Der Bandübernahmevertrag
Was es bei diesem Plattenvertrag zu beachten gilt
Bandübernahmevertrag – was sollten Musiker/ innen beachten?
Unsere Fachanwälte für Urheber- und Medienrecht vertreten Mandanten aus der Musikbranche bundesweit!
Schnell zum Inhalt:
Einen Plattenvertrag ergattern – am besten noch mit einem dicken Vorschuss. Diesen recht undefinierten Traum haben viele Newcomer in der Musikbranche, denken an das große Geld und wissen dabei oft nicht, worauf es wirklich ankommt. Als Künstler möchte man Musik machen, Teil einer Community sein, gutes Geld verdienen und den organisatorischen Part nachvollziehbarerweise jemand anderem überlassen. An dieser Stelle kommen die Labels aka Tonträgerfirmen ins Spiel. – Und damit auch die verschiedenen Arten von Plattenverträgen. Denn entgegen der landläufigen Meinung, es gebe nur diesen einen Plattenvertrag, bei dem man entweder Glück hat oder in einen umgangssprachlichen „Knebelvertrag“ rutscht, existieren verschiedene Vertragsarten, welche eine Sache gemein haben: Es sollen sowohl die Rechte des Künstlers als auch die Interessen des Labels gewahrt und in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden. Im Zuge steigender Unabhängigkeit der Künstler hat sich dabei besonders der Bandübernahmevertrag hervorgetan und ist zum Standard in der Musikbranche geworden.
Bandübernahmevertrag und Künstlerexklusivvertrag – Die beiden wichtigsten Plattenverträge
Um einen Vertrag schließen zu können, muss erst einmal der Kontakt zwischen Artist und Label aufgebaut werden. Während früher die A&R-Manager (Artists and Repertoire) im Auftrag ihres Labels aktiv auf Konzerte gegangen sind, um einem „heißen Tipp“ nachzugehen, funktioniert das heutzutage nicht erst seit der Coronapandemie anders: In der Regel sendet der Artist zunächst eine Demo ein. Wenn der A&R-Abteilung dann sowohl Song als auch Künstler gefallen und beides als zum Label passend eingeschätzt werden, kommt diese wiederum auf den Artist zu. An dieser Stelle wird das seit jeher bestehende Machtverhältnis in der Musikbranche deutlich: Das Label sitzt als Gatekeeper am sprichwörtlichen längeren Hebel. In der Folge wird ein Plattenvertrag, egal ob Bandübernahmevertrag oder Künstlerexklusivvertrag, vom Label vorformuliert und zur Unterschrift vorgelegt. Und auch, wenn nicht alle Labels dem ausbeuterischen Stereotyp entsprechen, sollten aufstrebende Künstler und Manager die Vertragsarten und deren üblichen Stolperfallen kennen, um am Ende nicht doch in einen der berühmt-berüchtigten „Knebelverträge“ zu geraten. Denn einmal vertraglich gebunden, ist ein Ausstieg schwierig.
Um eines von vornherein klarzustellen: Die Musikbranche war schon immer und ist heute noch ein hartes Pflaster. Labels werden nicht mehr in dem Maße gebraucht wie es noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war. Die digitale Globalisierung, Social Media, Streaming-Anbieter und Co. haben eine weitgehende Unabhängigkeit der Künstler ermöglicht. Auch Social Payment Dienstleister wie Patreon oder Steady machen die künstlerische Selbständigkeit immer attraktiver.
Um dennoch weiterhin interessant für Künstler zu bleiben und gleichzeitig keine finanziellen Einbußen zu erleiden, reagieren Labels mit einigen vertraglichen Anpassungen. Das Modell des Bandübernahmevertrages erlaubt den Künstlern im Vergleich zum Künstlervertrag eine gewisse Autonomität. Eine Win-Win-Situation für beide Parteien ergibt sich aus dem fertigen Werk, das lediglich noch ausgewertet werden muss und den Erfahrungen, finanziellen Möglichkeiten und vor allem dem Netzwerk des Labels.
