Symbolbild (Foto: © Robert Kneschke – stock.adobe.com)

Keine Haftung für nicht offensichtlich rechtswidrige Verlinkung

19.02.2016 | Medien- und Wirtschaftsrecht

BGH, Urteil vom 18.06.2015, I ZR 74/14.

Sachverhalt: Arzt verlinkt auf Website, die wettbewerbswidrige Inhalte enthält und wird für dortige Aussagen verantwortlich gemacht

Auf seiner Webseite warb der Beklagte, ein Facharzt für Orthopädie, für eine bestimmte Akupunkturbehandlung. Neben der Beschreibung dieser Behandlung verlinkte er zu weiteren Informationen auf die Internetseite eines Forschungsverbands.

Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., hielt die vom Beklagten verlinkte Internetseite des Forschungsverbands für irreführend und wettbewerbswidrig. In der Folge erhielt der Beklagte eine Abmahnung durch den Kläger. Daraufhin entfernte der Beklagte die Verlinkung. Eine Unterlassungserklärung gab er indes nicht ab.

Das Landgericht Köln hatte den Beklagten zunächst zur Unterlassung der Werbung für die entsprechende Behandlung durch die Verlinkung und zur Zahlung der Abmahnkosten verurteilt.

In der anschließenden Berufung wies das Oberlandesgericht Köln die Klage ab.

Mit der eingelegten Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidung: Kein Unterlassungsanspruch, da kein „Zu-Eigen-machen“ des Verlinkenden und auch kein Verstoß gegen Prüfpflicht

Der Bundesgerichtshof wies die Revision des Klägers zurück.

Der BGH hat dabei festgestellt, dass dem Kläger kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit der dem Gesundheitsschutz der Verbraucher dienenden Marktverhaltensregelung des § 3 HWG zustehe, weil der Beklagte für etwaige wettbewerbswidrige Inhalte auf der verlinkten Internetseite nicht haftet. Da die Abmahnung daher unbegründet war, steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten zu.

Der Beklagte habe zwar durch das Setzen eines Links eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ausgeübt, da er dadurch zusätzliche Werbung für sein eigenes Angebot machen wollte. Der BGH hat es jedoch nicht als erwiesen angesehen, dass der Beklagte sich diese Inhalte auch zu Eigen machen wollte. Die Bewertung einer solchen Frage ergebe sich aus der Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände, die aus Sicht eines unbeteiligten Dritten zu beurteilen seien.

Maßgeblich für die Verneinung eines „Zu-Eigen-machens“ sei zunächst, dass die konkrete Verlinkung nicht wesentlicher Bestandteil das Geschäftsmodell des Beklagten sei.

Über den Link würden auch keine Inhalte zugänglich gemacht, in denen offen oder versteckt für die Produkte des Beklagten geworben würden.

Auch stelle der Link weder eine Vervollständigung des eigenen Angebots des Beklagten dar, noch sei er derart auf der Website des Beklagten eingefügt, dass er zum Verständnis der dort geäußerter Meinungen oder Ansichten wesentlich und dadurch Bestandteil der vom Beklagten auf seiner Internetseite bereitgestellten Inhalte geworden sei.

Schließlich handele es sich auch nicht um einen sog. „Deeplink“, der auf eine konkrete (Unter-)Website verweise, sondern um eine Verlinkung auf die im Übrigen unbedenkliche Startseite des Verbands.

Letztlich sei die Verlinkung dahingehend zu verstehen, dass sich interessierte Besucher bzw. Internetnutzer der Website des Beklagten zusätzliche Informationsquellen zu einem bestimmten Thema selbständig erschließen könnten.

Auch die Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht hat der BGH für unbegründet erachtet. Zwar treffe denjenigen, der Inhalte verlinke, eine erhöhte Prüfpflicht, da die Verlinkung ein gefahrerhöhendes Verhalten darstelle. Diese Prüfpflicht müsse jedoch auch zumutbar sein. Mithin müsse eine Rechtsverletzung deutlich erkennbar sein. Der Beklagte habe hier jedoch auf die unbedenkliche Startseite verlinkt, auf der keine Rechtsverletzungen erkennbar seien.

Schließlich sei der Beklagten seiner Prüfpflicht nachgekommen, indem er nach Kenntniserlangung von der Rechtswidrigkeit durch die Abmahnung des Klägers die Verlinkung umgehend entfernte.

Fazit: Keine Haftung bei nicht erkennbar rechtswidrigem Inhalt des Links; Löschung des Links für Enthaftung ausreichend

Die Entscheidung des BGH macht die Anforderungen an eine Haftung für Inhalte durch Verlinkung deutlich. So kann eine Enthaftung bereits bei fehlendem „Zu-Eigen-machen“ eintreten. Im Umkehrschluss haftet der Verlinkende jedoch spätestens dann, wenn er Kenntnis vom rechtswidrigen Inhalt der verlinkten Seite erlangt oder hat. Wenn der Inhalt der verlinkten Website hingegen nicht erkennbar rechtswidrig ist, wird man wohl von einer Zulässigkeit der Verlinkung ausgehen können. Darüber hinaus kommt der Verlinkende durch Löschung des Links dann seiner Prüfpflicht ausreichend nach.


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