Dieser lehnte den Entwurf des Klägers jedoch ab. In der Folgezeit entstand auf der Grundlage des Librettos eines anderen Autors, des Beklagten zu 3), das nunmehr aufgeführte Musical „Hinterm Horizont“. Der Kläger sieht sich dadurch in seinen Urheberrechten verletzt. Vor dem LG Berlin hatte er u.a. gegen die Gesellschaft, die das Theater führt, in dem das Musical aufgeführt wird, gegen den Autor und gegen Udo Lindenberg Klage erhoben.
Der Kläger wollte als Miturheber des Musicals genannt werden und an den Umsatzerlösen beteiligt werden. In der Ausgangsinstanz begehrte er im Rahmen einer sog. Stufenklage Auskunft über die Anzahl der durchgeführten bzw. gespielten Veranstaltungen, die jeweilige Zuschaueranzahl etc., um auf Grundlage dieser Auskunft seine finanziellen Forderungen gegen die Beklagten berechnen zu können.
In erster Instanz hatte das LG Berlin die Klage insgesamt abgewiesen.
Entscheidung: KG verneint Urheberrechtsverletzung, da beide Libretti nur historische Parallelen aufweisen, die nicht schutzfähig sind
Das KG hat die Berufung des Klägers zwar als zulässig, in der Sache jedoch als unbegründet angesehen, sodass sie erfolglos blieb.
In der Sache führte das KG aus, das LG Berlin habe in der Sache rechtsfehlerfrei und zutreffend entschieden. Unstreitiger Ausgangspunkt sei, dass das vom Kläger geschaffene Libretto für ein Musical mit dem Titel “Mädchen aus Ost-Berlin” ein urheberrechtlich geschütztes Schriftwerk im Sinne von § 2 Abs.1 Nr.1, Abs.2 UrhG darstelle.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist dabei anerkannt, dass nicht nur die konkrete Textfassung schutzfähig ist. Auch eigenpersönlich geprägte Bestandteile und Elemente des Werks, wie z.B. die sich aus der Handlung ergebende Charakteristik der handelnden Personen und die Ausgestaltung von Szenen des Werks, genießen Urheberrechtsschutz.
Zu beachten ist indes, dass diejenigen Teile des Inhalts, die der Urheber nicht selbst geschaffen, sondern übernommen hat, nicht darunter fallen. Dabei kann es sich um die Benutzung freien Gemeinguts oder fremder Schöpfungen handeln. Zum frei benutzbaren Gemeingut gehören tatsächliche Gegebenheiten oder Ereignisse. Historische Personen und Geschehnisse, aber auch Ereignisse aus dem eigenen Leben oder die Lebensgeschichte einer Person unterfallen daher nicht dem Urheberrechtsschutz.
Das Urheberrecht des Klägers an seinem Libretto “Mädchen aus Ost-Berlin” wird daher nicht durch das vom Beklagten zu 3) geschaffene Libretto verletzt.
Nach Auffassung des KG weisen beide Werke nämlich lediglich einen gemeinsamen historischen Kontext auf. Die dem Libretto zugrunde liegende Liebesgeschichte zwischen Udo Lindenberg und dem “Mädchen aus Ost-Berlin”, die historischen Ereignisse des Konzerts im Palast der Republik im Oktober 1983 und des Mauerfalls im November 1989 sind historische Geschehnisse, die nicht als neue Elemente des Librettos des Klägers einzustufen seien.
Darüber hinaus sei bei einem Vergleich der Libretti des Klägers und des Beklagten zu 3) außer diesen historischen Gemeinsamkeiten keinerlei weitere Parallelen zu finden, sodass nach Ansicht des KG das Werk des Beklagten zu 3) nicht einmal in freier Benutzung des klägerischen Werks im Sinne des § 24 Abs.1 UrhG geschaffen wurde.
Fazit: KG stellt klar, dass historische und autobiografische Gemeinsamkeiten zweier Werke alleine noch keine Urheberrechtsverletzung begründen können
Mit seiner Entscheidung stellt das KG klar, dass historische Parallelen beim Vergleich zweier Werke alleine keine Urheberrechtsverletzung begründen. Da die vorliegenden Libretti aufgrund von historischen Ereignissen basieren, die Udo Lindenberg unter Anderem bereits autobiografisch verarbeitet hat, fehlt es bereits an einer freien Benutzung nach § 24 Abs.1 UrhG. Der Kläger kann für solche Ereignisse keinen Urheberrechtsschutz beanspruchen.