Labels sind nichtsdestotrotz stets auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Das beste Beispiel dafür ist die Aufsplittung der Tantiemen zu deren Gunsten. Tantiemen bzw. im Englischen „Royalties“ genannt, sind umsatzabhängige Vergütungen, die ein Künstler für die Lizenzierung seines Werkes erhält. Musiklizenzgebühren also. Es handelt sich um den Anteil, der dem Urheber beim Verkauf/Stream etc. zusteht. Diese Beteiligungen werden vertraglich festgelegt und in der Regel in Bezug auf die verschiedenen Auswertungsarten unterschieden. Aus Künstlersicht sollte darauf geachtet werden, dass die Anteile der Online-Auswertung (nichtkörperlich) nicht so gering sind wie die an der körperlichen Auswertung. – Geschweige denn noch geringer. Denn das Label hat dabei ungleich weniger Aufwand und Kosten.
Ein weiteres, viel vertragsabhängigeres Beispiel ist das Offenhalten von Optionen. Diese spielen vor allem im Rahmen von Künstlerexklusivverträgen eine Rolle, haben in Bandübernahmeverträgen jedoch nichts zu suchen. Es geht dabei um die Verlängerung des Vertragsverhältnisses über den festen Vertragszeitraum (meistens 1 Jahr) hinaus um weitere optionale Vertragsjahre, welche sich das Label zu bestimmten festgelegten Konditionen offen lässt. Damit verpflichtet man sich als Künstler im Zweifel für weitere Jahre, die so gar nicht geplant waren. Da wieder herauszukommen, ist äußerst schwierig. Aber warum hat so ein vertraglicher Vorbehalt nichts in einem Bandübernahmevertrag zu suchen, ist aber bei Künstlerexklusivverträgen gang und gäbe? Wir erklären euch den Unterschied zwischen den beiden wichtigsten Vertragsarten in der Musikbranche.
Allgemeines zum Bandübernahmevertrag
Musikbranchen-Laien würden vermutlich davon ausgehen, dass es sich bei einem Bandübernahmevertrag dem Wortlaut nach um einen Vertrag zur Übernahme einer Musikgruppe handelt. Das ist falsch. „Band“ steht in diesem Kontext nicht für die Truppe, sondern für das Masterband. Auf diesem befindet sich die ursprüngliche Tonbandaufnahme und daraus leiten sich auch die sogenannten Masterrechte ab, welche wiederum zur Veröffentlichung dringend gebraucht werden. Die Masterrechte gelten dann wirklich nur für diese eine Original-Version. Werden weitere Versionen aufgenommen, entstehen weitere Masterbänder (remastered).
Bandübernahmeverträge waren zuletzt regelmäßig Bestandteil von beeindruckenden Schlagzeilen rund um den Verkauf von Songkatalogen und Lizenzrechten an Musikverlage und Labels. Beispiele sind neben dem Nachlass von Leonard Cohen auch „The Boss“ Bruce Springsteen, der seine Autoren- und Masterrechte an Sony für angeblich schlappe 550 Mio. Dollar verkauft hat oder Nobelpreisträger Bob Dylan, der wohl einen ähnlichen Deal mit Universal Music geschlossen haben soll.
Bei Sony Music Entertainment, der Universal Music Group, der Warner Music Group und der EMI Group handelt es sich übrigens um die vier „Giganten“ der Musikbranche: Sie sind die Major Labels. Und verfügen selbstverständlich auch über entsprechendes Kapital, um solche Deals abzuschließen.
Bandübernahmeverträge werden aber nicht nur in dieser Größenordnung abgeschlossen, sondern auch gezielt mit weniger bekannten Künstlern. Denn das Kostenrisiko bei einem Flop ist geringer als bei einem Künstlervertrag, bei welchem Label und Artist über eine nicht unerhebliche Zeitspanne aneinander gebunden sind.
