Rechtsliteratur (Foto: ©Norman Buse)

Wann ist eine Abmahnung im Wettbewerbsrecht rechtsmissbräuchlich?

24.11.2020 | Medien- und Wirtschaftsrecht

Das OLG Frankfurt a.M. nimmt Stellung zur Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit einer UWG-Abmahnung.

„Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie den sonstigen Markteilnehmern vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.“

So lautet zumindest die vom Gesetzgeber vorgegebene Zweckbestimmung in § 1 UWG. Im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Abmahnpraxis drängt sich jedoch des Öfteren die Vermutung auf, dass ganz andere Interessen – die weniger im Sinne der Allgemeinheit sind – im Vordergrund stehen. Die außergerichtliche Abmahnung wird dann gezielt eingesetzt, um Konkurrenzunternehmen zu schaden oder sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen. Mit der zuletzt genannten Sachverhaltskonstellation musste das Oberlandesgericht Frankfurt am Main befassen (Urteil vom 12.11.2020, Az. 6 U 210/199).

Hamburger Unternehmen unterliegt vor dem Landgericht Frankfurt am Main

Die Abmahnende – eine in Hamburg niedergelassene GmbH – versuchte laut Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main zunächst vor dem zuständigen Landgericht Ansprüche auf Unterlassung und Kostenerstattung im Hinblick auf die entstandenen anwaltlichen Abmahnkosten durchzusetzen, dies jedoch vergebens. Auch die anschließende Berufung war gleichfalls erfolglos.

Abmahnverhalten als Indiz für Rechtsmissbrauch

Nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main sei die Klage bereits unzulässig, weil sich das Abmahnverhalten der Klägerin als rechtsmissbräuchlich darstelle (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.11.2020, Az. 6 U 210/199). Das Gericht stützte sich damit auf § 8 Abs. 4 S. 1 UWG. Danach ist die Geltendmachung von Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.

Von einem solchen Missbrauch könne immer dann auszugehen sein, wenn das dominierende Motiv in sachfremden Zielen und Interessen bestehe, die für sich allein nicht schutzwürdig seien. Anhaltspunkte und Indizien hierfür würden beispielsweise vorliegen, wenn das Abmahnverhalten in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden stehe oder wenn der Abmahnende an der Verfolgung des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse habe (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.11.2020, Az. 6 U 210/199).

In diesem Zusammenhang wirke sich vor allem die hohe Anzahl von Abmahnungen der Klägerin aus. Diese hatte innerhalb eines Jahres über 240 Abmahnungen gegen Konkurrenzunternehmen aussprechen lassen.

Hinzu komme, dass sich diese fast ausschließlich auf die Rüge einer nicht bestehenden Verlinkung zur OS-Plattform oder anderer Verpflichtungen für Diensteanbieter beziehe. Auch dies sei als rechtsmissbräuchlich zu werten, denn der Marktzugang der Klägerin würde hierdurch nicht erschwert werden und ihre wirtschaftliche Betätigung sei dadurch nicht unmittelbar tangiert. Schließlich sei zu berücksichtigen gewesen, „dass die Klägerin – wenn überhaupt – nur vorübergehend und in sehr speziellen Segmenten des Reisevermittlermarktes tätig ist“.

Fazit

Wie die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main zeigt, beschäftigt die Problematik „Rechtsmissbräuchliche Abmahnung“ weiterhin die Gerichte. Betrachtet man die aktuellen Entwicklungen zum Gesetzgebungsverfahren des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbes, könnte sich daran vielleicht in naher Zukunft etwas ändern. Denn das geplante Gesetz möchte genau dieses Problem in der Praxis eindämmen und entschärfen.

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