Die unterschreibenden Parteien sind auf der einen Seite immer ein Label; egal ob Major, Independent oder ein Tochterlabel. Auf der anderen Seite steht der wirtschaftliche Produzent des Masterbands. Und was ist nun wieder ein wirtschaftlicher Produzent? Ganz einfach: Wirtschaftlicher und künstlerischer Produzent vereinigen sich nicht notwendigerweise in ein und derselben Person. Der künstlerische Produzent ist in der Regel der Urheber, wohingegen der wirtschaftliche Produzent sich tatsächlich „bloß“ um die Organisation und Finanzierung kümmert. Manchmal übernimmt der Künstler auch den wirtschaftlich-organisatorischen Part.
Traditionellerweise ist das Label der wirtschaftliche Produzent, doch bei einem Bandübernahmevertrag geht es ja genau darum, organisatorisch vom Label unabhängig zu produzieren. Daher wird oft ein Dritter bzw. ein externes Unternehmen zwischengeschaltet, welches die Rolle des wirtschaftlichen Produzenten und damit auch des Tonträgerherstellers übernimmt.
Als Tonträgerhersteller (engl. producer of phonograms) erwirbt dieses im Gegenzug für die erbrachten Leistungen und die Übernahme der Verantwortung für den Herstellungsprozess sogenannte Leistungsschutzrechte an dem Werk. Die Grundlage dafür bildet § 85 UrhG, wonach der Hersteller das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Zugänglichmachung innehat. Wenn der Urheber gleichzeitig Tonträgerhersteller ist, fallen diesem selbstverständlich auch die Leistungsschutzrechte zu. Genau wegen dieser dem Bandübernahmevertrag eigenen Ausnahmen von der Regel sollte auch dringend davon abgeraten werden, bei einem Label pauschal vom Tonträgerhersteller zu sprechen. Besser wäre die Bezeichnung als Tonträgerfirma. – In letzter Zeit hat sich allerdings auch vermehrt der Begriff des „Entertainment-Konzerns“ als modernes Äquivalent zur „Schallplattenfirma“ durchgesetzt.
Die Übertragung bzw. Rechteeinräumung der Verwertungsrechte an das Label erfolgt dann auf Grundlage von § 85 Abs. 2 UrhG. In jedem Fall erlöschen diese 70 Jahre nach Erscheinen des Tonträgers.
Vor- und Nachteile von Vorschusszahlungen bzw. Rolling Advances
Der Vorschuss ist wohl der erste Grund, den Künstler für den Schluss eines Bandübernahmevertrages nennen. Betrachten wir diesen Anreiz also genauer.
Die Aufgaben des Tonträgerherstellers reichen vom Schließen wichtiger Verträge, Anmieten von Studio und Instrumenten, über die Übernahme der Materialkosten etc. bis hin zur Überwachung der Aufnahmen. Wie sieht es denn aus, wenn das Label im Rahmen eines Bandübernahmevertrages einen Vorschuss gewährt? – Solange der wirtschaftliche Produzent weiterhin die Verwaltung dieser Summe und den gesamten organisatorischen Part trägt, bleibt er Tonträgerhersteller für das Masterband.
Für den Künstler bedeutet der Vorschuss vage Sicherheit. Er wird immer höher ausfallen als bei einem Künstlerexklusivvertrag, da das Label nicht in den Herstellungsprozess involviert ist und daher auch keine Arbeit damit hat. Die Höhe der Vorschusssummen ist trotz geringfügigen Rückgangs wegen gesunkener Produktionskosten gerade in der elektronischen Musik in den letzten Jahren immer noch großzügig und daher insbesondere für junge Künstler sehr verlockend. Denen ist dabei jedoch oft nicht klar, welche Verpflichtung sie damit eingehen.
Der Vorschuss kann zwar nicht zurückgezahlt werden, womit das Label das Risiko dafür trägt, wenn Vorschuss und Einspielzahlen sich nicht ausgleichen.
Aber der Vorschuss ist kein „Gehalt“, geschweige denn ein Geschenk. Warum auch sollten Labels Geld verschenken? Künstler müssen sich trotz blendender Gespräche im Restaurant und überbrodelnder gegenseitiger Sympathie stets der Tatsache bewusst sein, dass es dem Label und seinen Vertretern vorrangig um Gewinnmaximierung geht. Der Vorschuss ist daher auch vielmehr eine Art Darlehen, das abgezahlt werden muss. Er dient lediglich dazu, sich während der Zeit der Produktion weitestgehend ohne finanzielle Schwierigkeiten auf das Projekt fokussieren zu können und die Produktionskosten (Studiomiete, Honorar für Mitmusiker, …) zu decken.
Hat man aber als Künstler und Tonträgerhersteller (eine Person oder im Team) kein gutes Netzwerk an Kontakten zu Tonstudios, Grafikdesignern, Songwritern etc., kann es dennoch schnell mal finanziell eng werden.
Das nächste und größte Problem folgt auf die Produktion: Ist das Masterband fertig und übergeben worden, beginnt die Arbeit des Labels, welches sich um den Release und die weitere Auswertung kümmert. Es holt sich den Vorschuss dann wieder, indem die Artists so lange weniger (bis nichts) an den Verkäufen/Streams etc. verdienen, bis die „Schuld“ getilgt ist.
Es handelt sich dabei um das sog. „Recoupment“: Der Vorschuss wird mit allen Einnahmen erst einmal recouped (engl. eingebracht), bis die Umsatzbeteiligung tatsächliche Ausschüttungen für den Künstler bedeutet. Das Recoupment kann sich dabei insbesondere durch Streaming als Alternative für CDs und Vinyls über mehrere Monate in die Länge ziehen, in denen damit gerechnet werden muss, wegen Geldnot entweder sofort ein neues Projekt mit Vorschuss starten zu müssen oder einen Nebenjob anzutreten. Außerdem kann die Länge noch vom Künstleranteil, also der Umsatzbeteiligung, abhängen. Das Recoupment richtet sich nämlich nicht nach den gesamten Einnahmen, sondern nur nach dem, was dem Künstler zusteht. Je geringer der Anteil, desto länger dauert es, bis der Künstler sein Geld sieht.
Achtung auch bei Überkreuzabsicherungen bzw. Cross-Collateralization-Klauseln. Diese werden gern durch Labels eingebaut und ermöglichen es ihnen, neben Streams und Verkäufen von Tonträgern auch an Verlagsrechten, Merch etc. mitzuverdienen. Im Gegenzug wird der Prozentsatz der Umsatzbeteiligung für die Artists angehoben, sodass sich die Dauer bis zur Ausschüttung von Gewinn verkürzen kann. Aber auch hier sollte man als Künstler zweimal darüber nachdenken, das Label derart vielseitig zu beteiligen und dann zum Großteil auf die langfristigen Einnahmequellen, die mit steigender Berühmtheit einhergehen, zu verzichten. Der Vorteil bei Bandübernahmeverträgen gegenüber Künstlerverträgen: Cross-Collateralization-Klauseln sind nicht beinahe zwingender Bestandteil des Vertrags, sodass der Künstler in der Regel nach eigenem Ermessen entscheiden kann.
In der Konsequenz bedeutet ein dicker Vorschuss also nichts anderes als eine potenziell riesige Schuldenfalle, wenn der Song und/oder Künstler nicht wie erwartet Anklang findet und entsprechend viele Einnahmen generiert. – Oder wenn die Produktionskosten doch höher ausfallen als ursprünglich geplant. Hat der Song allerdings großen Erfolg, winkt wegen grundsätzlich höheren attraktiveren Umsatzbeteiligungen als bei einem Künstlervertrag ein sehr viel höheres Einkommen. Der Unterschied kann dann schon einmal bei 15 % mehr bzw. bei geschickter Verhandlung sogar bei bis zu 20 % liegen. In die Zukunft sehen kann allerdings keiner, sodass man bei einem Bandübernahmevertrag auch immer von hohem individuellen wirtschaftlichen Risiko für die Künstler sprechen muss.
Welche Rechte werden dem Musiklabel beim Bandübernahmevertrag eingeräumt?
Der Bandübernahmevertrag hat die Auswertung bereits fertig gestellter Masterbänder zum Gegenstand. Es findet also eine Übergabe des Masterbands statt. Gleichzeitig werden Verwertungsrechte eingeräumt. Allerdings spricht man nur bis zum Zeitpunkt des Einräumens von „Verwertungsrechten“ oder, im Falle eines Tonträgerherstellers, welcher nicht auch Urheber ist, von Anfang an von „Nutzungsrechten“. Verwertungsrechte stehen gem. § 15 UrhG allein dem Urheber zu. Das mag einigermaßen verwirrend sein, läuft im Kern jedoch auf den gleichen Inhalt hinaus. Das Label als Lizenznehmer erlangt also als Nicht-Urheber Nutzungsrechte bzw. Lizenzen. Lizenzen und Nutzungsrechte sind zwei synonym verwendete Begriffe.
Die übertragbaren Rechte begrenzen sich auf die sog. Leistungsschutzrechte. Dies sind die einzigen Rechte, die dem Tonträgerhersteller zustehen. Da ein Bandübernahmevertrag ein Lizenzvertrag zwischen Tonträgerhersteller (Bandgeber) und Label ist, können auch nur die dem Tonträgerhersteller zufallenden Rechte eingeräumt bzw. übertragen werden. Diese finden sich in § 85 UrhG:
„1) Der Hersteller eines Tonträgers hat das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. (…)
2) Das Recht ist übertragbar. Der Tonträgerhersteller kann einem anderen das Recht einräumen, den Tonträger auf einzelne oder alle der ihm vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen. (…)“
Es geht also um die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung. Kurz: Die Auswertung des Tonträgers/Masterbands. In der Regel werden diese Rechte als ausschließliche Nutzungsrechte gem. § 79 Abs. 2 Alt. 2 UrhG übertragen. Ausschließlich meint hier exklusiv. Damit sind Dritte von der Nutzung dieser Rechte ausgeschlossen bzw. der Rechteinhaber (Label) kann entscheiden, ob er seinerseits Dritten Nutzungsrechte einräumen möchte. Damit kann sich ein Label das Outsourcing gewisser Aufgaben vorbehalten. Was „ausschließlich“ nicht meint, ist „ohne Beschränkungen“. Denn eine räumliche, zeitliche sowie inhaltliche Beschränkung ist theoretisch immer noch möglich. Dies werden die Labels verhindern wollen und stattdessen die weltweite Verwertung vertraglich festhalten. Hier kommt es auf gutes Verhandlungsgeschick an und im besten Fall kann ein Kompromiss gefunden werden. Beispiel: Es wird ein Zeitraum festgelegt, innerhalb dessen die Auswertung in bestimmten Ländern stattgefunden haben muss. Ist dies nicht geschehen, würden die Nutzungsrechte für jene Länder an den Bandgeber zurückfallen.
Was die zeitliche Beschränkung angeht, ist es gang und gäbe, die Auswertung auf 10 Jahre zu beschränken. Auch hier kann gut verhandelt werden, sollte Interesse daran bestehen.
Für den Umfang der eingeräumten Rechte ist es wichtig, schon einmal von sog. 360-Grad-Deals gehört zu haben. Diese gehören zu den bereits erwähnten Überkreuzabsicherungen. Es handelt sich um eine Art der Komplettvermarktung des Künstlers und seiner Musik. Diese Deals sind bei Künstlerverträgen üblich und eigentlich auch die einzige Basis für diese Art von Kooperation zwischen Label und Artist. Bei Bandübernahmeverträgen kann eine solche Klausel auch eingefügt werden. Gegenstand dieser Art von Deals sind die Nebenrechte. Diese haben wenig bis nichts mit der traditionellen Auswertung des Tonträgers an sich zu tun, sondern umfassen weitere Einnahmequellen wie Merchandise, Sponsoring, Booking, Werbeeinnahmen sowie Aufführungs-, Senderechte und das Recht der Wiedergabe durch Funksendungen. Sie können sich wie bereits erwähnt mittelbar auf die Dauer der Ausschüttung an den Artist im Falle von vorausgegangenen Vorschusszahlungen auswirken. Sie haben aber nicht direkt etwas mit dem Vorschuss zu tun. Dieser wird ausschließlich über die Records (Streams, Vinyl, CD etc.) recouped. In jedem Fall bedeutet ein 360-Grad-Deal ein langfristiges Teilen von Einnahmen, was sich im besten (oder schlechtesten Falle, je nachdem) negativ auf den eigentlichen Gewinn des Künstlers auswirkt. Das Label entrichtet zwar eine Lizenzgebühr und/oder hebt die Umsatzbeteiligung an, aber es ist immer eine ganz individuelle Kosten-Nutzen-Abwägung, die Artists nicht ignorieren und blind unterschreiben sollten. Zumal gerade bei jungen und noch unbekannten Künstlern das finanzielle Entgegenkommen niedrig ausfallen wird, um das finanzielle Risiko für das Label im Falle eines Flops so gering wie möglich zu halten.
Neben den Leistungsschutzrechten aus § 85 UrhG und ggf. Nebenrechten benötigen die Labels für eine ordentliche Auswertung des Masterbands Namens- und Bildnisrechte der Artists. Andernfalls dürfte sich die Vermarktung schwierig gestalten.
Exklusivitätsbindungen: Was ist bei einem Bandübernahmevertrag üblich?
Neben den optionalen Nebenrechten verstecken Labels gern weitere Klauseln in einem Bandübernahmevertrag, welche so nicht notwendig wären. Bestes Beispiel sind ausufernde Exklusivitäts-Klauseln. Diese haben nicht wenig zum schlechten Ruf von „Plattenverträgen“ beigetragen. Man unterscheidet zwischen drei Arten von Exklusivität:
Exklusivität am Masterband/der vertraglichen Tonaufnahme
Die Basis stellt die eingeräumte Exklusivität an den vertraglich vereinbarten Tonbandaufnahmen dar. Über die Übertragung der ausschließlichen Nutzungsrechte an den vertraglichen Aufnahmen herrscht in der Regel Konsens, da dies den Kern eines Bandübernahmevertrages darstellt.
Persönliche Exklusivität
In Bezug auf die persönliche Exklusivität ist es branchenüblich, für einen gewissen Zeitraum eine Art Sperre zu vereinbaren. Die Sperre wirkt gegen andere Labels insofern, als dass der Artist sich für diesen Zeitraum verpflichtet, keine Aufnahmen für Dritte zu produzieren oder ihnen Nutzungsrechte an von ihm aufgenommener Musik einzuräumen. Hier kommt es vor allem darauf an, den Zweck dieser Exklusivität und die Interessen der Artists in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, mit dem sich beide Parteien wohlfühlen. Über den Zeitraum lässt sich beispielsweise gut verhandeln. Üblich sind 3-5 Jahre; in Ausnahmefällen kann der Zeitraum auf 1-2 Jahre reduziert werden.
Titelexklusivität
Die Titelexklusivität ist von allen dreien Exklusivitätsbindungen die mit dem größten Konfliktpotential. Es handelt sich um eine Verpflichtung, die über den eigentlichen Vertragszeitraum hinausgeht (zwischen 2 und 7 Jahren). Für diesen Zeitraum verpflichtet sich der Artist, die Songs nicht erneut aufzunehmen bzw. andere Versionen zu veröffentlichen. In Absprache mit dem Label besteht selbstredend noch die Möglichkeit, Dritten Nutzungsrechte einzuräumen. Eine solche Ausnahmeregelung muss allerdings vertraglich festgehalten werden. Ohne eine solche Möglichkeit muss derjenige, der anfangs in einem Anfall von Überschwang einer langen Sperrfrist zugestimmt hat, später in den sauren Apfel beißen. Dies ist übrigens auch ein Grund, warum so oft eine „remastered“-Version eines Songs oder gar eines gesamten Albums erst viele Jahre nach Erscheinen der ursprünglichen Aufnahmen released wird. Für manche Künstler lohnt sich der Aufwand immens:
Um eine solche Schlammschlacht von Anfang an zu vermeiden, lohnt sich ein zweiter Blick auf den Zeitraum der Sperrfrist, sodass ein für beide Seiten zufriedenstellender Kompromiss geschlossen werden kann.
Abgrenzung zum Künstlerexklusivvertrag
Nun haben wir schon ein paarmal den Künstlerexklusivvertrag angeschnitten. Doch worum handelt es sich dabei eigentlich und wo liegen die Unterschiede zum Bandübernahmevertrag? Vorab: Bei beiden Vertragstypen handelt es sich um die wichtigsten Arten von „Plattenverträgen“ und sie werden einem als Künstler immer mal wieder begegnen.
Rein formal liegt der wichtigste Unterschied in den unterschreibenden Parteien. Zur Erinnerung: Bei einem Bandübernahmevertrag unterschreibt auf der einen Seite das Label und auf der anderen Seite der wirtschaftliche Produzent aka Tonträgerhersteller. Der Künstler ist nur dann Vertragspartner, wenn er neben seiner Eigenschaft als künstlerischer Produzent auch die Rolle des wirtschaftlichen Produzenten übernimmt. Zugegeben, heutzutage vereinen sich künstlerischer und wirtschaftlicher Produzent insbesondere im Bereich der elektronischen Musik tatsächlich immer öfter in ein und derselben Person/Band.
Bei Künstlerverträgen steht aber immer der Artist/ausübende Künstler auf der anderen Seite. Es geht nämlich vorrangig darum, dass der Artist und seine musikalische Darbietung als großes Ganzes betrachtet vermarktet wird. – Und der Fokus nicht lediglich auf einzelnen Songs liegt.
Daneben liegt der interessanteste Unterschied zu einem Bandübernahmevertrag wohl darin, dass bei einem Künstlervertrag das Label sämtliche Kosten und organisatorischen Punkte (Produktion UND Management UND Auswertung/Marketing) vollständig übernimmt. Es nimmt dafür als Produktionsfirma die Position des wirtschaftlichen Produzenten ein. Der Artist profitiert von umfangreichen Expertisen, Connections und den Vertriebskanälen des Labels. Daher sind Künstlerexklusivverträge auch insbesondere mit den Major Labels oder deren Tochterlabels noch immer heiß begehrt. – Obwohl so ein Künstlerexklusivvertrag dem Artist insofern einiges abverlangt, als dass den Labels äußerst umfangreiche Rechte eingeräumt werden.
Was die Ausschließlichkeit der eingeräumten Nutzungsrechte anbelangt, existieren keine Unterschiede zum Bandübernahmevertrag. Allerdings dürfte eine räumliche Beschränkung bzw. eine gekoppelte Bedingung (siehe oben: weltweite Auswertung, zwingend durchzuführen in einem bestimmten Zeitraum; ansonsten fallen Rechte für die nicht erschlossenen Gebiete an den Artist zurück) bei Künstlerexklusivverträgen die absolute Ausnahme sein.
Auch, was den 360-Grad-Deal anbelangt, wird hier mit härteren Bandagen gekämpft. Die Bindung zwischen Artist und Label ist ungleich stärker als bei einem Bandübernahmevertrag, weshalb schon seit einigen Jahren die 360-Grad-Klausel ein absolutes Muss ist. Unter Umständen lässt sich in den Vertragsverhandlungen mit Indie-Labels der ein oder andere Kompromiss finden. Allerdings sind und bleiben die Major Labels und die ihnen zugehörigen Labels schon allein wegen ihrer Kapitalkraft erste Anlaufstelle. – Und sind oft die einzigen, welche heutzutage selbst noch in der Lage dazu sind, Künstlerexklusivverträge anzubieten. Sah es nämlich vor der Corona-Pandemie schon finanziell nicht gut aus, hat diese so einigen Indie-Labels den letzten Rest gegeben. Die Majors fackeln also nicht lange und bestehen auf diesen Deal. Schließlich sitzen sie, wie eingangs erwähnt, als Gatekeeper am längeren Hebel. Daher herrscht auch in Bezug auf die Exklusivitätsbindungen und deren Laufzeit wenig Spielraum, wie die Bezeichnung als Künstlerexklusivvertrag nahelegt. Auch das Einbringen von optionalen Vertragsverlängerungen zugunsten des Labels sind normaler Bestandteil.
Auf die Tantiemen wirkt sich dieses Komplett-Sorglos-Paket selbstredend auch aus. Die Umsatzbeteiligung fällt merklich geringer aus als bei Bandübernahmeverträgen. Wie bereits erwähnt, kann der Unterschied gut und gerne 15-20 % ausmachen.
Fazit
Bandübernahmeverträge kommen immer häufiger vor und sind gerade in Anbetracht der hohen Umsatzbeteiligungen und der künstlerischen Freiheit im Produktionsprozess verlockend. Auch der in aller Regel ausgezahlte Vorschuss ist reiz- und durchaus sinnvoll. Dennoch sollten hier eventuelle versteckte/unerwartete Kosten genauso beachtet werden wie der Fakt, dass es sich beim Vorschuss nicht um ein Geschenk handelt, sondern wie ein Darlehen über die Umsatzbeteiligung an der Auswertung zurückgezahlt werden muss. Der Vertrag sollte auch insbesondere in den Abschnitten zu den Exklusivitätsbindungen, der Höhe der Umsatzbeteiligung und dem Umfang der übertragenen Rechte doppelt geprüft werden. In den Vertragsverhandlungen gilt es trotz der eigenen Interessenvertretung die Beziehung zum Label nicht durch zu unrealistische Forderungen oder forsches Auftreten zu gefährden. – Denn das Label ist und bleibt am längeren Hebel. Daher empfiehlt es sich, sowohl bei Bandübernahme- als auch bei Künstlerexklusivverträgen auf die umfangreiche Expertise eines spezialisierten Anwaltsteams zurückzugreifen.
Sie befinden sich in Vertragsverhandlungen mit einem Label und möchten Ihren Bandübernahmevertrag oder Künstlerexklusivvertrag prüfen lassen? Sie haben Fragen zum Lizenz- und Musikrecht? Treten Sie jetzt mit uns in Kontakt und vereinbaren einen Telefontermin, Videocall oder ein persönliches Beratungsgespräch an einem unserer Kanzleistandorte in Berlin, Hamburg oder München. Unsere Fachanwälte für Urheber- und Medienrecht stehen Ihnen bundesweit zur Seite.
Nehmen Sie jetzt Kontakt zum Anwalt für Musikrecht Ihres Vertrauens auf
Wenden Sie sich für weitere Fragen zum Musikrecht gerne an unsere Kanzlei und vereinbaren einen Beratungstermin per Telefon, per Videoanruf oder vor Ort in einem unserer Kanzleistandorte in Berlin, Hamburg oder München.